Dorsten. .

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf - für viele Frauen auch heute noch immer ein Spagat zwischen zwei Welten. Hetzerei, Rennerei, um allen ein wenig gerecht werden, letztlich aber doch keinem so ganz.

Dabei hat sich in den letzten Jahren schon viel getan, auch viele Arbeitgeber haben sich bewegt. Die meisten Firmen bieten mittlerweile Teilzeitstellen an, splitten die Jobs, haben Stundenkonten eingeführt, lassen sich auch auf ungewöhnliche Modelle ein.

Um Familienfreundlichkeit bundesweit sichtbar zu machen, wurde in diesem Jahr der 15. Mai als Internationaler Tag der Familie ganz bewusst unter das Motto „Mitgedacht, mitgemacht - für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ gestellt.

Und da liegt es nahe, auch einmal vor der Haustür zu schauen, wie’s sich in Dorsten so verhält mit Chefs, die auf Multitalente setzen: Auf Frauen (und Männer!), die Familie und Beruf gleichsam unter einen Hut bringen wollen. Wie kommen sie ihren Mitarbeitern entgegen, wo können Kompromisse geschlossen werden, was geht gar nicht, wo gibt es vielleicht sogar wegweisende Absprachen, die auch für andere Unternehmen interessant wären.

Einer der größten Arbeitgeber in der Stadt ist das St. Elisabeth-Krankenhaus im Katholischen-Klinikverbund Ruhrgebiet Nord (KKRN). Rund 650 Mitarbeitern (von Ärzten über Verwaltungsleute bis hin zu Schwestern, Pflegern, Technikern, Küchen- und Reinigungspersonal) sind hier in Lohn und Brot. Etwa zwei Drittel der Belegschaft ist weiblich, viele haben Familie und Kinder.

Für Arbeitszeiten und Einsätze des Pflegepersonals ist Pflegedienst-Direktorin Hiltrud Hachmöller zuständig. Sie schreibt Schichtpläne, teilt ein, regelt den gesamten bürokratischen Apparat.

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Von DerWesten

Eine Krankenschwester im Schichtdienst, das ist ein aufreibender Job. Das lässt sich doch kaum mit Familie vereinbaren.

Hachmöller: Das ist ein Vorurteil. Sicher ist der Beruf anspruchsvoll. Aber es hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Es sind - und da spreche ich für unser Haus - viele unterschiedliche Arbeitszeitmodelle entstanden, um Familie und Beruf vereinbaren zu können.

Nennen Sie doch mal ein paar Beispiele.

Hachmöller: Es gibt im Pflege und Funktionsdienst inzwischen sehr viele Teilzeitbeschäftigte.

Aber das heißt doch dann: Ich arbeite entweder vormittags, nachmittags oder abends. Und die Schichten laufen nicht immer mit Schul- oder Kindergartenzeiten parallel.

Nein, aber man kann es abstimmen. Es gibt auch entsprechend reduzierte Arbeitszeiten. Wir haben beispielsweise Frauen, die in der Blutentnahme arbeiten, ihren Dienst dort von 8 bis 10 Uhr versehen. Oder die Teilzeit auf der Station arbeiten, etwa von 6 bis 13 oder von 7 bis 13 Uhr. Je nach Wunsch.
Wieder andere kommen nur an bestimmten Wochentagen, etwa donnerstags, freitags, samstags, sonntags oder montags, dienstags und mittwochs, weil sie an diesen Tagen eine Kinderbetreuung haben. Wieder andere arbeiten in bestimmten Nächten, etwa zum Ankabeln von 20 bis 24 Uhr im Schlaflabor, dann ist der Mann zu Hause und passt auf die Kinder auf.

Das ist aber beim Schreiben der Dienstpläne eine ganz besondere Herausforderung.

Ja, es gleicht mitunter einem Puzzlespiel. Zumal wir im Pflegebereich über 300 Mitarbeiter haben.

Im Elisabeth-Krankenhaus kann also jeder beruflich nach seiner Facon selig werden?

Wir versuchen unser Bestes. Sicherlich gibt es auch Grenzen. Wir haben Einsatzwunschlisten, auf denen sich die Mitarbeiter eintragen können und wir versuchen, diese Wünsche möglichst zu berücksichtigen.
Aber ich kann natürlich nicht eine Station nur mit Teilzeit- oder Stundenkräften besetzen. Da wird’s dann irgendwann auch bei den Absprachen schwierig. Es gibt auf jeder Station ein bestimmtes Kontingent. Wenn irgendwo ein Mitarbeiter gesucht wird und ich weiß von jemandem, der gerade den Wunsch nach der ausgeschriebenen Arbeitszeit hat, spreche ich ihn oder sie an.

Warum engagiert sich das Krankenhaus in dieser Art, warum diese aufwendige Zeiteinteilung?

Wenn wir auf die Wünsche und Bedürfnisse unserer Mitarbeiter eingehen, haben diese den Kopf frei. Jemand, der sich immer Sorgen machen muss, ob sein Kind daheim auch gut betreut ist, kann gar nicht so motiviert sein wie jemand, der diese Sorgen nicht hat.


Und der stunden- oder tageweise Einsatz rechnet sich auch für das Krankenhaus?

Aber sicher. Die Mitarbeiter, die wir beschäftigen, haben alle eine qualifizierte Ausbildung. Viele kommen aus unserer eigenen Schule. Es wäre schade, diese Mitarbeiter gehen zu lassen. Und es ist auch sehr kostenintensiv, Mitarbeiter neu einzuarbeiten. Es macht ein Haus auch attraktiv, wenn man auf die Wünsche der Mitarbeiter eingeht.

Womit wir beim Stichwort Pflegekräftemangel wären.

Ja. Wenn wir hinsichtlich der Arbeitszeitwünsche unserer Mitarbeiter nicht reagieren, haben wir in Zukunft ein Problem, entsprechend gut ausgebildete Kräfte zu gewinnen. Es gibt jetzt schon auch hier in der Region einen Pflegfachkräfte-Mangel. Und wenn man keine attraktiven Teilzeitmodelle anbieten kann, hat man bald als Arbeitgeber keine Chance mehr. Die Möglichkeiten, die wir hier bieten, gehen auch nur aufgrund eines spezialisierten, tollen EDV-Programmes. Mit Block und Bleistift ließe sich das nicht realisieren.

Gelten die Arbeitszeitmodelle nur für die Pflegekräfte, oder auch für die Ärztinnen und Ärzte?

Natürlich gelten sie auch für sie. Es gibt bereits viele Ärztinnen und auch Ärzte aus allen Fachabteilungen des Krankenhauses, die in verschiedenen Zeitmodellen arbeiten. Wir sind für alles offen. Ich glaube, man kann sich da in der heutigen Zeit auch nicht mehr dagegen verschließen. Nicht alles geht immer sofort, aber was machbar ist, das wird hier gemacht.