Essen. Schauspiel Essen sucht nach einem Alternativstandort für die „Casa“. Nun scheint eine ungewöhnliche Ersatzspielstätte gefunden.
In der Vergangenheit wurde hier auch mal auf Tischen getanzt, jetzt soll sich der ehemalige Nachtclub „Naked“ in eine neue Spielstätte fürs Schauspiel Essen verwandeln. Die Suche nach einer neuen Bleibe für die städtische Bühne ist nötig geworden, weil die derzeitige Spielstätte, die Casa in der Theaterpassage, ab dem Sommer 2024 nicht mehr genutzt werden kann.
Das Ende für die Casa war eigentlich schon 2020 beschlossen worden. Weil sich Verkauf und Vermarktung der Theaterpassage lange hingezogen haben, gab es Ende 2022 noch einmal einen Aufschub bis zum Sommer 2024. Seither war die Nordstadt-Immobilie an der Rottstraße in unmittelbarer Nachbarschaft zum GOP-Varieté zwar schon mehrfach als Casa-Ersatz ins Gespräch gebracht worden, konkrete Beschlüsse wurden bislang allerdings nicht gefasst. Nun aber soll alles ganz schnell gehen. Denn wenn sich nicht sehr kurzfristig noch ein Ausweichort findet, müssen die Schauspiel-Intendantinnen Selen Kara und Christina Zintl mindestens in der kommenden Spielzeit 2024/25 ohne einen wichtigen, dritten Spielort auskommen. In einer Sondersitzung will der Kulturausschuss deshalb am Mittwoch, 17. April, über den Ersatzstandort an der Rottstraße beraten. Im Rat könnte am 24. April dann bereits der endgültige Beschluss fallen.
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Lage und Grundriss des 1957 an der Rottstraße errichteten Gebäudes, das sich im Besitz der Allbau Managementgesellschaft mbH (AMG) befindet, gelten als günstig. Baulich wird das Haus allerdings nicht nur in Sachen Brandschutz und Barrierefreiheit auf den neusten Stand zu bringen sein. Auch eine umfassende Schadstoff- und energetische Sanierung steht an. Das Objekt sei seit seiner Errichtung im Jahre 1957 „nicht mehr modernisiert oder nennenswert instandgehalten worden“, heißt es in der Ausschussvorlage.
Eine von der Verwaltung, AMG und der Gemeinnützigen Theater-Baugesellschaft Essen mbH (kurz TBE) in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie zur „Revitalisierung Rottstraße“ kommt gleichwohl zu dem Schluss, „dass das Gesamtgebäude sich auf Basis der Raumbedarfe und der umsetzbaren Raumbeziehungen ideal für einen Theaterbetrieb nutzen lässt“. Nach der Instandsetzung könne die Spielstätte nicht nur als dringend benötige Studiobühne fürs Schauspiel sowie für die beiden TuP-Sparten Oper und Ballett genutzt werden. Auch das theaterpädagogische Angebot könne am neuen Standort verstetigt und die Kooperation mit der freien Kulturszene ausgebaut werden, indem man die Räume nach Absprache auch anderen kulturellen Nutzern zur Verfügung stellen kann, heißt es in der Vorlage.
Auch die freie Szene soll von der neuen Immobilie profitieren
Je nach Umsetzungsvariante würde sich die Haushaltsbelastung für die Stadt in den kommenden 20 Jahren auf 29,3 oder 32,9 Millionen Euro summieren. Das Immobilien Management Essen (IME) hat dabei zwei Varianten durchgerechnet. In der ersten Variante würde der Allbau die Immobilie an die Gemeinnützige Theater-Baugesellschaft für 850.000 Euro verkaufen. Die TBE würde das Gebäude für 5,5 Millionen Euro umbauen und für mindestens 20 Jahre an die Theater und Philharmonie (TuP) verpachten. Hinzu kämen jährliche Betriebskosten in Höhe von insgesamt 959.000 Euro für Pacht und zusätzliches Personal (TuP) sowie Facility Management und Bauunterhalt (TBE).
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In Variante zwei saniert der Allbau das Objekt auf eigene Kosten und vermietet es an die TuP. Mit den jährlichen Miet- und Betriebskosten von rund 1,25 Millionen Euro würde der von der Stadt getragene Verlustausgleich für die Theater und Philharmonie zwar weiter steigen. Allerdings käme die Stadt mit einer deutlich geringeren Kapitaleinlage von rund 2,4 Millionen aus, die in beiden Varianten für die von der TuP zu finanzierende theaterspezifische Erstausstattung mit Bühnenboden, Traversen, IT und dem entsprechenden Mobiliar aufgebracht werden müssten. Im Kostenvergleich schneidet die zweite Variante nach derzeitigen Berechnungen um 3,6 Millionen Euro besser ab und produziert kurzfristig weniger Kosten.
Die Schaffung eines Casa-Ersatzes als „mittlere“ Spielstätte mit bis zu 200 Plätzen ist laut Verwaltungsvorlage in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Mit der neuen Spielstätte schaffe man zusätzliche Einsatzmöglichkeiten für Schauspielerinnen und Schauspieler, erreiche eine breitere Zielgruppe sowie ein insgesamt ein jüngeres Publikum und verbessere die Auslastung, heißt es in der Vorlage. Zudem setze die neue Theaterzweigstelle künftig einen wichtigen städtebaulichen Impuls für die Weiterentwicklung des Kreativquartiers City Nord.
Noch allerdings liegt das Haus an der Rottstraße, wo in den 1950ern mal eine Pinte namens „Almhütte“ und die „Bambi-Bar“ zu Hause waren, im Dornröschenschlaf. 2022 gab es im Rahmen von „Folkwang und die Stadt“ zum 100-jährigen Bestehen des Museum eine kurzfristige Wiedererweckung. Auch im Rahmen des Essen Light Festival öffnete das „Naked“ noch einmal seine Pforten. Als neue Bühnenadresse könnte das Gebäude seine Premiere im besten Fall dann zur Spielzeit 2025/26 erleben. Laut Machbarkeitsstudie ist mit einer geschätzten Bauzeit von 15 Monaten zu rechnen.
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