Essen. Zehn Essener Schulen fahren nach Berlin. Sie haben bei einem Wettbewerb der Krupp-Stiftung mitgemacht. Auch eine Hauptschule ist dabei.
Die Krupp-Stiftung hat erstmals einen Schulwettbewerb veranstaltet, bei dem sich Jugendliche mit dem Leben von Berthold Beitz auseinandersetzen sollten. Der Preis: 10.000 Euro für eine Berlin-Fahrt. Die Hauptschule an der Wächtlerstraße (Südostviertel) zählt als einzige Hauptschule zu den Siegerschulen.
Christiane Sotmann, Klassenlehrerin der 7b, hatte das Thema an die Jugendlichen herangetragen, ohne vorab zu sagen, was es zu gewinnen gibt. „Ich wollte, dass die Schüler sich intensiv mit dem Thema beschäftigen und nicht den Preis vor Augen haben“, sagt die Lehrerin. Die Überraschung war bei den Schülerinnen und Schüler demnach um so größer, als sie von der Lehrerin erfuhren, dass sie zu den Siegern zählen und im kommenden Schuljahr 2024/25 für vier Tage nach Berlin fahren. „Jeder war überrascht“, erzählt Schülerin Ävin.
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Das Programm soll die Gefahr der Desinformation eindämmen
„Der Wettbewerb der Alfried-Krupp-Stiftung kam zum perfekten Zeitpunkt“, hebt die Klassenlehrerin hervor, denn nach den Herbstferien, am 7. Oktober 2023, als die Hamas Israel angriff, stellten die Schüler viele Fragen. Dabei bemerkte die Lehrerin, wie einige Schüler falschen Infos aus sozialen Netzwerken aufgesessen waren. Daraufhin setzte sich Christiane Sotmann mit dem Geschichtslehrer Denis Gracic und der Religionslehrerin Mechthild Klünemann-Haering zusammen und meldete sich mit der Klasse beim Programm der Stiftung an.
Berthold Beitz rettete im zweiten Weltkrieg hunderten jüdischen Menschen das Leben, dafür bekam er im Jahr 1973 in der israelischen Gedenkstätte den Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“ verliehen. Das Programm soll zum historischen Bewusstsein der Schüler beitragen und für die deutsch-jüdische Geschichte sensibilisieren. Denn besonders junge Menschen seien laut der Stiftung der Gefahr der Desinformation durch digitale Medien ausgesetzt, und ihr Demokratieverständnis könne dadurch gefährdet werden.
Für die Arbeit der Schüler war Anne Frank die Identifikationsfigur
Die Aufgabe der Schüler bestand darin, sich mit dem Leben und Wirken von Berthold Beitz auseinanderzusetzen und dies zu dokumentieren. Um die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus altersgerecht zu gestalten, entwickelten die Lehrer das Projekt „Liebe Anne Frank, erzähl doch mal, wie…“. Da Anne Frank und die Schüler der 7b ein ähnliches Alter teilen, sollte sie die Identifikationsfigur für die Schüler sein. „Die Klasse sollte sich vorstellen, wie Anne Frank die Fragen über die NS-Zeit beantworten würde“, berichtet Sotmann.
Ausflüge führen zu Aha-Erlebnissen
„Wir wurden in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe hat sich mit dem Nationalsozialismus beschäftigt, die zweite mit dem Judentum und die letzte Gruppe mit dem Leben von Berthold Beitz“, sagt Schülerin Delin. Zu jedem der drei Themen veranstalteten die Lehrer Ausflüge. Sie besuchten als erstes die Villa Hügel und bekamen so einen Einblick in das Leben von Berthold Beitz, berichten die Schüler. Die nächste Station war die Alte Synagoge, wo die Schüler das Judentum näher kennenlernen konnten. „Hier haben wir jüdische Tänze kennengelernt, das hat uns besonders gut gefallen“, sagt Schülerin Leonie. Als letztes besuchten sie das Haus der Essener Geschichte. Im Rahmen der Ausflüge kam es immer wieder zu „Aha-Erlebnissen“ der Schüler, hat Lehrerin Christiane Sotmann beobachtet. „Die Schüler entdeckten Parallelen zum Judentum und erkannten Ähnlichkeiten mit ihrer Religion“.
An zwei Projekttagen haben die einzelnen Gruppen Plakate erstellt und mit Fotos ihre Arbeit dokumentiert. „Es hat uns Spaß gemacht, zusammen in der Gruppe an diesem Projekt zu arbeiten“, sagt Schüler Mouhab. Schülerin Delin erstellte mit ihrer Gruppe ein Plakat zu dem Leben von Berthold Beitz, „das war besonders spannend“, berichtet sie, denn „so viel wusste ich bisher noch nicht über ihn. Durch die Arbeit konnte ich ihn und seine Taten besser kennenlernen“.
Zum Abschluss präsentierte die Klasse ihre Ergebnisse im Rahmen eines „Museumsganges“. Sie hängten dafür die Plakate im Flur auf, wo andere Schüler sich die Dokumentationen anschauen konnten und die Möglichkeit erhielten, direkt mit den Projektteilnehmern ins Gespräch zu kommen.
Berlin-Fahrt im Sinne der deutsch-jüdischen Verständigung
„Ich bin unheimlich stolz auf die Schüler, sie haben eine wirklich tolle Leistung vollbracht“, betont die Klassenlehrerin. Vom Preisgeld werden An- und Abreise bezahlt, bis zu drei Übernachtungen mit Verpflegung und die Eintrittsgelder sowie Führungen in ausgewählten Museen und Gedenkstätten. Die Schüler werden in Berlin unter anderem jüdische Erinnerungsorte wie die „Topografie des Terrors“ oder das Haus der Geschichte besuchen.
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