Essener Kinder starten öfter hungrig in den Schultag

Essen-Bochold. Lehrer sorgen sich um immer mehr Essener Kinder, die ohne Frühstück zur Schule kommen. Deshalb ist die gemeinsame „Brotzeit“ kostenlos.

Der Unterricht beginnt in der Bischof-von-Ketteler-Schule zwar erst später, Mila (8) und Mia (7) sind um 7.30 Uhr trotzdem schon da. Die beiden Zweitklässlerinnen haben an einem der Tische im Essensraum Platz genommen, vor sich Teller mit Knäckebrot und Apfelspalten, eine Schüssel Cornflakes, Kakao und Saft. Während nach und nach weitere Kinder eintrudeln, besprechen die Mädchen, was heute ansteht in der 2b.

Das gemeinsame Frühstück soll ihnen einen guten Start in den Schultag ermöglichen, die Konzentration auf das Lernen ohne knurrenden Magen. Für alle Kinder der Schule ist es kostenlos, seit etwa eineinhalb Jahren gibt es das Angebot. Organisiert wird es vom Verein Brotzeit, den Schauspielerin Uschi Glas gegründet hat.

Fast jedes dritte Kind in Essen lebt von Sozialleistungen. Wen das in der Bischof-von-Ketteler-Schule betrifft, wird nicht abgefragt, alle Kinder sind willkommen, keines soll stigmatisiert werden. „Es kommen täglich zwischen 50 und 60 Kinder zum Frühstück“, sagt Schulleiterin Anja Banse-Gräf. „Der Grund muss nicht immer ein finanzieller sein, es ist oft auch ein zeitlicher.“ Tatsächlich sei es aber so, dass ohne das Angebot einige Kinder ohne Frühstück im Magen in den Unterricht starten würden.

Kostenloses Frühstück in Essener Schulen stärkt das soziale Miteinander

Ein großer Pluspunkt des Projekts sei neben der gesunden Ernährung auch das soziale Miteinander, findet die Schulleiterin. Mia und Mila, die mittlerweile noch weitere Gesellschaft an ihrem Tisch bekommen haben, bestätigen das. „Ich durfte auch schon mithelfen und Getränke verteilen“, berichtet Mia stolz. „Das habe ich freiwillig gemacht und es hat mir viel Spaß gemacht.“

Am lustigsten sei es, wenn Micha da sei, finden die beiden Grundschülerinnen. Micha, das ist Michael Langguth, einer der ehrenamtlichen Helfer, die das Frühstück organisieren. „Ich bin von Beginn an dabei, mache Bestellungen und nehme Ware an“, erklärt er. Die Lebensmittel spendet Discounter Lidl für das Brotzeit-Projekt, der Verein finanziert den Kühltransport. Langguth ist dafür verantwortlich, dass ausreichend Nachschub da ist, aber nicht nur dafür. „Die Kinder sind oft auch froh einen Ansprechpartner zu haben, jemanden, der ihnen zuhört“, sagt er.

Ehrenamtliche helfen bei der „Brotzeit“ in zwölf Essener Schulen

„Die Ehrenamtlichen sind das Herz unseres Vereins, ohne sie würde es gar nicht gehen“, sagt Vera Eckardt, die das Brotzeit-Projekt im östlichen Ruhrgebiet koordiniert. In der Bischof-von-Ketteler-Schule haben sich an diesem Morgen Annette Zottmann und Monika Teuber die roten Brotzeit-Schürzen umgebunden. Sie schneiden Obst und Gemüse, stellen Knäckebrot, Käse, Wurst und Getränke bereit.

Annette Zottmann, Monika Teuber und Michael Langguth (von links) engagieren sich ehrenamtlich für das Brotzeit-Projekt an der Essener Bischof-von-Ketteler-Schule. Theofine (10) freut sich über das Frühstücksangebot in der Schule. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

„Ich habe von einigen Lehrerinnen in meinem Umfeld gehört, dass viele Kinder hungrig zur Schule kommen und fand die Idee des Brotzeit-Projekts ganz toll“, sagt Annette Zottmann. „Ich habe selbst zwei Kinder und jahrelang Schulbrote geschmiert, jetzt mache ich es hier und es macht mir richtig viel Freude, man bekommt viel zurück.“ Vor allem zum Monatsende, wenn das Haushaltsgeld knapp werde, steige die Nachfrage.

In zwölf Essener Grund- und Förderschulen läuft das Projekt bisher, drei weitere sollen in Kürze folgen. Für die Friedenschule im Südostviertel werden noch ehrenamtliche Helferinnen und Helfer gesucht, die sich in ihrem Ruhestand engagieren möchten. Interessierte können sich bei Projektleiterin Vera Eckardt melden unter 0176 57 73 11 04 oder eckardt@brotzeit.schule. Weitere Informationen gibt es unter www.brotzeitfuerkinder.com.