Essen-Holsterhausen. Vorerst sind die Stadtterrassen in Holsterhausen weg. Die CDU hält sie für gescheitert – die Projektverantwortlichen sehen das aber ganz anders.
- Zwei Monate lang standen sogenannte Stadtterrassen probeweise in Essen-Holsterhausen. Die modulbasierten Möbel wurden auf Parkplätzen aufgebaut und sollten zum Verweilen einladen.
- Jetzt wertet die Stadt Essen das Projekt aus, um zu ermitteln, ob und inwiefern es verstetigt werden soll.
- Während die Verantwortlichen von der Grünen Hauptstadtagentur ein überwiegend positives Fazit ziehen, sagt die CDU: „Die Menschen in Holsterhausen haben die Sitzgelegenheiten kaum angenommen.“
Das Projekt Stadtterrassen ist beendet – zumindest vorerst. Zum Ende des Monats September sind die kontrovers diskutierten Parklets abgebaut worden. Laut Stadt sind die Reaktionen in den vergangenen Wochen „sehr vielfältig“ gewesen. Die Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger reichten demnach von „Wirklich ein tolles, innovatives Projekt“ über „Die Gemarkenstraße bekommt dadurch ein viel natürlicheres Bild“ bis hin zu „Unbequem und Parkplatzvernichtung“.
Die Stadtterrassen standen von Anfang August bis Ende September an mehreren Standorten: auf vier Parkplätzen an der Gemarkenstraße (Höhe Hausnummer 82, 102 und 110), an der Kahrstraße (Höhe Hausnummer 82 in Fahrtrichtung Rüttenscheid) und auf der Rechtsabbiegerspur von der Holsterhauser Straße in die Kahrstraße. Es handelte sich um bunte Bank- und Tischmodule, Pflanzkübel, Fahrradständer und eine Fahrrad-Servicestation, die zum Verweilen, Plaudern und Ausruhen einladen sollten.
Stadt Essen hat Umfrage zu den Stadtterrassen gestartet
Jetzt soll das Projekt laut Stadt evaluiert werden. Während der Projektphase wurden dafür zum einen Befragungen direkt vor Ort durchgeführt. Zum anderen läuft aktuell noch eine Online-Umfrage der Hochschule Bochum in Zusammenarbeit mit der Universität Duisburg-Essen und der Stadt Essen. „Die Ergebnisse der Befragung sind wichtig für die Stadt Essen für potenzielle zukünftige Projekte und die Bewertung, inwieweit die Stadtterrassen ganz oder in Teilen verstetigt oder an anderen Stellen im Stadtgebiet eingesetzt werden sollen“, heißt es von der Verwaltung.
Das Projektteam der Grünen Hauptstadt Agentur (GHA), die federführend für die Stadtterrassen ist, habe sich über die vielen Reaktionen, Diskussionen und das Lob gefreut und ziehe ein überwiegend positives Fazit, teilt die Stadt mit. Es habe aber auch Kritik gegeben: „Beispielsweise zu den Standorten der Stadtterrassen, da sie auf Parkplätzen errichtet wurden und dort in der Zeit keine Autos parken konnten.“ Auch nächtliche Ruhestörungen durch laute Menschen an den Stadtterrassen hätten einige Anwohner rückgemeldet.
Polizei Essen: Vier Einsätze am Parklet auf dem Rechtsabbiegerstreifen
Auf Anfrage erklärt die Polizei, im August habe es vier Einsätze am Parklet auf dem Rechtsabbiegerstreifen gegeben. „In den späten Abendstunden beschwerte man sich bei der Polizei über laute Menschen an den Bänken“, so Polizeisprecher Matthias Werk. In einem Fall hätten die Kollegen bei Eintreffen niemanden vorgefunden. In den drei anderen Fällen hätten die Beamten die Personen an den Stadtterrassen zur Ruhe ermahnt und in einem Fall Platzverweise erteilt.
Bezirksbürgermeisterin Doris Eisenmenger (Grüne) zieht am Ende des Projektzeitraumes ein positives Fazit. „Ich war mehrmals ohne vorherige Anmeldung vor Ort und habe dort Leute sitzen sehen“, betont sie. Auch auf dem Parklet auf der Rechtsabbiegerspur, dem sie zuvor selbst sehr skeptisch gegenüber gestanden habe. Viele hätten sie außerdem angesprochen und gesagt, dass sie die Parklets gut fänden. Kritik habe es natürlich auch gegeben, ihrer Wahrnehmung nach hätten aber die positiven Rückmeldungen überwogen. Eisenmenger wünscht sich deshalb ausdrücklich, dass die Parklets verstetigt werden.
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Chef der Holsterhauser SPD: Bauart der Parklets war nicht optimal
Auch Benno Justfelder, Vorsitzender der SPD Rüttenscheid, bewertet das Projekt grundsätzlich positiv. „Die zweimonatige Testphase fand ich glücklich gewählt, man kam ins Gespräch und hat über das Für und Wider diskutiert“, sagt er. Aus seiner Sicht hätten allerdings andere Parklets hergemusst, ähnlich denen, die vor dem Fachgeschäft für Stadtwandel und in der Innenstadt stehen. Diese sind massiver und man sitzt höher. „Auf denen in Holsterhausen saß man ja genau auf Auspuff-Höhe“, kritisiert Justfelder. Zudem fand er den Standort auf dem Rechtsabbiegerstreifen nicht gut gewählt, der Rückstau sei dadurch sehr groß geworden.
Sehr negativ fällt dagegen das Urteil der CDU im Stadtteil aus. „Die Menschen in Holsterhausen haben die Sitzgelegenheiten kaum angenommen“, sagt CDU-Bezirksvertreter Werner Ernst. „Einen Passanten oder eine Passantin auf einer Stadtterrasse sitzend vorzufinden, war in den zurückliegenden Wochen ein Ereignis mit Seltenheitswert.“ Das zeige, dass es für die Parklets keinen Bedarf in Holsterhausen gebe.
CDU Holsterhausen schlägt Alternativen zur Aufwertung der Gemarkenstraße vor
Laut Pascal Homberg, stellvertretender Vorsitzender der CDU Holsterhausen, wäre es zur Aufwertung der Gemarkenstraße zielführender, in Absprache mit der Kirchengemeinde St. Mariä Empfängnis den Kirchvorplatz attraktiver zu machen, „unter anderem durch eine Erneuerung der ramponierten und in die Jahre gekommenen Sitzbänke“.
Auch dem nächsten Stadtentwicklungsprojekt stehen die Christdemokraten kritisch gegenüber. An drei Standorten in Holsterhausen sollen Fahrradplattformen auf Autoparkplätzen aufgebaut werden. CDU-Ratsherr Andreas Kalipke dazu: „Es bedarf keiner kostspieligen Evaluation, sondern lediglich offener Augen und gesunden Menschenverstandes, um festzustellen, dass ein weiterer Bedarf an Fahrradbügeln nicht gegeben ist.“