Essen-Holsterhausen. Seit 20 Jahren ist Benno Justfelder nun Vorsitzender der SPD Essen-Holsterhausen. Was für ihn die größten Herausforderungen des Stadtteils sind.

An seine erste große politische Auseinandersetzung kann sich Benno Justfelder, Ortsvorsitzender der SPD Holsterhausen, noch genau erinnern. Es ging um den Neubau einer forensischen Klinik in Holsterhausen als Diagnosezentrum für Straftäter. Die CDU war wie viele Anwohnerinnen und Anwohner dagegen, er dafür. Politisch wurde mit harten Bandagen gekämpft, aber „nachher konnte man immer zusammen ein Bier trinken.“ Was Justfelder daraus mitgenommen hat: Für politische Akteure ist es wichtig, im Team zusammenzuarbeiten und sich nicht einschüchtern zu lassen.

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Lange Zeit später, im Jahr 2021, hat Justfelder sein Jubiläum in der Holsterhauser SPD gefeiert. Seit etwas mehr als 20 Jahren ist er nun Vorsitzender. Politisiert hatte sich der 65-Jährige schon zu Schulzeiten. Als er 1972 in die SPD eintrat, war Willy Brandt sein Idol. Damals musste er die Erfahrung machen, dass es für einen jungen, motivierten Menschen nicht unbedingt einfach ist, sich in verfestigten Strukturen zu etablieren. „Da musste man erstmal 3000 Plakate kleben, um den Aufnahmeantrag stellen zu können“, erzählt er mit einem Lachen.

Essen-Holsterhausen: Positive Entwicklung im Gesundheitssektor

Bessere Bildung, Kita-Ausbau, Schaffung von Spielflächen für Kinder, Kampf für eine bessere Wohnqualität und gegen Autobahnlärm: Wenn Justfelder sich an die Anfänge seiner Karriere als SPD-Ortsvorsitzender erinnert, dann klingt das ganz stark nach den Herausforderungen des Jahres 2022. Viele Themen begleiten ihn schon seit Jahrzehnten. Ob das auch mürbe macht? „Manchmal ja“, sagt er mit einem Lachen, „aber es bewegt sich auch viel.“

Trotz aller Herausforderungen ist Benno Justfelder sehr stolz auf seinen Stadtteil Essen-Holsterhausen.
Trotz aller Herausforderungen ist Benno Justfelder sehr stolz auf seinen Stadtteil Essen-Holsterhausen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Auf seinen Stadtteil blickt Justfelder mit großem Stolz. Er ist ein echter Lokalpatriot. Kein Wunder, möchte man sagen – denn er ist sogar in einem Haus auf der Gemarkenstraße geboren, 500 Meter vom Eiscafé Tosca entfernt. „Hier vor Ort kann man das umsetzen, was einem politisch wichtig ist“, betont er. Vor allem der Gesundheitssektor habe sich sehr positiv entwickelt: „Im Umfeld der Uniklinik haben sich viele Ärzte angesiedelt, Arbeitsplätze sind geschaffen worden.“ Und auch das gastronomische Angebot habe einen Aufschwung erlebt.

Mitgliederverlust in Folge der Agenda 2010

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Politisch hat er Justfelder bereits einige Krisen erlebt. Zuletzt bei der Kommunalwahl 2020, als die SPD in Holsterhausen sowohl den Nord- als auch den Südwahlkreis verlor und hinter Grünen und CDU zurückfiel. „Damals gab es eine grüne Welle, wir konnten wenig tun“, analysiert er. Ein weiteres Problem, das bleibt: Für die ehemals großen Volksparteien wird es immer schwerer, junge, engagierte Köpfe zu gewinnen.

In den Siebzigerjahren, als die Sozialdemokraten noch viele Arbeiterinnen und Arbeiter erreichten, zählte die Holsterhauser SPD über 400 Mitglieder. Heute sind es rund 160. Doch es waren auch schon einmal weniger. „In Folge der Agenda 2010 sind viele ausgetreten“, sagt Justfelder. „Seitdem haben wir uns peu à peu zurückgekämpft.“ Für besonders wichtig hält er es, junge Mitglieder schon früh einzubinden und ihnen Verantwortung zu übertragen.

Essener Politiker: Gemarkenstraße ist nicht verkommen

Potenzial wäre eigentlich da. Holsterhausen befindet sich stetig im Wandel, ist in den letzten Jahren jünger geworden. Das bringt laut Justfelder die Herausforderung mit sich, weiterhin ein gutes Zusammenleben der Generationen zu sichern. Denn: „Das ist essenziell für den Stadtteil.“ Ein gutes Beispiel sei die „d.bar“, wo Studenten und Rentner Seite an Seite einkehrten.

Zur Person

Benno Justfelder arbeitet als Lehrer an der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Schonnebeck. Er unterrichtet die Fächer Sozialwissenschaft und Geschichte.Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und zwei Enkel. In seiner Freizeit macht er gerne Musik und spielt in einer Rockband.

Häufig geäußerte Kritik, nach der die Gemarkenstraße in den vergangenen Jahren verkommen sei, will Justfelder so nicht stehen lassen. „Hier passiert viel, die Hausbesitzer übernehmen Verantwortung“, sagt er. Lösen müsse man sich aber aber beispielsweise von der Vorstellung, dass der klassische Einzelhandel weiterhin die Ladenlokale der Einkaufsstraßen füllen werden. Nur durch moderne Konzepte könne man künftig Leerstand verhindern. Und auch für den Markt müsse man Lösungen finden, sei die Nachfolgersuche für viele Standbesitzer doch mittlerweile schwer. „Das wird die nächste große Aufgabe.“

Wichtig findet der SPD-Politiker, dass Holsterhausen nicht ähnliche Tendenzen wie das benachbarte Rüttenscheid ereilen. Damit meint er: „hohe Mietpreise und das Abwandern der Urbevölkerung.“ In Holsterhausen seien die Preise noch im Rahmen – „das muss auch so bleiben.“