Essen-Holsterhausen. Um die Fahrradstraße in Essen-Holsterhausen gibt es erneut Diskussionen. Politiker und Anwohner sorgen sich um die Sicherheit von Fußgängern.
Leben Fußgänger auf der Gemarkenstraße gefährlich, seit sie zur Fahrradstraße umgewidmet worden ist? Verschiedene Politiker und Anwohner befürchten das – aus unterschiedlichen Gründen. Konsens herrscht jedoch darüber, dass Fußgänger besser geschützt werden sollten.
Simone Johansen ist langjährige Mitarbeiterin und seit vergangenem Jahr Chefin des Wirtshauses Warsteiner an der Gemarkenstraße. Sie bezeichnet die Situation dort als „Vollkatastrophe“. Mehrmals pro Tag erlebe sie Situationen, in denen es brenzlig für Fußgänger werde. „Ich könnte ein ganzes Buch darüber schreiben“, sagt sie. „Einer meiner Gäste ist schon zweimal fast angefahren worden.“ Die Radfahrer würden immer rücksichtsloser, viele hielten zum Beispiel nicht vor dem Zebrastreifen.
Polizei Essen: Keine Unfälle zwischen Radfahrern und Fußgängern seit August 2020
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Auch Thomas Hartweg, Betreiber des Imbisses Xaver an der Gemarkenstraße 44, hört immer wieder die „Schreierei“ von der Straße, etwa, wenn sich Fahrradfahrer und Autofahrer streiten. „Ich kann nicht sagen, wer sich da falsch verhält“, sagt der Gastronom. Er habe aber beispielsweise schon beobachtet, dass Radfahrer rote Ampeln ignorierten und einfach auf dem Bürgersteig weiterführen.
Laut Polizei ist es auf der Gemarkenstraße seit Einrichtung der Fahrradstraße im August 2020 nicht zu Unfällen zwischen Radfahrern und Fußgängern gekommen. Hingegen gab es insgesamt neun Unfälle, an denen jedes Mal Autos beteiligt waren, die entweder miteinander, mit Fußgängern oder mit Radfahrern und in einem Fall mit einem Skateboard zusammenstießen. Einmal wurde dabei jemand schwer verletzt, siebenmal leicht und einmal ist nur ein Sachschaden entstanden.
Holsterhauser CDU-Politiker: Bürger berichten von Beinah-Unfällen
Werner Ernst, CDU-Bezirksvertreter und zweiter stellvertretender Bezirksbürgermeister, spricht allerdings von einer hohen Zahl von „Beinah-Unfällen“ mit Fußgängern und Radfahrern. Immer wieder hätten ihm Bürgerinnen und Bürger von solchen Vorfällen berichtet. „Gerade ältere Herrschaften sehen die Radfahrer oft nicht kommen“, sagt er. Und weil die – insbesondere mit motorisierten, aber leisen E-Bikes – häufig zu schnell unterwegs seien, könne es gefährlich für Fußgänger werden.
Benno Justfelder, Vorsitzender der SPD Holsterhausen, hat ebenfalls schon einige Begegnungen mit unachtsamen oder rücksichtslosen Radfahrern gehabt. So habe er zum Beispiel an einem Markttag ein Paar mit zwei Kindern gebeten, von den Rädern abzusteigen, erzählt er. Wenn der Holsterhauser Markt stattfindet, dürfen Fahrradfahrer nicht über die Gemarkenstraße fahren. „Als Antwort bekam ich zu hören: ‘Das ist eine Fahrradstraße, der Markt hat hier nichts zu suchen’“, so der SPD-Politiker. Auch Radfahrer ohne richtige Beleuchtung oder mit aufgesetzten Kopfhörern habe er schon öfter gesehen.
Essener Gemarkenstraße hat seit 2020 keine Rechts-vor-links-Regelung mehr
Allerdings sieht Justfelder das größere Problem bei den Autofahrern. Seit Umwidmung zur Fahrradstraße ist die zuvor geltende Rechts-vor-links-Regelung an der Gemarkenstraße aufgehoben. „Das sorgt dafür, dass viele Autofahrer einfach durchrasen“, ist Justfelders Beobachtung. „Wir hatten eigentlich gehofft, dass sich die Straße entschleunigen wird, nachdem sie zur Fahrradstraße geworden ist. Das Gegenteil ist passiert.“ Seiner Erfahrung nach seien vor allem Fahrzeuge mit hohen PS-Zahlen in den Abendstunden zu schnell unterwegs.
Harald Hagen von der Initiative „Wir sind Holsterhausen“ sieht das ähnlich. Auch er hält es für falsch, dass die Gemarkenstraße zur Vorfahrtsstraße gemacht worden ist. „Die Gemarkenstraße ist eine Einkaufsstraße mit Querungsverkehr. Menschen wechseln die Straßenseite, wenn sie von einem Geschäft zum anderen gehen“, erklärt er. Und da sich eben nicht jeder an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h halte, seien die Fußgänger gefährdet. Die Polizei betrachtet die Gemarkenstraße allerdings nicht als Unfallschwerpunkt. Laut Sprecher Christoph Wickhorst gebe es aktuell keine Hinweise darauf, dass dort vermehrt zu schnell gefahren würde.