Essen. Einmal Werden und zurück: Vier Freunde fahren an einem Tag mit dem Fahrrad durch alle 50 Essener Stadtteile. Das haben sie auf der Tour erlebt.

Sonntagmorgen, 8 Uhr, am Werdener Ludgerusbrunnen. Hier startet für die vier Freunde Markus Heibach, Rüdiger Rauchholz, Tim Elsweiler und Thomas Freutel eine ganz besondere Tour. Ihr Projekt: Alle 50 Essener Stadtteile mit dem Fahrrad durchqueren. 106 Kilometer liegen vor ihnen.

Die Idee schlummerte schon lange. Für die Umsetzung musste zunächst in mühseliger Arbeit die optimale Strecke zusammengestellt werden. Eine Essener Fahrradkarte wurde intensiv studiert und ein Routenplaner zurate gezogen. Stundenlang tüftelte der Werdener Markus Heibach an der Strecke: Die Fahrt sollte durch alle Stadtteile verlaufen und dabei über möglichst viele Fahrradstrecken führen.

Warum der Norden von Essen so schön ist

Aus jedem Stadtteil wurde dann eine markante Stelle herausgesucht. So zum Beispiel der Motorradtreff Haus Scheppen in Fischlaken, die Zeche Zollverein in Stoppenberg, das RWE-Stadion in Bergeborbeck, das Marienhäuschen in Gerschede, der Wasserturm im Südostviertel, der Marktplatz an der Margarethenhöhe oder das Wetteramt in Schuir. Jede einzelne Station im Stadtteil wurde anschließend mit einem Selfie dokumentiert.

Start war am Ludgerusbrunnen in Werden.
Start war am Ludgerusbrunnen in Werden. © Markus Heibach

Thomas Freutel lebt in Kettwig, die anderen drei Fahrradbegeisterten kommen aus Werden. Von hier aus ging es also zunächst östlich gehalten gen Norden. Heidhausen, Fischlaken, Heisingen, Kupferdreh, Byfang lauteten die ersten fünf Stadtteile in den Stadtbezirken IX und VIII. Gefolgt vom Bezirk VII bis hoch zum Bezirk VI und ganz oben zum Bezirk V mit Karnap als nördlichsten Punkt der Stadt.

Entgegen vieler Klischees, mit denen der Essener Norden bekanntermaßen behaftet ist, wurden die Freunde aus dem grünen Süden immer wieder positiv und aufs Neue überrascht. Fernab von den Stadtteilzentren durchquerten sie riesige Grünflächen wie zum Beispiel den Bereich am Katernberger Bach. „Der Norden ist viel grüner als viele Menschen denken“, berichtet Rüdiger Rauchholz, der mit knapp 70 Jahren der Älteste des Trupps ist.

Beeindruckt erzählen die Männer nicht nur von viel Renaturierung inmitten der Industriekultur oder von imposanten Aussichtsplattformen auf Halden, sondern auch von hervorragenden und neuen Radwegen im Norden der Stadt. Wo früher alte Gleiswege verliefen, sei hier viel in gut ausgebaute Fahrradstrecken investiert worden.

Das Unesco-Welterbe Zollverein in Stoppenberg war den vier Freunden aus dem Süden ebenfalls einen Besuch wert.
Das Unesco-Welterbe Zollverein in Stoppenberg war den vier Freunden aus dem Süden ebenfalls einen Besuch wert. © Markus Heibach

Laut Heibach punktet der Norden auch mit flachem Gelände, während es im Süden doch eher hügelig ist. Ebenfalls von Vorteil: „An vielen Orten im Norden war es menschenleer“, so Rüdiger Rauchholz. Vermutlich, weil es viele Essener sonntags zu den eher bekannten Ausflugszielen, wie etwa dem Baldeneysee, zieht. „Ein Geheimtipp für Fahrradfahrer“, bezeichnet Markus Heibach den Norden.

Heimatliebe: Currywurst und Pommes zum Mittagessen

Etwa auf halber Strecke, in Frintrop an der Grenze zu Mülheim, legten die Männer eine knapp einstündige Mittagspause ein. Wie es sich für waschechte Kinder des Ruhrgebiets gehört, standesgemäß mit Currywurst und Pommes Rot-weiß und einem alkoholfreien Essener Bier. Hier wurden dann auch Akkus für die E-Bikes getauscht.

Ein Selfie gab es natürlich auch auf der Schurenbachhalde in Altenessen, die die vier Radfahrer auf ihrer Tour erklommen haben.
Ein Selfie gab es natürlich auch auf der Schurenbachhalde in Altenessen, die die vier Radfahrer auf ihrer Tour erklommen haben. © Markus Heibach

Zurück in den Süden ging es über den Bezirk IV, über das Westviertel, die Innenstadt und dann durch Stadtteile wie Rüttenscheid, Bredeney, Schuir und Kettwig. Mit einem Durchschnittstempo von 16,7 Kilometer pro Stunde kamen die Freunde nach elf Stunden und zwölf Minuten wieder in Werden an. Die reine Fahrtzeit betraf etwa sechs Stunden. Rund vier Stunden gingen für die immer knapp fünfminütigen Fotopausen drauf; die Mittagspause dauerte etwa eine Stunde.

Das nächste Projekt haben sie schon im Visier

Eine gemütliche Spazierfahrt sollte es sein: „Wir wollten keine sportlichen Höchstleistungen erzielen“, sagt Tim Elsweiler, der mit 41 Jahren der jüngste Fahrer ist. Die Tour wurde ausschließlich aus Spaß, aus Freundschaft und aufgrund der Heimatverbundenheit zu Essen unternommen. „Man muss kein durchtrainierter Sportler sein, um die 50 Stadtteile auf dem Fahrrad zu erkunden“, so der 55-jährige Markus Heibach. Auch das Alter spiele keine Rolle; immerhin traten bei dieser Tour vier Jahrzehnte in die Pedalen. Schon jetzt haben die Vier das nächste Projekt im Visier: Die zehn größten Ruhrgebietsstädte auf dem Fahrrad zu durchqueren.