Essen. In Essen-Rüttenscheid entsteht gerade eine neue Radtrasse. In diesem Zuge wurde nun eine 70 Tonnen schwere Brücke ausgehoben und abtransportiert.
- Die Brücke über der Wittenbergstraße in Essen-Rüttenscheid ist ausgehoben und abtransportiert worden. 70 Tonnen Stahl hingen teilweise in der Luft.
- Die Brückensanierung ist Teil der Bauarbeiten am Rommenhöller Gleis, wo derzeit ein neuer Radweg entsteht.
- Etwa zwölf Wochen soll es laut Grün und Gruga dauern, bis die Brücke wieder an ihren Platz zurückkehrt.
Regentropfen fallen vom Himmel, als sich der 70 Tonnen schwere Stahlkoloss ganz langsam in die Höhe bewegt. Von zwei Kränen wird die braunrot verfärbte, mit Graffiti besprühte Brücke über der Wittenbergstraße nach oben gezogen. Ihr Aushub ist der wohl spektakulärste Teil der Bauarbeiten am stillgelegten Rommenhöller Gleis, wo derzeit eine neue Radtrasse entsteht. Die Brücke wird nun auf der Fläche neben dem westlichen Brückenkopf saniert und dann wieder an ihren angestammten Platz zurückgebracht.
Am Rommenhöller Gleis wird eine 860 Meter lange Radverbindung von der Veronikastraße bis zur Brücke über der A-52-Zufahrt gebaut. Erst vor wenigen Tagen hat die Stadt bekanntgegeben, dass das Bauprojekt knapp eine Million Euro mehr kosten wird als geplant. Ursprünglich war ein Budget von 1,14 Millionen Euro veranschlagt, nun sollen aufgrund verschiedener Faktoren 2,136 Millionen Euro fällig werden. Der Aushub und Abtransport der Brücke fällt dabei mit zusätzlichen 135.000 Euro gegenüber der zuerst vorgesehenen Sanierung an Ort und Stelle ins Gewicht.
Stadt: Bei Brückensanierung vor Ort wäre lange Straßensperrung nötig gewesen
Für die aufsehenerregendere Variante hatte sich die Stadt nach eigenen Angaben wegen geringerer Auswirkungen auf den Autoverkehr entschieden. Während des Aushubs am Samstag (10. 9.) ist die Wittenbergstraße zwischen Franziskastraße und Witekindstraße von 6 bis 22 Uhr gesperrt. Würde man die Brücke an Ort und Stelle sanieren, dann müsste man die Straße laut Verwaltung acht Wochen lang sperren.
Und so laufen hinter den Baustellenabsperrungen am Samstagmittag Männer in leuchtend neonfarbener Warnkleidung hin und her, um alles für den Aushub vorzubereiten. Ihre Rufe werden fast vollends vom prasselnden Regen verschluckt. Schon um 7 Uhr morgens haben sie mit den Arbeiten begonnen. Beteiligt sind ein Straßenbauunternehmen, ein Kranunternehmen und eine weitere Firma, die für die Verkehrssicherung zuständig ist.
Brückenaushub in Rüttenscheid: Zwei Kräne sind nötig
Allein das Aufstellen der zwei 350 und 500 Tonnen schweren Kräne hat etwa 3 Stunden gedauert. Damit sich der Druck ihres enorm hohen Gewichts gleichmäßig verteilt, sind Lastplatten auf der Straße platziert worden. Außerdem mussten im Bereich der Brückenanschlagpunkte Teile entfernt werden.
Nun befestigen Arbeiter mit Helmen und orangefarbenen Westen zwei Träger an jenen schweren Metallketten, die die Brücke in die Luft ziehen werden. „Endlich heben sie mal was hoch!“, entfährt es einem kleinen Jungen, der mit seinem Großvater das Geschehen an der Wittenbergstraße beobachtet. Immer wieder bleiben Passanten stehen, schauen, machen Fotos.
Rommenhöller Gleis - das steckt hinter dem Namen
Das „Rommenhöller Gleis“, startend am alten Güterbahnhof Rüttenscheid, hat seinen Namen von der Firma Rommenhöller, die von 1899 bis 1985 Industriegase herstellte. Die Werksanlagen waren ungefähr dort, wo sich heute der Bürobedarfhandel Staples befindet.
Um für Güterzüge erreichbar zu sein, leisteten sich größere Firmen Anschlussgleise, ursprünglich ging die sehr alte Eisenbahntrasse weiter bis zur Zeche Ludwig an der Rellinghauser Straße, die aber 1949 bereits schloss. Nachdem auch Rommenhöller den Betrieb aufgab, verfiel das Gleis. Wie viele andere Güterzugstrecken im Ruhrgebiet, soll die Trasse nun als Rad-Gehweg neu genutzt werden.
Schon in der vergangenen Woche war die Wittenbergstraße an einem Tag halbseitig gesperrt worden, um den Aushub der Brücke vorzubereiten. Dabei hatten Arbeiter unter anderem einen Träger an die Unterseite der Brücke geschweißt. An dieser Vorrichtung werden ösenförmige Halterungen befestigt, sodass sie eingehängt und in die Luft gehoben werden kann.
Als die Brücke gegen 13 Uhr langsam, fast in Zeitlupe in die Höhe steigt, haben sich Schaulustige an den Absperrungen gesammelt. Sogar die Mitarbeiter der beauftragten Straßenbaufirma zücken ihr Handy und filmen das Spektakel.
Grün und Gruga: Sanierungsarbeiten in Rüttenscheid sollen etwa zwölf Wochen dauern
Die Brücke wird dann von einem Schwerlastfahrzeug auf ein Verbindungsgrundstück Richtung Veronikastraße gebracht. Dort stehen Stahlbetonstützen bereit, auf denen sie abgelegt wird. Im Zuge der Sanierungsarbeiten sollen laut Grün und Gruga zunächst die seitlichen Kragarme der Brücke, die zukünftig nicht mehr benötigt werden, demontiert werden. Danach wird die Brücke, die vermutlich beim Ausbau der Wittenbergstraße um 1960 entstand, mit einem Zelt eingehaust und wieder auf Vordermann gebracht. Auch an den sogenannten Kammer- und Flügelwänden sollen Sanierungsarbeiten durchgeführt werden.
Circa zwölf Wochen werden die Arbeiten nach Angaben von Grün und Gruga insgesamt dauern. „Ein Termin für das Einheben der Brücke ist noch nicht festgelegt und kann nach derzeitiger Planung frühestens im Dezember erfolgen“, so Sprecher Martin Gülpen. Nachdem die Brücke wieder an ihrem angestammten Platz ist, soll die künftige Fahrbahn – bestehend aus einer Betonschicht und einem Asphaltbelag – aufgebracht werden. Auch ein neues Geländer wird dann angebracht.