Essen-Werden. Das Verkehrskonzept Werden von 2017 ist nie umgesetzt worden. Warum die Stadt Essen das Verfahren neu aufrollt und was die Bezirkspolitik sagt.

Die Stadt Essen gibt ein neues Verkehrsgutachten sowie ein Umweltgutachten insbesondere zur Lärm- und Luftschadstoffimmission für den Werdener Stadtkern in Auftrag. Hierbei soll jetzt der Modal-Split für die verschiedenen Verkehrsarten berücksichtigt werden.

Damit stellt die Verwaltung das vor fünf Jahren vom Rat beschlossene „Verkehrskonzept Werden“ auf den Prüfstand. Dessen Umsetzung hat bislang nicht stattgefunden, weil eine Anwohnerin wegen hoher Lärmbelastung dagegen geklagt und vom Oberverwaltungsgericht Recht bekommen hatte.

Ob eine Umsetzung des Verkehrskonzeptes unter veränderten Bedingungen überhaupt noch notwendig ist, das möchte die Verwaltung nun klären – auch im Hinblick auf zukünftige Baumaßnahmen. „Höherer Lärm führt nicht zwingend zur Unzulässigkeit der Planung, sofern dabei ein entsprechender Schallschutz gewährt wird. Die Abwägung aller Belange sind in beiden möglichen Baurechtsverfahren, der Planfeststellung oder dem Bebauungsplan, vorgesehen“, heißt es dazu in einer Stellungnahme.

Verkehrsfluss rund um die Basilika sollte neu geordnet werden

Hohe Schadstoffbelastungen in der Brückstraße waren der Grund, die Verkehrsströme rund um den Werdener Ortskern neu zu ordnen.
Hohe Schadstoffbelastungen in der Brückstraße waren der Grund, die Verkehrsströme rund um den Werdener Ortskern neu zu ordnen. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Das damalige Konzept sah vor, nicht nur den Verkehrsfluss rund um die Basilika St. Ludgerus neu zu ordnen, sondern auch hohe Schadstoffbelastungen, vor allem im Bereich der Brückstraße, zu verringern. Der Durchgangsverkehr sollte aus diesem Grund auf die Abteistraße verlagert werden. Die Folge: Laut eines damals vorliegenden Lärmgutachtens hätte das in der Brückstraße eine Entlastung gebracht, in der Abteistraße und in Bereichen des Werdener Marktes wäre die Belastung dagegen angestiegen.

Verkehrsuntersuchung von 2010 wird durch neue Datenerhebung ersetzt

Wegen der negativen Auswirkungen des Verkehrskonzeptes auf einige Bereiche erhob eine Anwohnerin dann Klage. Das Oberverwaltungsgericht kam zu dem Entschluss, dass die Änderung des Verlaufes der B 224 durch das Verkehrskonzept einer allgemeinen Vorprüfung nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) bedurfte. Diese Vorprüfung fehlte jedoch und das Gericht hat klargestellt, dass sie nicht deswegen entbehrlich sei, weil die für das Gebiet bestehenden Bebauungspläne einen Planfeststellungsbeschluss ersetzen.

Vorhaben wird in den Gremien vorgestellt

Zunächst nur zur Kenntnis nehmen der Ausschuss für Verkehr und Mobilität, der Ausschuss für Stadtentwicklung, -planung und Bauen, die Bezirksvertretung IX und der Rat der Stadt das Vorhaben der Verwaltung, neue Gutachten für das Verkehrskonzept Werden einzuholen. Die Verwaltung wird die Daten auswerten.

Die Ergebnisse bilden vor dem Hintergrund des bestehenden Baubeschlusses die Grundlage für die dann nötige Entscheidung zum weiteren Vorgehen.

Die Stadt Essen hat nun eine rechtliche und schalltechnische Beratung in Auftrag gegeben. Für die gerichtsfeste Abwägung aller Belange sei eine aktuelle Datengrundlage unerlässlich. Hierfür müsse die veraltete Verkehrsuntersuchung aus 2010 ersetzt werden. Zudem soll ein Umweltgutachten erfolgen.

Das sagen die Bezirkspolitiker zu den Verwaltungsplänen

Herbert Schermuly (CDU) wie auch Ludger Hicking-Göbels (Grüne) sind Mitglieder der zuständigen Bezirksvertretung IX und schon alte Hasen in Sachen Verkehrskonzept. Beide kennen als Werdener zudem die Probleme sehr genau und sehen auf dem Wege eines Planfestellungs- oder Bebauungsplanverfahrens noch weitere – unnötige – Zeit ins Land gehen. Schermuly: „Es gibt andere Möglichkeiten der Verkehrsfluss-Regelung, etwa über Tempobeschränkungen zu bestimmten Tageszeiten.“ Auch setze er weiter auf die Fertigstellung der A 44 zwischen Velbert und Ratingen, „die Verkehr abziehen wird“.

Ludger Hicking-Göbels wünscht sich eine schnelle Umsetzung der vom Rat beschlossenen Radtrasse entlang der B 224 – vom S-Bahnhof Werden bis zur Velberter Stadtgrenze. Für ihn liege es nahe, die Nutzung von Verkehrsflächen neu zu denken. „Vergrößern können wir den Platz nicht, aber intelligenter als bisher aufteilen.“ Das 2017 nach langen Jahren der Diskussion beschlossene Verkehrskonzept sei heute nicht mehr zeitgemäß, es trage noch den Gedanken einer autogerecht gestalteten Stadt in sich.

Stadt rechnet mit Widerständen aus der Bürgerschaft

Positiv überrascht ist BV-Mitglied Benjamin Brenk (SPD), dass das Thema Verkehrskonzept überhaupt wieder aufkommt und neu bewertet werde. „Wir haben lange genug gerungen darum, dann sollte es auch rechtlich sauber sein.“ Was letztlich noch Bestand habe und der Umsetzung lohne, werde sich dann zeigen.

Und die Stadt selbst? „Aufgrund der erheblichen Widerstände in Teilen der Bevölkerung von Werden ist davon auszugehen, dass weiter gegen das Verkehrskonzept vorgegangen bzw. geklagt werden wird, was die Verfahrensdauer dann nochmals erheblich verlängern wird“, teilt die Stadt abschließend mit.