Essen-Werden. . Die Abteistraße ist seit ihrem Bau in den 1960er-Jahren stetig in der Diskussion. Dabei ist Werden seit dem Mittelalter wichtige Transit-Achse.
Keine Straße hat Werden in der jüngeren Vergangenheit gleichermaßen geprägt und gespalten wie die Abteistraße: Obwohl sie gerade einmal 250 Meter kurz ist, treibt die erst Mitte der 1960er-Jahre erbaute Verbindung Stadtplaner, Politiker und vor allem Bürger um. „Die Abteistraße sollte schon damals die Brückstraße entlasten. Vor allem an den Wochenenden, wenn alle Familien ihre Ausflüge ins Ruhrtal machten, staute sich der Verkehr bis nach Heidhausen“, erinnert sich Heinz-Josef Bresser vom Heimat- und Geschichtsverein Werden.
Der Beschluss zum Bau der Abteistraße in den Wirtschaftswunderjahren war gleichermaßen das Ende einer riesigen grünen Lunge inmitten des Stadtteils: „Bis 1803 befand sich dort der alte abteiliche Garten mit historischen Baumbeständen, die im Krieg zerstört wurden. Später nutzten die Anwohner der Brückstraße den rückwärtigen Grünstreifen zum Anbau von Obst und Gemüse“, erinnert sich Heinz-Josef Bresser.
Umfangreiche Fotosammlung zeigt den Wandel
Mit dem Bau der zweispurigen Straße siedelten sich auch die Geschäftsleute an, darunter etwa Rainer Lorenz, der 1968 seine Drogerie an der Abteistraße eröffnete. Später konzentrierten sich der 69-Jährige und seine Frau auf die Fotografie, betreiben bis heute ihr kleines Studio an der Abteistraße 18.
Die Abteistraße in Werden
„Anfangs war es hier ganz gemütlich – und mit dem Verkehr von heute natürlich überhaupt nicht zu vergleichen. Da gab es noch gut gehende Kneipen und einige spezialisierte Fachgeschäfte, die mittlerweile Geschichte sind“, sagt Lorenz. Viele historische Postkarten und Fotos aus seiner Sammlung belegen den Wandel der Straße seit der Nachkriegszeit: Sie zeigen etwa das historische Kolpinghaus, das samt Blumenrondell der Abteistraße weichen musste.
Verkehr war schon immer das beherrschende Thema
Beherrschendes Thema der Straße aber sei schon immer der Verkehr gewesen: Eine in den 1970er-Jahren vorgeschlagene Tunnellösung, die vom Porthofplatz bis zum Kastellgraben geführt hätte, lehnten die Geschäftsleute ab, weil sie um ihre Kunden fürchteten. „Aus heutiger Sicht wäre das wohl sinnvoll gewesen“, blickt Lorenz zurück. Ende Mai schließt der Ur-Werdener sein Geschäft, nicht nur aus Altersgründen: „Wenn der Verkehr hier bald dreispurig vorbeirauscht und die Parkstreifen wegfallen, dann sind wir weg. Ein potenzieller Nachfolger, der das Geschäft übernehmen wollte, hat sein Angebot aus diesem Grund ebenfalls zurückgezogen“, bedauert Lorenz.
Wenngleich der Historiker Heinz-Josef Bresser um die wenig schmucken Fassaden entlang der Abteistraße weiß, so sei sie doch eben eine Notwendigkeit, um das Ruhrgebiet mit dem Bergischen zu verbinden. Diese Funktion als Knotenpunkt habe Werden dabei schon zu Zeiten Liudgers eingenommen, der mit seinem Kloster um 800 auch den Grundstein für Werden legte, blickt Bresser weit zurück: „Schon damals erkannte er die guten Anbindungsmöglichkeiten zu Lande und auf dem Wasser.“
Die Bungertstraße, die von der heutigen Abteistraße abzweigt, markiere das Ende der alten Strata Coloniensis, die als wichtiger Handelsweg die Stadt Köln mit dem Hellweg verband. „Die Bungertstraße ist eine der ältesten in Werden, und wird schon 1589 erwähnt“, weiß Heinz-Josef Bresser. Er lässt sich überraschen, was das geplante Verkehrskonzept bringt: „Nur ruhig“, sagt Bresser, „wird es auf der Abteistraße wohl nie.“