Essen. Der Essener Wolfgang Maag ist fasziniert von Krupp und sammelt seit 30 Jahren alles über die Firma. Hier gibt er Einblicke in sein Privatmuseum.

Sammeln kann man vieles: Ansichtskarten, Bierkrüge, Briefmarken, Schallplatten oder Zigarrendosen. Rentner Wolfgang Maag aus Essen begeistert sich für die Krupps. „Bis auf die Villa Hügel habe ich eigentlich alles“, scherzt er. Auf zehn Quadratmetern hat er sein Privatmuseum eingerichtet, das er exklusiv für die Zeitung öffnet.

An die Anfänge, die Glanzzeiten und den Niedergang der in einst nur in Essen ansässigen Friedrich Krupp AG erinnern alle etwa 2000 Teile der Sammlung – von der Anstecknadel über Werksausweise bis zum Zigarrenabschneider. Liebevoll zusammengetragen, akribisch geordnet und in Szene gesetzt, hat sie Maag im Dachgeschoss seines Wohnhauses. Die Sammlung präsentiert der 69-Jährige in gut gefüllten Regalen und Vitrinen.

Münzen, Anstecker, Uhren, Schlösser und viele Dinge mehr, die an die Geschichte des Essener Stahlkonzerns erinnern, hat Maag hier in einer Vitrine versammelt.
Münzen, Anstecker, Uhren, Schlösser und viele Dinge mehr, die an die Geschichte des Essener Stahlkonzerns erinnern, hat Maag hier in einer Vitrine versammelt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Schon als Kind war er fasziniert von der Weltmarke

Wo der Konzern Geschichte schrieb, ist Maag aufgewachsen. „Schon als Kind wurde meine Faszination für Krupp geweckt“, berichtet er. Die Weltmarke mit den drei Ringen war damals allgegenwärtig in Altendorf und am Essener Segeroth, im Industrie- und Arbeiterviertel, auch „wilder Norden“ genannt. Dort lernte Maag Karosseriebauer und arbeitete im Betrieb seines Bruders Franz Maag.

Dieses Telefon stand in einer der Krupp-Fabriken. Hinweise auf solche Stücke kommen oft von Freunden und Bekannten.
Dieses Telefon stand in einer der Krupp-Fabriken. Hinweise auf solche Stücke kommen oft von Freunden und Bekannten. © FFS | Kerstin Kokoska

Der ist wiederum Oldtimer-Fan und kaufte vor einigen Jahren den letzten Mercedes von Alfried Krupp. Nach dessen Tod 1967 hatte zunächst Berthold Beitz das 300 SE Coupé übernommen.

Fündig wurde er durch Hinweise von Freunden und auf Trödelmärkten

So spannend wie die Objekte sind die Geschichten darüber, wie sie in die Sammlung kamen. „Es hat sich herumgesprochen, dass ich mich für alles von den Krupps interessiere“, sagt Wolfgang Maag.

Durch Hinweise von Freunden und Bekannten erwarb er eine Menge an Dingen aus und über das Unternehmen. Auf Trödelmärkten, bei Klüngelskerlen sowie über Sammlerplattformen im Internet wurde er oft fündig.

Hochzeitsgästen wurde Pommersche Entensuppe serviert

Den Stammbaum der Familie um Firmengründer Friedrich Carl Krupp (1787-1826) kennt Maag in- und auswendig und liebt Privates aus der Familie. Stolz ist er auf die Speisekarte zur Vermählung von Bertha Krupp (1886-1957) mit dem preußischen Diplomaten Gustav von Bohlen und Halbach am 15. Oktober 1906. Eine Rarität.

Eine alte Stempeluhr zeugt vom Alltag der Krupp-Arbeiter.
Eine alte Stempeluhr zeugt vom Alltag der Krupp-Arbeiter. © FFS | Kerstin Kokoska

Die Mittagstafel startete mit „Pommerscher Entensuppe“ gefolgt von „Seezungenschnitten nach Joinville“, „Hamburger Kalbsrücken mit Erbsen und Edelpilzen“. Danach wurden „Gefüllte Wachteln in Gallert“, „Rehmedaillons mit Kastanienmus“ und andere Spezialitäten gereicht. Aufgeführt in dem edlen Heft sind auch alle Weine, die den prominenten Hochzeitsgästen serviert wurden.

Notgeldscheine werden gut geschützt aufbewahrt

An die Weltwirtschaftskrise erinnern die Notgeldscheine. Als eigene Währung herausgegeben an die Mitarbeiter der Friedrich Krupp AG kamen die Scheine in Umlauf. Maag zählt vor: Zehn Millionen Mark war der Dunkelrote vom 14. August 1923 einmal wert. Heute kriegt man dafür ein paar Euro, falls die Banknote gut erhalten ist. Die Scheine bewahrt der Sammler gut geschützt und einzeln in Klarsichthüllen auf.

235 Mark in bar bekam ein Arbeiter im August 1945 am Ende des Monats für 210 Arbeitsstunden. Die Original-Lohntüte hat Maag eingerahmt. 10 Mark hatte man dem Mitarbeiter von Friedrich Krupp in Essen gleich für die Miete abgezogen, ist handschriftlich vermerkt.

Vom Fabrikalltag zeugt die mechanische Benzing-Stechuhr mit Pendel. Maag hat sie vor Jahren bei einem Uhrensammler in Oberhausen entdeckt. Nun ziert der hölzerne Apparat einen Tisch mit einem gusseisernen Unterteil. Ein Nähmaschinengestell.

Im Zweiten Weltkrieg bekam die Essener Gussstahlfabrik den düsteren Beinamen „Waffenschmiede des Deutschen Reiches.“ Fröhlich bunt hingegen sind viele der rund 800 historischen Postkarten, die Wolfgang Maag zusammengetragen hat.
Im Zweiten Weltkrieg bekam die Essener Gussstahlfabrik den düsteren Beinamen „Waffenschmiede des Deutschen Reiches.“ Fröhlich bunt hingegen sind viele der rund 800 historischen Postkarten, die Wolfgang Maag zusammengetragen hat. © FFS | Kerstin Kokoska

Krupp-Gleisteil im Wüstensand von Namibia entdeckt

Die Produktion von Eisen und Stahl war Ende des 19. Jahrhunderts der Motor der Mobilitätsrevolution. Die Eisenbahn wurde zum Massentransportmittel. Krupp schob mächtig an und profitierte. Ab 1847 wurden Achsen und Federn hergestellt.

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1852 folgte ein weltweiter Verkaufsschlager: der nahtlos geschmiedete und gewalzte Eisenbahnradreifen. Bruchsicher. Bis nach Afrika wurden Schienen verkauft. Ein Stück davon steht bei Maag. „Dieses Gleisteil von 1907 wurde in Namibia gefunden“, erklärt er. Über einen Duisburger Schienensammler landete es bei ihm. 1994 hatte es ein Mann aus Herne im Wüstensand entdeckt.

Auch über das zweite Standbein des Konzerns berichten viele Objekte. Der Zigarrenabschneider in Form einer Panzergranate ist Sinnbild der Produktion von Kriegsgeschützen. Im Zweiten Weltkrieg bekam die Essener Gussstahlfabrik den düsteren Beinamen „Waffenschmiede des Deutschen Reiches.“ Fröhlich bunt hingegen sind viele der rund 800 historischen Postkarten. Die privaten Krupp-Motive verraten: In ihrer Villa Hügel, auf den Höhen über dem Baldeneysee, thronten die Herren der drei Ringe wie Könige.