Essen. . Eckbert von Bohlen (59), Neffe des letzten Alleininhabers Alfried Krupp, ist Sprecher des Familienrates. Schon seit Gründung der Krupp-Stiftung beansprucht die Familie einen Sitz im Kuratorium.
Die Körpergröße von 1,94 Meter verleiht ihm per se ein stattliches Auftreten. Und im dunklen Nadelstreifenanzug wirkt der 59-Jährige wie ein britischer Gentleman. Doch in Wirklichkeit ist der Mann mit dem klangvollen Namen alles andere als zugeknöpft. Eckbert von Bohlen und Halbach mag die Stones lieber als die Beatles, ist frei von Dünkel und besitzt ebenso viel Charme wie Humor. Nur bei einem Thema ist er unnachgiebig – wenn es um die Krupp-Familie und die Krupp-Stiftung geht.
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„Die Familie möchte mitsprechen über die Verwendung des Vermögens, das die Familie seinerzeit in die Stiftung eingelegt hat“, bekräftigt von Bohlen. Wenn er seinen Blick vom Büro-Balkon in der siebten Etage des „Hauses der Wirtschaft“ hinüberschweifen lässt auf das Aalto-Theater und die Philharmonie vis-à-vis, fällt es ihm nicht schwer, Kruppsche Werte zu beschwören. Den Saalbau schenkte sein Urgroßvater Friedrich Alfred Krupp einst der Heimatstadt. „Und das Aalto-Theater wurde von meinem Vater mitangestoßen.“
Sonntags zu Besuch bei Onkel Alfried
Er trägt zwar nicht den Namen Krupp, aber er fühlt sich wie ein Krupp. Es gibt Familienbilder, die ihn, den Täufling, in den Armen seiner Großmutter Bertha Krupp zeigen. An „Onkel Alfried“, den 1967 verstorbenen letzten Krupp, erinnert sich Eckbert von Bohlen sehr genau: „Es war üblich, dass mein Vater ihn sonntags besuchte und mich mitnahm.“
Alfried Krupp liebte die Fotografie und hörte gerne Jazz-Schallplatten. Aber zwei gescheiterte Ehen, sechs Jahre Haft und massive Anfeindungen nach dem Krieg hatten den ohnehin Introvertierten schwer gezeichnet. „Mein Onkel“, sagt von Bohlen, „war ein sehr einsamer Mensch.“
Dass niemand aus der Familie Kuratoriumsmitglied werden durfte – war es wirklich der unerschütterliche Wille des Stifters? Berthold Beitz, Alfried Krupps Generalbevollmächtigter und später praktisch der uneingeschränkte Herrscher über die Stiftung, hat dies stets behauptet. Und der zweifelnden Krupp-Familie, die vergeblich Beweise einforderte, mehrfach die Tür zugeschlagen. Was von Bohlen besonders wurmt: Als der junge Iduna-Germania-Generaldirektor Beitz 1952 in Bredeney das Atelier des Bildhauers Jean Sprenger besuchte, war es ausgerechnet sein Vater Berthold, der Beitz mit Alfried Krupp bekanntmachte.
Während Alfried Krupp Beitz im Konzern immer mehr freie Hand ließ, stieß der Neue in der übrigen Krupp-Dynastie auf massive Vorbehalte. Diana Maria Friz, von Bohlens Cousine, beschrieb Beitz in ihrem Buch als „einen Fremdling in Familie und Revier“. Und an anderer Stelle: „Die Herrschaft der beiden wurde zur Diktatur des einen.“
Wie Berthold Beitz die Familie provozierte
Gemeint ist Berthold Beitz, der seinerseits einiges tat, um der Familie bei passenden Gelegenheiten unter die Nase zu reiben, wer nun bei Krupp das Sagen hatte. Verbürgte Zitate wie „Es gibt keine Familie Krupp mehr“ oder „Ich bin der Letzte, der den Namen Krupp hochhält“, waren nicht geeignet, die Emotionen abzukühlen. Gerne hielt Beitz den Bohlen-Geschwistern und ihren Nachfahren auch vor, dass ihnen Alfried Krupp im Wege eines vertraglichen Erbausgleichs in den 1950er Jahren schließlich jeweils elf Millionen Mark gezahlt hatte. Die damals sehr stolze Summe nutzten Alfrieds Geschwister zumeist, um eigene erfolgreiche Unternehmen aufzubauen.
Die erbittert geführte Fehde über die Familienpräsenz in der Stiftung gipfelte in einen jahrelangen Rechtsstreit, den der Bundesgerichtshof erst 2000 beenden sollte: mit einem Urteil zu Ungunsten der Familie. „Unsere Klage hat Beitz als persönlichen Affront gegen sich gesehen“, sagt von Bohlen und findet dennoch versöhnliche Worte: „Berthold Beitz hat die Krupp-Fahne stets eisern hochgehalten.“
Bald zwei Jahre nach dem Tod des Patriarchen unternehmen die Krupp-Nachfahren nun – womöglich zum letzten Mal – den Versuch, die Tür zum Kuratorium zu öffnen. Von Bohlen: „Uns geht es ja nicht darum, die Macht an uns zu reißen, sondern um ein legitimes Anliegen: einen einzigen Sitz.“
„Wir sind seriöse Unternehmer und keine Playboys oder Hallodris“
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Von Bohlen, in zweiter Ehe verheiratet mit einer Prinzessin aus dem Hause Hohenzollern-Sigmaringen und Vater von zwei Kindern, lebt schon seit Anfang der 90er Jahre in München. Aber mit Essen verbindet ihn mehr als das Büro, in dem übrigens schon sein Vater wirkte. „Ich bin in dieser Stadt aufgewachsen, habe am Helmholtz-Gymnasium Abitur gemacht und treffe hier regelmäßig meine Schulfreunde.“
Die Cousins Friedrich und Georg, Söhne seines Onkels Harald, sowie Diana Maria Friz, Tochter seiner Tante Waltraud, ziehen mit ihm am selben Strang beim Versuch, Tradition und Geist der Familie in die Krupp-Stiftung zu tragen. Eckbert und Friedrich von Bohlen, beide erfolgreiche Firmenchefs, bieten an, ihr unternehmerisches Können in die Stiftung einzubringen. „Wir sind gestandene Menschen, seriöse Unternehmer und keine Playboys oder Hallodris.“
Der letzte Krupp