Essen-Werden/Kettwig. Helmut Muschler legt mit „Werdener Not- und Inflationsgeld“ sein drittes Buch zur Heimatgeschichte vor. Das sind die interessanten Facts.
„In diesem dunkelen Gemäuer sitzt unser Bürgermeister Breuer“ ist auf dem Geldschein von 1923 mit dem Nennwert 1.000.000 Mark zu lesen. In der Mitte prangt das Bildnis der Abtei Werden, die zu diesem Zeitpunkt als Zuchthaus genutzt wurde.
„Während der Ruhrbesetzung der Franzosen ab 1923 wurden auch in Werden einige Honoratioren eingekerkert, um die Reparationsforderungen der Siegermächte des Ersten Weltkriegs durchzusetzen“, klärt Helmut Muschler auf. Der Werdener hat in seinem neuen Buch „Werdener Not- und Inflationsgeld“ diese und andere bemerkenswerte Geldscheine abgebildet und erklärt.
Das dritte Heimatbuch über Werden-Land
Nach dem Erscheinen der zwei Heimatbücher über den Werdener Luzius- und den Heskämpchenfriedhof, hat sich Autor Helmut Muschler seinem Lieblingsthema gewidmet: Denn Notgeld ist schon seit fünf Jahrzehnten sein Hobby. „1969 habe ich mir die ersten Notgeldscheine zuschicken lassen.“ Seither sammelt er diese Währungen, die vor allem zu Kriegs- und Nachkriegszeiten üblich waren. Weil das Horten von Silbermünzen und der Metallbedarf der Kriegsindustrie zu Kleingeldmangel führten, griffen Staatsbanken, Städte, Gemeinden, Kreise und Privatfirmen zu einem Trick: Sie deckten den Bedarf mit eigener Währung, Die Nennwerte überschritten dabei aufgrund der galoppierenden Inflation häufig die Millionen-Grenze.
42 Milliarden Mark für ein Kilo Brot
Die besten Notgeld-Beispiele aus Werden-Land hat Muschler zusammengetragen. Und das Ganze mit heimatgeschichtlichen Details ergänzt. „42 Milliarden Mark musste für ein Kilo Brot gezahlt werden. Auch die Werdener und Heidhauser Bürger- und Geschäftsleute haben unter diesen Verhältnissen gelitten“, sagt Muschler, der auch andere Notschein-Sammler animieren konnte, ihre Exemplare für eine Buchveröffentlichung abdrucken zu lassen.
So finden sich als Bereicherung und Ergänzung das Not- und Inflationsgeld der bis zur Säkularisierung im Jahr 1803 zur Abtei Werden gehörenden Stadt Kettwig. Zusätzlich wurde auch Kruppsches Notgeld und das der Stadt Essen mit in das Buch eingebunden.
In den 20er Jahren grafisch ansprechende Gestaltungen
Während viele frühe Notgeldscheine in den 1910er Jahren sehr einfach gestaltet oder gar handgeschrieben und gestempelt waren, wurden in den 20er Jahren grafisch ansprechende Gestaltungen vorgenommen. Gleichzeitig begann auch das Sammeln von Notgeldscheinen in Deutschland zu einem beliebten Hobby zu werden.
Schon damals gab es etwa 15.000 Sammler, die die Stadtverwaltungen mit Anfragen nach deren Notgeld überhäuften. Alle Scheine in Nennwerten von 1 bis 100 Mark werden Großnotgeldscheine genannt.
Für den Verkauf an Sammler bestimmt
Da das Interesse an den bunten Kleingeldscheinen bei den Sammlern sehr groß war, wurden verstärkt ab dem Frühjahr 1921 von vielen Städten bis hin zu Vereinen eine Vielzahl von Kleingeldscheinen in Auftrag gegeben, die allerdings nicht mehr für den Zahlungsverkehr, sondern ausschließlich für den Verkauf an Sammler bestimmt waren. Da diese Scheine in Serien angeboten wurden, bezeichnet man sie auch als Serienscheine oder Bildernotgeld. „Diese Serienscheine sind also streng genommen gar kein Notgeld, auch wenn Notgeld draufsteht“, sagt Helmut Muschler mit einem Augenzwinkern.
Sponsoren sind Sparkasse und Bürger- & Heimatverein
Der Druck des Notgeld-Buches von Helmut Muschler wurde mit Unterstützung der Sparkasse Essen finanziert. 500 Euro übergab Petra Bender, Filialleiterin in Werden, an den Werdener Bürger- und Heimatverein. Der Verein kümmert sich um Druck und Vertrieb des Werkes.
Leser, die dieses interessante Nostalgie- und Erinnerungsbuch über das Werdener, Kettwiger, Kruppsche und Essener Notgeld erwerben möchten, können es Ende des Monats in den Händen halten.
Dazu bitte bei melden bei Autor Helmut Muschler, Telefon und Fax 0201/49 13 69, helmut.muschler@gmx.de, oder im Friseursalon die Preis-Schneider, 45239 Essen-Werden, Heckstraße 32, Telefon 0201/49 10 23. Das Buch kostet 26 Euro.
Dass es aktuell auch eine Art „zweite Währung“ in Werden gibt, erwähnt Muschler am Ende seines Buches. Es handelt sich um den sogenannten „Werdentaler“. Es sind vom Werdener Friseursalon Hartmann herausgegebene Dienstleistungs-Gutscheine, die gegen Ware und/oder Euro eingewechselt werden können. Der Tauschwert eines Werdentalers entspricht einem Euro.
„Werden braucht sein eigenes Geld“
„Hans Hartmann, der Gründer des Friseursalons in der Heckstraße 32 war ein großer Verfechter der Eigenständigkeit seines Heimatortes Werden“, erläutert Muschler. „Von ihm ist überliefert, dass er fast seine gesamten Ersparnisse durch die Hyperinflation in den 1920er-Jahren verloren hatte.“ In dieser schweren Zeit müsse Hans Hartmann über eine werthaltige Währung für Werden nachgedacht haben, denn in seinen Tagebuch Aufzeichnungen fand sich der markante Satz: „Werden braucht sein eigenes Geld.“