Essen. In Essen fehlen Gesamtschulen. Die anderen Schulen quillen über. Was muss jetzt passieren? Wichtige Fragen und Antworten zum Thema.

Nach den Anmeldungen an den weiterführenden Schulen in Essen fürs kommende Schuljahr werden jetzt jene Kinder umverteilt, die von ihren Wunsch-Schulen abgewiesen wurden. Allein an den sieben Essener Gesamtschulen fehlen – wie berichtet – stadtweit rund 200 Plätze. Aber auch Realschulen und Gymnasien „verzeichnen vereinzelt eine Erschöpfung der Aufnahmekapazität, sodass leider einige Ablehnungen ausgesprochen werden müssen“, teilt die Schulverwaltung der Stadt Essen mit.

Wie geht es jetzt weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Wie viele Viertklässler wurden angemeldet?

Knapp 4800. Wie in jedem Jahr ist die beliebteste Schulform nach der Grundschule das Gymnasium – mehr als 45 Prozent der Viertklässler in Essen wechseln dorthin. Schulen, die mehr Anmeldungen als freie Plätze haben, müssen vereinzelte Kandidaten abweisen. Diese Schulen, teilt die Stadt mit, setzen sich bis Mittwoch, 26. Februar, mit den Eltern in Verbindung, um eine Lösung zu finden. „Dabei“, versichert die Stadt, „wird jedem Kind ein Platz an einer Schule der gewünschten Schulform des gegliederten Systems angeboten werden können.“

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Heißt: Wer beispielsweise auf eine Realschule möchte, bekommt auch an einer Realschule einen Platz – womöglich nur nicht an der gewünschten Schule. Mit „gegliedertem System“ meint die Stadt lediglich Haupt-, Realschulen und Gymnasien. Was in diesem Zusammenhang bedeutet: Wer zu einer Essener Gesamtschule will, bekommt dort nicht unbedingt einen Platz, sondern muss im Zweifel auf Haupt-, Realschule oder Gymnasium ausweichen.

Wie sind die aktuellen Zahlen bei den Gesamtschulen?

Die Gesamtschulen in Essen sind sehr unterschiedlich nachgefragt. Sehr beliebt ist zum Beispiel die Gesamtschule Borbeck. Sie bekam Anfang Februar 220 Anmeldungen, kann aber nur 107 Schüler aufnehmen. An der Frida-Levy-Gesamtschule haben sich auch 220 Kinder angemeldet, doch die Schule hat nur Platz für 158 Kinder. Umgekehrte Fälle gibt es auch: Die Gesamtschule Nord (Vogelheim) registrierte 90 Anmeldungen; nach den internen Umverteilungen hat sie jetzt im kommenden Schuljahr 129 Fünftklässler. Ähnlich geht es jedes Jahr der Bockmühle (Altendorf): 141 gaben die Schule als Erstwunsch an, im Sommer werden dort 201 Kinder starten. „Es ist dauerhaft nicht sonderlich motivierend“, sagt Wolfgang Erdmann, der Leiter der Gesamtschule Nord, „wenn Ihre Schülerschaft mehrheitlich aus Schülern besteht, die Sie zugewiesen bekommen haben und nicht von vornherein kommen wollte.“ Demotivierend für beide Seiten, übrigens – Lehrer und Schüler. Sage und schreibe 134 Kinder abweisen musste übrigens die Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Schonnebeck: Im Herbst 2020 bezieht die Schule ihren Neubau. Der hat schon jetzt eine gewisse Strahlkraft entwickelt.

Wie will die Stadt die fehlenden Plätze schaffen?

Es laufen so viele Neubau-Projekte wie noch nie. Wie erwähnt: Die Gustav-Heinemann-Gesamtschule erhält einen kompletten Neubau. In Altenessen-Süd an der Erbslöhstraße soll bis Ende 2025 eine ganz neue Gesamtschule entstehen. Die Bockmühle in Altendorf soll neu errichtet werden, dabei aber von acht Zügen (=Klassen pro Jahrgang) auf sechs Züge schrumpfen. Der schrittweise Neubau der Bockmühle wird nach aktuellem Stand etwa 86 Millionen Euro kosten und soll im Dezember 2028 abgeschlossen sein.

Weiter strebt die Stadt den Neubau einer weiteren, neuen Real- und Gesamtschule an. Wo die entstehen sollen und wann sie fertig sein können, ist derzeit völlig offen. Auch Grundschulen werden derzeit massiv erweitert; allein vier Standorte sollen im Jahr 2022 bezugsfertige Erweiterungsbauten erhalten haben (Frintrop, Rüttenscheider Sternschule, Rüttenscheider Andreasschule, Kettwig).

Wie entwickeln sich die Schülerzahlen?

Auch der Platz in Grundschulen reicht nicht. Die Zahl fehlender Plätze erreicht im Schuljahr 2022/23 ihren Höhepunkt: Dann fehlen Räume für mehr als 20 erste Klassen. Das sind, wenn man 25 Kinder pro Klasse rechnet, mehr als 500 i-Dötzchen. Diese Welle flacht danach aber ab. Entsprechend muss der Schulraum angepasst werden – mit Gebäuden, die nach der Welle auch wieder abgebaut werden könnten.

Was ist baulich die Lösung?

Seit Jahren arbeitet die Stadt nicht nur mit Containern, die übergangsweise auf Schulhöfe gestellt werden, sondern auch mit so genannten „Modulbauten“. Sie sehen aus wie massive Gebäude, bestehen aber aus Fertigteilen und können schnell sowohl errichtet als auch wieder abgebaut werden. Zahlreiche Schulen in Essen haben bereits solche Modulbauten.

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Was – außer steigenden Schülerzahlen – sorgt noch für größeren Platzbedarf der Schulen?

Das sind vor allem politische Entscheidungen – zum Beispiel die Rückkehr zu „G9“, also einer verlängerten Schulzeit, an den Gymnasien. Mehr Räume werden auch nötig durch die so genannte „Inklusion“, also den Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderungen in einer Klasse. Schüler mit besonderem Förderbedarf müssen zwischendurch in Extra-Räumen unterrichtet werden können. Sehr groß ist der räumliche Bedarf, der durch den Offenen Ganztag an den Grundschulen entsteht. Auch hier wächst das Angebot, obwohl die meisten Grundschulen auf einen Ganztagsbetrieb räumlich kaum ausgelegt sind.

Nicht ganz so entscheidend, aber auch ein Problem: Viele Räume an Grund- oder weiterführenden Schulen sind nicht mehr nutzbar, weil sie schimmelbelastet oder aus anderen Gründen gesperrt sind. Es gibt Schulen, die müssen auf ganze Flure oder Dachböden verzichten, die perfekt für AG-Räume oder Betreuung nutzbar wären. Das liegt am fortgeschrittenen Alter der Schulgebäude, und das liegt an der Tatsache, dass viele Schulen in Essen über Jahrzehnte nicht ausreichend instandgehalten wurden.