Essen investiert in den kommenden Jahren in nie gekannter Höhe in Schul-Neubauten und -Erweiterungen. Was die Schulplanung so kompliziert macht.

Die Stadt Essen wird in den kommenden Jahren massiv in neue Schulgebäude und Erweiterungen in bestehende Häuser investieren. Jeweils zwei neue Real- und Gesamtschulen werden nötig, auch mehrere neue Grundschulen. Mehrere hundert Millionen Euro werden stadtweit ausgegeben. Das plant die Schulverwaltung.

Die Kommune ist zu diesem beispiellosen Investitionsschub gezwungen, weil absehbar noch mehr Plätze an Schulen fehlen werden als schon jetzt. Allein an den Grundschulen werden in zweieinhalb Jahren zusätzlich Plätze für rund 500 Erstklässler gebraucht. Das geht aus aktuellen Berechnungen für die Schulentwicklungsplanung hervor.grundschul-anmeldungen in essen- wo es besonders eng wird

Schuldezernent Muchtar Al Ghusain nannte gegenüber unserer Redaktion jetzt erstmals konkrete Daten: Die neu zu bauende Gesamtschule in Altenessen-Süd an der Erbslöhstraße soll Ende 2025 fertig sein. Das Gymnasium Nord-Ost, für dessen Neubau bereits ein Architekturwettbewerb entschieden ist, soll Ende 2023 in neue Räume ziehen können. Die marode Gesamtschule Bockmühle in Altendorf wird bis Ende 2028 neu errichtet, und im kommenden Jahr sollen eine neue Grundschule in Haarzopf (Hatzper Straße) fertig sowie die aufwendigen Sanierungsarbeiten am Nixdorf-Berufskolleg (Frohnhausen) abgeschlossen sein.

Erweiterungsarbeitenan Grundschulen beginnen im Frühjahr

Kurz vor der Vollendung steht der Neubau der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Schonnebeck, der 2022 bezogen werden soll. Die lange angekündigten Arbeiten fürErweiterungsbauten an vier Grundschulstandorten (Rüttenscheid, Kupferdreh) beginnen im Frühjahr, kündigte Al Ghusain an, und in Kürze wird ein drittes Erweiterungsprogramm der Stadt ausloten, welche Schulstandorte noch vergrößert werden können mit Containern auf den Schulhöfen und so genannten „Modulbauten“. Das sind massive Baukörper, die vergleichsweise schnell zu errichten sind, aber auch wieder kurzfristig abgebaut werden können. Sie sind längst an vielen Schulstandorten im Einsatz. Al Ghusain: „Wir brauchen eine Architektur, die sich den Schülerzahlen anpasst.“ Das sei mit herkömmlichen, auf Jahrzehnte angelegten Massivbauten kaum zu bewerkstelligen.

Fehlende Plätze: Spitzenwert ist 2022 erreicht

Den Höhepunkt an fehlenden Plätzen für Erstklässler wird die Stadt Essen laut aktueller Prognosen im Schuljahr 2022/23 erreicht haben - das ist in zweieinhalb Jahren: Dann fehlt Platz für 20,6 Eingangsklassen. Das sind, wenn man 25 Kinder pro Klasse rechnet, mehr als 500 i-Dötzchen.

Diese Welle flacht aber in den darauf folgenden Jahren ab – entsprechend muss man die zusätzlich nötigen Plätze jetzt so errichten, dass in Zukunft keine leeren Schulen in Essen stehen, sondern der Schulraum angepasst werden kann. „Wir brauchen“, sagt Schuldezernent Muchtar Al Ghusain, „eine atmende Architektur.“

Doch nicht nur Erweiterungen, sondern auch neue Schulen müssten errichtet werden – mindestens eine weitere Gesamtschule über den Neubau Erbslöhstraße hinaus, außerdem zwei Realschulen. Diese beiden Schulformen verzeichneten kontinuierlich eine höhere Nachfrage, als es freie Plätze gibt.

Muchtar Al Ghusain, Dezernent für Bildung, Kultur und Jugend.
Muchtar Al Ghusain, Dezernent für Bildung, Kultur und Jugend. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

So gibt es für das kommende Schuljahr bei den Gesamtschulen wieder stadtweit einen Anmeldungsüberhang von knapp 200 Schülern. Wo die neuen Schulen entstehen sollen, ist noch vollkommen offen. Al Ghusain: „Wir suchen Grundstücke.“

Warum muss die Stadt jetzt neue Schulräume errichten, obwohl erst 2013 die Walter-Pleitgen-Grundschule in Frintrop schloss, obwohl 2016 die Realschule Kettwig ihre Eigenständigkeit verlor (um sie im kommenden Sommer wiederzuerlangen), und obwohl 2018 die letzten Abiturienten die Gesamtschule Süd (Stadtwald) verließen?

Unsichere Faktoren der Schulplanung

Zu den Faktoren, die alte Pläne obsolet machen, zählt etwa die Migration, die Entstehung neuer Siedlungen mit Zuzügen, aber auch die Unwägbarkeiten der Schulpolitik. „Wenn zulässige Klassengrößen festgelegt werden, die Inklusion verordnet wird, für die man weitere Räume braucht, oder die Eltern einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an der Grundschule erhalten, verändert das die Erfordernisse der Planung.“