Essen. Spätestens in acht Jahren fehlen an den 20 Essener Gymnasien viele Räume. Die Rückkehr zu G9 steht vielerorts fest – trotz fehlender Vorgaben.
Auf die 20 Essener Gymnasien kommen nach der Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren („G9“) erhebliche Platzprobleme in einigen Jahren zu. Das befürchten die Schulleiter.
Die weiterführenden Schulen werben derzeit mit Tagen der Offenen Tür um die jetzigen Viertklässler, denn im Frühjahr (siehe Info-Kasten) stehen die Anmeldetermine an. An den Gymnasien ist die Lage für viele Eltern unübersichtlich: Denn obwohl die meisten Schulen zumindest informell davon ausgehen, ab 2019 wieder zum Abi nach neun Jahren zurückzukehren, fehlen derzeit alle wichtigen, offiziellen Vorgaben.
Auf Unklarheiten stellen sich die Beteiligten ein
„Bei den Eltern ist die Rückkehr zu G9 eins der zentralen Themen“, berichtet Berthold Urch, Sprecher der Gymnasialdirektoren und Leiter der Alfred-Krupp-Schule in Frohnhausen. Auch in seiner Schule sei die Entscheidung über G8 oder G9 noch nicht offiziell gefallen, „doch ich rechne mit einer Rückkehr, und das deute ich den Eltern auch an.“
Klar ist allen Beteiligten, dass eine Rückkehr zu erheblichem Aufwand und Unklarheiten führen wird: „An den Lehrplänen wird in Düsseldorf derzeit gearbeitet“, berichtet Urch. „Doch das wird erst die Kernfächer betreffen. Wie es mit manchen Nebenfächern aussieht, wird wohl bis zum Start des Schuljahres 2019/20 unklar bleiben. Damit müssen wir rechnen.“
Raumnot droht spätestens im Jahr 2026
Zu rechnen ist auch schon jetzt mit einer akuten Raumnot, die spätestens im Jahr 2026 auftaucht – dann, wenn der erste G9er-Jahrgang die neue Jahrgangsstufe 13 bildet. Ein Jahrgang, den es seit Einführung des Turbo-Abiturs im Jahr 2005 nicht mehr gibt – und für den nirgendwo mehr Räume existieren: „Es ist nicht so, dass irgendwo etwas leersteht und Gymnasien Räume übrighaben“, sagt Urch. „Es wurden in den vergangenen Jahren Fachräume, Übermittagsbereiche oder Selbstlernzentren eingerichtet.“ Die städtische Bauverwaltung müsse bereits jetzt damit anfangen, umfangreiche Erweiterungspläne für die Gymnasien aufzustellen. „Ganz abgesehen von einem schlagartigen Lehrer-Mangel, der dann entsteht, und bei dem das Land schon heute gegensteuern muss.“
Unterdessen ist es noch nicht ganz ausgemacht, dass alle Gymnasien zurückkehren zum Abitur nach 13 Jahren. Als Kandidat, der sich diese Frage am weitesten offengelassen hat, gilt das Gymnasium Überruhr – obwohl für die Beibehaltung von G8 mehr als eine Zweidrittel-Mehrheit in der Schulkonferenz nötig ist. Die Schulkonferenz besteht aus Lehrern, Eltern und Schülern.
Gymnasium Überruhr ist noch unentschieden
„Wir diskutieren diese Frage sehr kritisch“, sagt Gabriele von Heymann, die Leiterin der Schule. „Eine endgültige Entscheidung fällen wir erst im Januar.“ Das ist zwar woanders auch so, doch im Gegensatz zu anderen Gymnasien, die sich mehr oder weniger auf G9 festgelegt haben, ist man in Überruhr bislang unentschieden: „Wir haben wegen der Einführung des Turbo-Abiturs viele Maßnahmen getroffen, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden.“ Dazu zählte die Einrichtung des Ganztagsbetriebs im Jahr 2010 und zuletzt die Einführung der so genannten „Dalton“-Pädagogik im Schuljahr 2016/17. Sie ermöglicht den Schülern, in vielen Stunden selbst über Lerninhalte entscheiden zu können, die dann in Stillarbeit erledigt werden sollen.
Eine weitere, organisatorische Hürde stellt sich den Gymnasien, die zum Abitur nach neun Jahren zurückkehren: Wenn Schüler aus dem jetzigen Jahrgang sechs, also dem letzten „G8“-Jahrgang, sitzenbleiben, dann bleiben sie faktisch zwei Jahre länger an der Schule – denn sie rutschen in den ersten Jahrgang, der das Abi ohnehin erst nach 13 Jahren absolvieren wird. „Doch das“, betont Schulformsprecher Berthold Urch, „sind die Details, mit denen sich noch niemand beschäftigt hat.“ Als Praktiker sei man es gewohnt, „Dinge, die nicht zu Ende gedacht wurden, im Alltag umzusetzen.“
Noch haben nicht alle weiterführenden Schulen ihre Tage der Offenen Tür absolviert. Im Januar 2019 stehen noch einige Termine an. Eine Übersicht finden Sie hier.