Schonnebeck. . Warum der neue Leiter der Gustav-Heinemann-Gesamtschule sich auf den Umzug freut. Und warum er vom Prinzip Gesamtschule felsenfest überzeugt ist.
Lukas Rüenauver (48) war als Schüler auf einem altsprachlichen Gymnasium im katholischen Paderborn, stammt aus einem bildungsbürgerlichen Haushalt (Vater Architekt, Mutter Lehrerin) – doch obwohl er selbst ganz anders geprägt wurde, ist er vom Prinzip Gesamtschule felsenfest überzeugt: „Zu uns kommen jedes Jahr rund 170 neue Fünftklässler. Zehn bis zwölf haben eine Gymnasial-Empfehlung. Und wir entlassen jedes Jahr 80 Abiturienten.“
Noch Fragen?
Rüenauver kann auch andersherum argumentieren, die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: „Ein Drittel der Fünftklässler, die zu uns kommen, haben eine Hauptschul-Empfehlung“, sagt er. „Aber nur zehn Prozent des Zehner-Jahrgangs verlässt unsere Schule jedes Jahr mit dem Hauptschul-Abschluss.“
Das heißt: Die Gesamtschule könne viele Kinder besser fördern als andere Schulen. Die Gesamtschule erkenne das Potenzial, das in den Jugendlichen steckt. „Wir produzieren hier Bildungsgewinner“, sagt Rüenauver.
„Schule ist toll, Lernen ist toll“
Er unterrichtet Erdkunde und Sport, war vorher an der Gesamtschule Holsterhausen und hat einige Jahre in leitender Funktion am Studienseminar verbracht. Dass er Lehrer werden wollte, war ihm früh klar: „Schule ist toll, Lernen ist toll. Das gilt es, zu vermitteln.“
Vor zweieinhalb Jahren kam er als Vize-Chef zur Heinemann-Gesamtschule, „und ich war überrascht, wie höflich und entspannt es hier zugeht.“ Das gelte für Schüler, Eltern und Kollegen gleichermaßen. Seit dem Start dieses Schuljahrs hat er die Nachfolge von Burkhard Engels angetreten, der in den Ruhestand ging.
Seiteneinsteiger, Inklusion, Lehrermangel – Rüenauver hat nicht nur die üblichen Baustellen übernommen, mit denen alle Pädagogen zu kämpfen haben. Er hat noch eine andere Baustelle, im wahrsten Sinne des Wortes, er geht täglich dran vorbei: „Da liegen 25.000 Tonnen asbesthaltiger Boden, das ist kein gutes Gefühl. Ich verstehe die Sorgen aller Beteiligten.“
Altlasten-Affäre, die Millionen kosten wird
Der Neubau der Gustav-Heinemann-Gesamtschule hat sich zu einer echten Altlasten-Affäre entwickelt, als klar wurde, dass der Aushub, der für das neue Gebäude erforderlich wurde, nicht einfach so entsorgt werden kann. Erst hieß es: 500, dann 5000, jetzt 25.000 Tonnen, teilweise asbesthaltig. Der Abtransport wird mehr als zwölf Millionen Euro kosten. Es drohen Gerichtsverfahren, und dass der Neubau nicht, wie lange geplant, im Sommer 2020 bezogen werden kann, ist längst klar. Die Stadt geht derzeit vom November 2020 aus.
Trotzdem: „Das neue Gebäude ist großartig, es ist gebaute Wertschätzung für alle“, sagt Rüenauver. „Und das sage ich nicht, weil mein Vater selbst Schulen gebaut hat. Sondern ich sage das als Pädagoge, der weiß, dass Schüler und Lehrer einen Großteil ihrer Zeit in einer Schule verbringen. Schulen sind nicht einfach Gebäude, sondern Lebensräume.“ Wie viele Beteiligte in die Planung einbezogen wurden, das hat Rüenauver beeindruckt. „Es besteht hier die echte Chance, eine neue Erfolgsgeschichte für diesen Stadtteil zu schreiben.“ Rüenauver will mit seinem Team dazu beitragen – wobei er den Generationenwechsel im Lehrerzimmer, der sich derzeit vollzieht, auch als große Aufgabe betrachtet: „Binnen zehn Jahren ist das halbe Kollegium erneuert, wir sind gerade mittendrin in diesem Prozess – es gilt, das Bewährte der erfahrenen Kollegen zu verknüpfen mit den neuen Impulsen der jungen Lehrer.“
Das ist, wie der ganze Job, für Rüenauver „mehr als ein Beruf, es ist Berufung.“