Essen. . Ex-Karstadtchef Thomas Middelhoff soll ins Gefängnis. Das Landgericht Essen verurteilte ihn zu drei Jahren Gefängnis wegen Untreue in 27 Fällen und Steuerhinterziehung. Middelhoff wurde noch im Saal verhaftet. Der ehemalige Top-Manager bleibt zumindest über das Wochenende in Haft.

Er zeigt Haltung. Thomas Middelhoff, der einstige Top-Manager mit Wohnsitz im südfranzösischen St. Tropez, hört aufmerksam zu, als Richter Jörg Schmitt ihm das Urteil der XV. Essener Strafkammer erläutert. Es ist das Urteil, das den 61-Jährigen auf eine Stelle mit Betrügern, Dieben und anderen Straftätern stellt. Drei Jahre soll Middelhoff ins Gefängnis, entschied das Gericht am Freitag und warf „Big T.“ 27 Fälle der Untreue und eine Steuerhinterziehung vor.

Nach dem deutlichen Urteil eine Überraschung: Middelhoff wird noch im Saal verhaftet: Das Gericht sehe derzeit Fluchtgefahr bei dem früheren Top-Manager, begründete Richter Schmitt die Entscheidung. Die Ehefrau des 61-Jährigen wirkte geschockt, ihr kamen die Tränen. Auch Middelhoff selbst zeigte da erstmals Regung.

Anschließend beriet das Gericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ob der Haftbefehl womöglich wieder außer Vollzug gesetzt wird. Middelhoff bleibt jedoch zumindest über das Wochenende in Untersuchungshaft. Ein weiterer Haftprüfungstermin soll in der kommenden Woche stattfinden. Wann genau, ist aber unklar.

Gespielte Zuversicht vor dem Urteil

Fast eine Stunde vor der Urteilsverkündung ließ sich der frühere Chef des Essener Karstadt-Quelle-, später Arcandorkonzerns von seinem Fahrer im Audi A 8 zum Landgericht Essen bringen. Er setzte sich in die Kantine, lächelte freundlich in die Kameras der Journalisten, erkundigte sich bei dem ein oder anderen, wie es dessen Familie gehe. Seine eigene wartete in der Schlange mit anderen Interessierten vor der Zuhörertür.

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Middelhoffs gespielte Zuversicht fand um 9.18 Uhr ein jähes Ende. Unzweideutig machte die Kammer klar, dass der Angeklagte den Karstadtkonzern in 27 Fällen finanziell geschädigt hatte, als er private Flüge mit Chartermaschinen und Hubschraubern zu Lasten des Unternehmens abrechnete.

Jörg Schmitt fand nach 36 Prozesstages zwar Worte des Mitleids für Middelhoff, der von Gläubigern während der Prozesspausen mit Taschenpfändungen überzogen worden war. „Er sollte die Pausen nutzen, um einen klaren Kopf zu bekommen und nicht, um den Gerichtsvollzieher treffen zu müssen“, sagte der Richter.

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Aber damit endete das richterliche Mitgefühl schon. Er habe in seinem Berufsleben selten einen Prozess erlebt, „in dem die Einlassung des Angeklagten so oft wechselte und voller Widersprüche war“. Schmitt erinnerte daran, dass Middelhoff zu Beginn des Prozesses erzählte, für Karstadt hätte er ein Millionen-Einkommen bei einer Londoner Firma aufgegeben. Nachher sei herausgekommen, dass er dafür mit 30 Millionen Euro entschädigt worden war.

Schmitt sprach das letzte Wort des Angeklagten an, dass dieser sich „in seiner Ehre verletzt fühle“. Schmitt: „Ehre ist zumindest wortverwandt mit Ehrlichkeit. Leider sind Sie an entscheidenden Stellen in diesem Prozess nicht ehrlich gewesen.“

Über die Insolvenz des Arcandorkonzerns habe das Gericht nicht zu befinden, sagte Schmitt eingangs. Die Insolvenz „hat für uns keine Rolle gespielt“. Allerdings wisse das Gericht natürlich, dass ohne die Insolvenz es nie zu diesem Strafprozess gekommen wäre. „Wenn Arcandor gerettet worden wäre, wäre es keinen Aufsichtsrat aufgefallen. So aber ist die Anklage dem Umstand geschuldet, dass es im positiven Sinne einen Erbsen zählenden Insolvenzverwalter gab.“