Essen. Cornelie Middelhoff hat ihrem Ehemann vor dem Landgericht Essen den Rücken gestärkt. Flüge per Hubschrauber nach Essen und mit dem Privatjet nach St. Tropez des Ex-Karstadt-Chefs seien auch beruflicher Natur gewesen. “Die Herren haben immer über Geschäftliches geredet.“
Auf seine Ehefrau Cornelie kann sich Ex-Arcandorchef Thomas Middelhoff verlassen. Auf seinen Antrag hin sagte sie am Mittwoch im Untreue-Prozess vor dem Landgericht Essen aus und bestätigte seine bisherigen Aussagen. „Er hat immer gearbeitet. Immer, immer“, betonte sie.
Im Strafprozess gegen den 61-Jährigen geht es um Kosten in Höhe von 1,1 Millionen Euro für private Flugreisen und eine Festschrift, die Middelhoff zu Unrecht als dienstlich veranlasst dem Unternehmen angelastet haben soll. Doch private Flugreisen gab es für ihn eigentlich gar nicht, weil er „auch im Flugzeug immer gearbeitet“ hat, sagte Cornelie Middelhoff, die als Wohnort St. Tropez und als Beruf Hausfrau angibt. Selbst bei den Vorstandswochenenden in Middelhofs Villa in St. Tropez („Powershopping, Faulenzen, Tanzen in fetziger Kleidung“) „hätten die Herren immer über Geschäftliches geredet“.
Richter signalisiert Haltung gegenüber Flügen
Kurzfristig hatte die XV. Essener Strafkammer am Dienstag die Ehefrau des Angeklagten geladen. In dem seit Mai laufenden Verfahren ist das Gericht mit der Beweisaufnahme fertig, seit mehreren Tagen geht es hauptsächlich um Beweisanträge der Verteidigung. Middelhoff kann dabei einen ersten Erfolg verbuchen. Richter Jörg Schmitt signalisierte bereits, dass die Kammer ihn nicht für private Flüge verurteilen werde, wenn die Reise in irgendeiner Weise mit einem Termin für Karstadt verbunden war.
Um die Arbeitsbelastung ihres Mannes zu verdeutlichen, kommt Cornelie Middelhoff nach der kurzfristigen Ladung am Mittwoch ins Essener Landgericht. Mit eigenem Wagen, weil sie ihrem jüngsten Sohn beim Umzug an den Studienort in Franken hilft. Sie beschwert sich über die Fotografen, „weil ich keine Person des öffentlichen Interesses bin“.
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"Ein fürchterlicher Stau" am Kamener Kreuz
Dann geht es um Flüge aus den Jahren 2004 bis 2008, zu denen sie tatsächlich noch Details weiß. Auf andere Fragen von Richter Schmitt ist sie nicht vorbereitet, offenbart Erinnerungslücken. So weiß sie nicht einmal annähernd zu sagen, wie oft ihr Mann während der Karstadt/Quelle-Zeit in seiner vom Konzern angemieteten Düsseldorfer Wohnung übernachtete. Dass er auf Firmenkosten mit dem Helikopter von Bielefeld nach Essen flog, erinnert sie dagegen, weil „oft ein fürchterlicher Stau“ am Kamener Kreuz war. Bei allen Flugreisen sei sie zudem von der Zusage der Arcandor-Chefin Madeleine Schickedanz ausgegangen, dass diese die Kosten zahlen werde.
Gearbeitet hätte ihr Mann auch an den Wochenenden im Bielefeld. Dort hatte er ein „Büro, eine Sekretärin und einen Computer, der mit Arcandor verbunden war. Er ist nur zum Essen heruntergekommen“. Wenn sie sich beschwerte, dass er nur für die Firma arbeite und keine Zeit für die Familie erübrige, hätte er sie daran erinnert, dass „es um die Arbeitsplätze vieler Menschen“ ging. Sie habe sich dann gefügt: „Wenn er sagte, das ist wichtig, dann war es auch wichtig.“
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"Er hat erst einmal das Du im Vorstand eingeführt"
2009 hatte Middelhoff den Konzern nach fünf Jahren in Führungsposition verlassen. Wenige Monate später meldete sein Nachfolger Insolvenz an. Cornelie Middelhoff gibt sich überzeugt, dass es dem Konzern heute gut ginge, wenn ihr Mann noch am Ruder stünde: „Als er zu Karstadt kam, war das so ein müder Haufen. Er hat erst einmal das Du im Vorstand eingeführt und dafür gesorgt, dass sich alle mit dem Unternehmen identifizieren.“ Auch im Bielefelder Karstadthaus habe sie gemerkt, dass die Mitarbeiter sich in seiner Zeit stärker mit dem Haus identifizierten. Ihr Mann hätte damals für einen „ganz starken Zusammenhalt“ gesorgt.
Generös verzichtet sie zum Schluss auf die Erstattung der Fahrtkosten für ihren Zeugenauftritt. Und das, obwohl ihr Ehemann erst kürzlich vor der Strafkammer offenbart hatte, dass seine Frau und er aktuell unter einem monatlichen Minus von 7000 Euro leiden müssen.