Essen. Für den Essener Günther O. (48), Stiefvater der ermordeten Gelsenkirchenerin Madeleine W. (23), wird es eng. Staatsanwältin Birgit Jürgens beantragte am Freitag vor dem Essener Schwurgericht ein neues psychiatrisches Gutachten, um gegen ihn die Sicherungsverwahrung durchzusetzen.
Für den Essener Günther O. (48), Stiefvater der ermordeten Gelsenkirchenerin Madeleine W. (23), wird es eng. Staatsanwältin Birgit Jürgens beantragte am Freitag vor dem Essener Schwurgericht ein neues psychiatrisches Gutachten, um gegen ihn die Sicherungsverwahrung durchzusetzen.
Als die Leiche von Madeleine W. am 18. Februar unter Erde und Beton verscharrt im Schrebergarten ihres Stiefvaters in Essen-Dellwig gefunden wurde, offenbarte die Polizei nach und nach, welche Qualen die junge Frau zu Lebzeiten durchlitten hatte: Vom Stiefvater sexuell missbraucht seit ihrem 14. Lebensjahr und streng kontrolliert im elterlichen Haushalt, brachte sie schließlich im September 2011 in Borbeck ihre Tochter zur Welt – gezeugt vom Stiefvater. Ein Jahr später setzte sie sich ab, verbarg sich mit Hilfe des Jugendamtes in Frauenhäusern. Als sie eine eigene Wohnung in Gelsenkirchen bezog, spürte ihr Halbbruder, der jetzt mitangeklagte Daniel O. (22), sie auf, lockte sie zu einem Treffen am Gelsenkirchener Hauptbahnhof, zu dem am 11. Februar ohne ihr Wissen plötzlich der Stiefvater auftauchte. Kurz darauf war sie tot.
Gutachterin bezeichnete Günther O. als „Psychopathen“
Den sexuellen Missbrauch seiner Stieftochter hat Günther O. vor Gericht gestanden. Ihren Tod stellt er dagegen als Unfall dar. Nach einem verunglückten Flaschenwurf hätte er sie für tot gehalten und die tatsächlich nur bewusstlose Madeleine lebendig begraben. Ein Ablauf, den Gerichtsmedizinerin Iliana Tzimas allerdings widerlegte. Madeleine sei außerhalb der Grube erstickt worden, stellte sie fest.
Staatsanwältin Jürgens ist offenbar sicher, dass das Schwurgericht Günther O. wegen Mordes und sexuellen Missbrauchs verurteilen wird. Das reicht ihr aber nicht aus. Doch für die sich an eine lebenslange Haft anschließende Sicherungsverwahrung, an die sie denkt, braucht sie eine neue Stellungnahme der psychiatrischen Gutachterin Nahlah Saimeh, die bereits zur Schuldfähigkeit gehört wurde und Günther O. als „Psychopathen“ bezeichnet hatte.
Wolfgang Weber, Verteidiger von Günther O., sprach von einer „einschneidenden Änderung“ durch diesen Antrag. Er überlege, die Aussetzung der Verhandlung zu beantragen, um auf diese Entwicklung reagieren zu können. Dann wäre der Prozess geplatzt, müsste neu aufgerollt werden. Das Gericht will das auf jeden Fall verhindern.
Nachbar: Günther O. sei "hochgradig rechts"
Staatsanwältin Jürgens bot am Freitag auch einen Zeugen auf, der die langfristige Planung der Tat bestätigen sollte. Tatsächlich erinnerte sich der 49-Jährige, der in der Borbecker Stolbergstraße eine Zeitlang Nachbar der Familie O. war, an eine Äußerung des Angeklagten, als Madeleine auf der Flucht war. „Die wird schon sehen, was die davon hat“, soll Günther O. zu ihm gesagt haben, „davon wird dann was in der Zeitung stehen“. Für die Staatsanwältin lässt dies den Schluss zu, dass ein Mord schon lange geplant war.
Der Zeuge suchte seine Glaubwürdigkeit dadurch zu steigern, dass er betonte, wie schwer ihm der Gang zum Gericht gefallen sei: „Ich war ja selbst mein Leben lang straffällig und verzinke auch keinen, aber die Tat ist ja kein Kavaliersdelikt.“
Günther O. habe er als nett und sympathisch in Erinnerung, sie hätten oft zusammen getrunken: „Voll die Kante gegeben.“ Der Angeklagte sei „hochgradig rechts“, erzählte er weiter. Trotzdem habe der sich mit ihm, dem gebürtigen Italiener, gut verstanden. Das liege wohl daran, dass „der Adolf und der Mussolini sich auch gut verstanden“, begründete er, doch Richter Andreas Labentz unterband weitere Ausführungen: „Sie schweifen ab.“