Duisburg-Rheinhausen. Ulrich Weimann lebt seit über 80 Jahren an der Rheinstraße. Er will den Charme des Rheinvorlands erhalten und wehrt sich gegen eine neue Trasse.
Ulrich Weimann ist am Rhein geboren, jetzt ist er 83 Jahre alt und lebt noch immer im selben Haus. Sein Großvater hat es 1910 an der Rheinstraße gebaut. Inzwischen beherbergt es die fünfte Generation; in der oberen Etage wohnen seine Tochter und ihre Familie. Die Stimmung ist schlecht in diesen Tagen. Und das liegt an der Osttangente, die zwischen dem Kreisverkehr vor der Brücke der Solidarität bis zur A 40-Auffahrt ausgebaut werden soll, um die Wohngebiete in Rheinhausen von den Lkw zu entlasten.
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Ginge es allein nach der Ratsmehrheit, würde hier so bald wie möglich ein großer Teil des Logport-Verkehrs abfließen. Pläne, die für Empörung sorgen: Die Trasse würde am Rheinufer entlangführen und das Landschaftsschutzgebiet zerschneiden. Auch Ulrich Weimann hat Fotografien, Karten und Schriftstücke zusammengestellt. Als Anwohner fürchtet er um die grüne Lunge vor seiner Haustür.
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Ein ruhiger Vormittag bei Weimanns. Hündin Mia freut sich auf ihren Spaziergang. Täglich darf sie am Rhein zwei Stunden laufen, natürlich mit Familienanschluss, der die frische Luft ebenso genießt. Wenn die neue Straße gebaut wird, ist dies nicht mehr ohne weiteres möglich, ahnt Ulrich Weimann, Zuwege hin oder her. Er spricht von einem „Unglück im Rheinvorland.“ Seine Frau Karin stimmt zu. „Ich habe schon Kind und Kegel zum Rheinpark hochgeschoben“, erinnert sie sich. Auch ihre Tochter sammelt zurzeit Unterschriften gegen das Großprojekt.
Die Osttangente würde am Rheinufer in Rheinhausen alles verändern
Die Osttangente könnte auf dem Rad- und Wanderweg nach Homberg angelegt werden - so führt es die Machbarkeitsstudie der DIG aus. Das würde alles verändern, entgegnet Weimann. Und da ist nicht nur der Lärm des Schwerlastverkehrs. Faktisch würde die neue Trasse das Landschaftsschutzgebiet komplett entwerten. „Hier soll alles kaputtgemacht werden“, sagt er. „Und nur, um das Logport-Gelände hoffähiger zu machen.“ Duisburg sei mit Grünflächen nicht gerade gesegnet.
Und jetzt soll das wertvolle Rheinvorland für eine Straße zerstört werden, über die laut Prognose täglich 1000 Laster fahren könnten, rund 6400 Fahrzeuge insgesamt. „Dabei sprechen alle vom Umweltschutz. Hier geht es doch um unsere Kinder und Kindeskinder.“
Die Anwohner in Rheinhausen leiden unter einer Fehlplanung
Weimann ärgert sich. Über die „nicht durchdachte“ Logport-Planung, unter der jetzt alle leiden. Darüber, dass Möglichkeiten zur Regelung des Lkw-Verkehrs nicht ausgeschöpft würden - stattdessen plane man lieber für viele Millionen Neues. Mit der L473n sei doch eine Umgehungsstraße vorhanden, teilt er das Argument der Grünen und der Umweltverbände. Und auf der Moerser Straße befänden sich hier nur wenige Häuser, „und die sollen für 17,4 Millionen Euro Baukosten geschützt werden?“
Und von wegen ortsfremde Fahrer. Weimann beobachtet täglich Lkw von Duisburger Firmen. Er kann nicht verstehen, dass diese durch die Wohngebiete führen, anstatt außen herum, zumal die Entfernung von Logport Mitte bis zum Moerser Kreuz über die Moerser Straße genauso weit sei wie über den Autobahnzubringer. „Warum war es in den letzten 20 Jahren nicht möglich, diese Firmen zu bitten, ihre Fahrer anzuweisen, über die L473 zu fahren?“
Auch die Schilder seien wenig hilfreich. „Warum steht vor dem Moerser Kreuz kurz vor der Abfahrt rechts ein Fahrtrichtungsschild nach Rheinhausen mit Hinweis auf den Logport? Hier werden die Fahrer doch quasi gebeten, abzufahren und anschließend über die Moerser Straße. Wieso steht das Schild nicht links - mit einem Pfeil geradeaus zur L473?“ Fragen über Fragen.
Im September 2020 wurde der Rad- und Wanderweg noch erneuert
Wir sind am Rheinufer angekommen. Ein Spaziergang gegen die Osttangente. Vor einer Hinweistafel bleibt Weimann stehen. Sie erinnert daran, dass die ehemalige Krupp-Deponie erst vor ein paar Jahren mit viel Geld und KIDU-Mitteln als Waldfläche entwickelt wurde. 2020 folgte eine Erneuerung des Rad- und Wanderwegs, ergänzt der langjährige Anwohner. „Und jetzt eine neue Straße?“
Es geht vorbei an den Kleingärten, dem Versehrtensportverein, dem Ruderclub, dem Tiergnadenhof. Sie sollen künftig neben der neuen Trasse liegen. Auf den Wiesen grasen Pferde. Ein friedliches Bild. Ulrich Weimann schaut auf den Rhein. Die Sonne ist herausgekommen, es weht ein leichter Wind. Manchmal fragt er sich, ob es in Deutschland wohl noch eine Großstadt gibt, die eine Lkw-Straße mitten durch ein Landschaftsschutzgebiet bauen will. „Ich glaube nicht. Wissen Sie vielleicht noch eine?“