Duisburg-Rahm. Die Duisburgerin Charlotte Hüting (20) ruft in ihrem Podcast junge Leute zur Wahl auf. Warum das wichtig ist und was sie von Politikern erwartet.
Bei der Bundestagswahl sollen möglichst viele Menschen wählen gehen, insbesondere junge Leute. Dafür setzt sich die Duisburger Politikstudentin Charlotte Hüting mit ihrem Podcast „Politik – einfach so“ ein. Dort gibt es seit Sommer einer Episodenreihe zur Wahl, die informieren und zum Urnengang motivieren soll. Die Interessen junger Leute durchzusetzen, bleibt jedoch eine große Herausforderung, wie die 20-Jährige aus Rahm weiß. „Im Bundestag sitzen viele alte Menschen, die viel für alte Menschen tun.“
Der Jugend fehle dagegen eine Lobby. Deshalb hofft Charlotte Hüting, dass ihre Altersgenossen viele junge Kandidaten in den Bundestag wählen, damit die Interessen ihrer Generation vertreten werden. Ohnehin ist für die Rahmerin das Parlament zu homogen. „Die meisten Menschen, die in Duisburg und Deutschland leben, sind im Bundestag gar nicht vertreten.“ Ob bei „der Ethnie, dem Job oder dem Stand“, mehr Diversität sei dringend nötig.
Duisburger Politik-Podcasterin fordert mehr Geld für Bildung
Zunächst muss dafür aber flächendeckend mehr über Politik aufgeklärt werden, betont Hüting und fordert, deutlich mehr Geld in Bildung und politische Bildung zu investieren. Dann würden sich, so zumindest ihre Hoffnung, viel mehr junge Leute politisch engagieren. Gute Schulen könnten zudem auch ein Problem lindern, dass ihre Generation als große Ungerechtigkeit wahrnimmt: Noch immer bestimme – auch innerhalb von Duisburg – die Postleitzahl darüber, wie der spätere Lebensweg aussieht.
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Grundsätzlich, das findet die Studentin, fehlen die jüngeren Volksvertreter, die sich glaubhaft dafür einsetzen, dass man auch in Jahrzehnten noch gut in Duisburg leben, eine Familie gründen, eine Karriere verfolgen kann und nicht in Altersarmut abrutscht.
Allerdings freut sie, dass die Parteien deutschlandweit diesmal mehr Direktkandidaten unter 30 Jahren aufgestellt haben als früher – etwa die FDP. Natürlich gibt es auch Abgeordnete mit „alten Seelen“, gibt sie zu bedenken, aber junge Kandidaten dürften die Wahlbeteiligung bei Gleichaltrigen erhöhen.
Wähler im Seniorenalter haben auch in Duisburg den größten Einfluss
Dass sie zahlreich ihre Stimme abgeben, sei allein deshalb schon wichtig, weil sie deutlich in der Minderheit sind und ihre Interessen missachtet würden. „Studenten wurden in der Corona-Pandemie sehr vernachlässigt“, gibt sie ein Beispiel. So habe sie anderthalb Jahre zu Hause studieren müssen statt im Hörsaal.
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Eine Ursache sieht sie im ungleichen Kräfteverhältnis der Wählergruppen, das auch in Duisburg besteht, wie Zahlen des Wahlamts belegen. Von rund 318.000 Wahlberechtigten gibt es demnach nur gut 25.000 Wähler unter 30 Jahren, von denen 16.500 erstmals ihre Stimme abgeben dürfen. Die größte und damit einflussreichste Gruppe sind die Duisburger über 65 Jahre, von ihnen sind mehr als 90.000 am 26. September zur Wahl aufgerufen.
Klimawandel und Corona-Politik sind bei der jungen Generation wahlentscheidend
Dennoch beobachtet Charlotte Hüting ein hohes Interesse ihrer Generation an der Bundestagswahl. Die Jugend ist demnach „politisch viel aufgeklärter als noch vor zehn Jahren“ und setzt sich engagiert für eine bessere Zukunft ein, weshalb Klimawandel und Corona-Politik für sie oft wahlentscheidend sind.
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Doch ein Blick in die Parteiprogramme biete längst nicht allen eine gute Alternative. Zudem sind auch die Direktkandidaten und ihre Positionen meist unbekannt. Der „sehr schwache Wahlkampf“ hält zusätzlich viele Jüngere von der Stimmabgabe ab, so Hüting, weil er an eine „lächerliche Kindergartenschlacht“ erinnere. Persönliche Angriffe und Nichtigkeiten scheinen den Wahlkämpfern wichtiger zu sein als Lösungen für große Herausforderungen wie die Klimakrise.
Dennoch appelliert die 20-Jährige, sich mit den Parteiprogramme auseinanderzusetzen und zu wählen, auch abseits der Parteien im Parlament. „Eine kleine Partei zu wählen, ist besser, als gar nicht zu wählen.“ Jedoch: „Eine Protestwahl ist immer absolut falsch.“ Die helfe niemandem und schon gar nicht den eigenen Interessen, die immer ein Leitfaden für die Stimmabgabe sein sollten.
Erwartungen an die Duisburger Bundestagsabgeordneten
Die Duisburger Abgeordneten sollten dagegen das Wohl ihrer Heimat vertreten, fordert Hüting. Sie sollen Duisburgs Image aufpolieren und, wichtiger, „mehr mit den Menschen in ihrem Wahlkreis zu tun haben“. Politiker sollen den Duisburgern „auf Augenhöhe“ begegnen und ihre Sorgen kennen und ernst nehmen. „Ein Bundestagsabgeordneter ist ja eigentlich auch nur jemand, der seinen Job macht – genauso wie ein Tischler.“
In ihrer Heimatstadt will Charlotte Hüting auch in Zukunft noch gut leben können. Dafür werden jetzt bei der Bundestagswahl wichtige Weichen gestellt. Daher ruft sie junge Leute engagiert zur Stimmabgabe auf und hofft auf eine hohe Wahlbeteiligung.
>> ÜBERREGIONALER PODCAST „POLITIK – EINFACH SO“
● Den überregionalen Podcast „Politik – einfach so“ betreibt Charlotte Hüting mit ihrer Mitstreiterin Franziska Reinl. Die wöchentlichen Episoden erscheinen derzeit immer sonntags und sind auf allen gängigen Podcast-Plattformen abrufbar, darunter Spotify, Deezer oder Apple Podcasts. Zu Gast waren dort auch schon die Duisburger Kandidaten Bärbel Bas (SPD) und Felix Banaszak (Grüne).
● Auf Instagram (@politik_einfachso) gibt es eine „kleine Bibliothek“ zu den Parteien und deren Programmen.
● Charlotte Hütings „Liebe zur Politik“ wurde als Schülerin am Mannesmann-Gymnasium entfacht. Sie ist parteilos und beobachtet die Politik als Außenstehende.