Duisburg-Marxloh. Denisa (30) träumte vom besseren Leben in Deutschland. Jetzt kämpft die Rumänin in einer heruntergekommenen Bruchbude mitten in Marxloh zwischen Kakerlaken und Wanzen ums Überleben. Baby Mara ist schwer erkrankt. Der Runde Tisch Marxloh hilft. Ohne Krankenversicherung ist Improvisation gefragt.

Denisa drückt Mara ganz fest an ihre Brust. Sie horcht auf jeden Atemzug des vier Monate alten Säuglings. Mara hat immer wieder Atemaussetzer, wenn sie einschläft. Merkt die Mutter nichts, erstickt das Kind. Die Atemaussetzer sind eigentlich behandelbar. Aber Mara bekommt keine Hilfe. Die kleine Rumänin ist in Deutschland nicht krankenversichert.

An der Geschichte von Mutter Denisa, Säugling Mara und der neunjährigen Schwester Luisa lässt sich so ziemlich das komplette europäische Flüchtlingselend festmachen. Die hochschwangere Denisa kam im Frühjahr aus der rumänischen Hauptstadt Bukarest nach Duisburg. „Ich wollte ein besseres Leben für meine Kinder“, sagt sie. Die 30-Jährige ging nur kurz zu Schule, hat keine Ausbildung, schlug sich mit Hilfsjobs durch. Geld von der Familie konnte sie nicht erwarten. Einen Vater der Kinder gibt’s nicht mehr. Denisas Mutter sitzt mit schweren Diabetesfolgen arbeitsunfähig in Bukarest. Ihr Vater starb vor zehn Jahren bei einem Autounfall – totgerast. „Er hat noch drei Tage gelebt“, sagt Denisa und kämpft mit den Tränen. Deutschland, das war ihr Traum vom lang ersehnten Glück.

Überleben auf 15 Quadratmetern

Jetzt kämpft Denisa in einer heruntergekommenen Bruchbude an der Kaiser-Wilhelm-Straße mitten in Marxloh ums Überleben. Die Wände des gut 15 Quadratmeter großen Zimmers lösen sich in die Bestandteile auf. Schimmelpilze gedeihen in den Ritzen. Denisa schläft mit Tochter Luisa auf einer völlig verdreckten Schlafcouch. Kakerlaken kommen aus der Fußleiste gekrochen. In der zerlöcherten Matratze leben Wanzen.

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Der Vermieter lässt sich das Wohnen in dem abrissreifen Haus von den Flüchtingen fürstlich bezahlen. 155 Euro kostet die Kaltmiete für die „möbilierte Wohnung“ wie der Vermieter sagt. Die Warmmiete liegt über 200 Euro. Das lohnt sich für die Vermieter, zumal die meisten Flüchtlinge noch nicht einmal Mietverträge haben.

Zwei Monatsmieten hat Denisa irgendwoher zusammengesammelt. Zwei weitere schuldet sie. Die Rumänin ist völlig legal als Touristin nach Duisburg gekommen. Sie nutzt die europäische Reisefreiheit. Eigentlich hätte sie nur drei Monate bleiben dürfen.

Hoffnung auf das neue Jahr

Ihre große Hoffnung ist der 1. Januar 2014. Dann dürfen Rumänen hier unbeschränkt arbeiten. Denisa würde so gut wie alles machen. „Das ist eine große Chance“, sagt Claus Krönke vom Runden Tisch Marxloh. Die Organisation kümmert sich um die Familie. Krönke setzt darauf, dass viele Armuts-Flüchtlinge endlich legal arbeiten dürfen. „Die Diebstähle werden zurückgehen.“ Im Jobcenter ist man weniger optimistisch. „Es gibt keine Jobangebote für diese Menschen“, sagt der Hamborner Geschäftsstellenleiter Oliever Vrabec. Für die Behörde eine weitere Misere: Denisa und ihre Kinder werden Staat und Stadt viel Geld kosten. Ab 1. Januar haben die Rumänen auch Anspruch auf Hartz IV.

Claus und Brita Krönke vom Runden Tisch Marxloh versuchen der Familie zu helfen. Denisa mit ihren Töchtern Luisa (links) und der zwei Monate alten Mara-Mihaela. Ihren Nachnamen will Denisa aus Angst nicht nennen.
Claus und Brita Krönke vom Runden Tisch Marxloh versuchen der Familie zu helfen. Denisa mit ihren Töchtern Luisa (links) und der zwei Monate alten Mara-Mihaela. Ihren Nachnamen will Denisa aus Angst nicht nennen. © Lars Fröhlich / WAZ FotoPool

Der Runde Tisch kämpft um Kindergeld und einen Schulplatz für die neunjährige Luisa. Die Hartnäckigkeit von Claus Krönke zahlt sich aus. Er schafft es doch, eine Behandlung für Mara zu organisieren. „Ein kleines Weihnachtswunder“, sagt er. Er hofft auf weitere.