Hamborn. . Zum 1. Januar tritt die neue Freizügigkeitsregelung in Kraft. Dann dürfen Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien in Deutschland ohne Einschränkungen arbeiten. Verlieren sie den Job, haben sie spätestens nach drei Monaten Anspruch auf Sozialleistungen. Das Jobcenter beugt vor.
Das Jobcenter bereitet sich auf einen Ansturm von zusätzlichen Hartz-IV-Antragstellern zum Jahresbeginn vor. Ab 1. Januar stehen faktisch fast allen arbeitslosen Zuwanderern aus Bulgarien und Rumänien Sozialleistungen zu. Logistisch ist das für das Jobcenter eine große Herausforderung, zumal das Angebot auch noch eine neue Zuwanderungswelle auslösen könnte.
„Es ist ein bisschen ein Stochern im Nebel“, sagt Jobcenter-Geschäftsführer Norbert Maul. Die Jobcenter-Mitarbeiter können nur schwer einschätzen, wie viele Zuwanderer tatsächlich von dem Hartz-IV-Angebot Gebrauch machen. Parallel laufen die Vorbereitungen in der Hamborner Geschäftsstelle. „Wir führen Gespräche für die Anmietung neuer Räume“, sagt Maul. Das Team um den neuen Geschäftsstellenleiter Oliever Vrabec schult extra Mitarbeiter und organisiert Dolmetscher.
Hintergrund ist die höchstkomplizierte Sozialgesetzgebung – zum Teil EU-Recht, zum Teil deutsches Recht. Ab 1. Januar gilt die sogenannte Freizügigkeit auch für Angestellte jeder Art aus Bulgarien und Rumänien. Sie dürfen dann in Deutschland nahezu jede Arbeit annehmen. Wenn das scheitert, haben die Zuwanderer, die meist als Armutsflüchtlinge kommen, auch ein Recht auf deutsche Sozialleistungen. Schon jetzt gilt die Regelung für selbstständig tätige rumänische und bulgarische Arbeiter.
Aufklärung in Muttersprache
Ob es einen Ansturm wirklich gibt, ist schwer vorherzusagen. „Wir bauen den Deich lieber einen Meter höher“, sagt Norbert Maul. Heißt: Er treffe lieber mehr Vorsorgemaßnahmen für den Umgang mit den Menschen als dann später von dem Ansturm überrascht zu werden.
Auch der Zeitpunkt ist schwer vorherzusagen. Gut möglich, dass am 2. Januar, dem ersten Öffnungstag im neuen Jahr, Hunderte Antragsteller vor der Tür stehen. Die Arbeitsagentur hat Hinweise, dass viele Zuwanderer geradezu auf diesen Tag hinfiebern und sogar bei Verwandten und Bekannten in Rumänien und Bulgarien mit den Sozialleistungen werben. Die EU bezeichnet das als Sozialleistungstourismus. „Wir haben Flugblätter in rumänischer Sprache verfasst“, sagt Maul. Erstmals weise die Behörde ausdrücklich darauf hin, unter welchen Bedingungen es in Duisburg keine Leistungen gibt – um falschen Vorstellungen vorzubeugen.
Eigentlich dürfte ein Ansturm erst mit drei Monaten Verzögerung kommen. So lange müssten Arbeitnehmer nämlich eigentlich erst in Arbeit gewesen sein, bevor es Sozialleistungen gibt. Das Sozialgericht Essen hatte diese Regelung aber für rechtswidrig erklärt. Und das Bundessozialgericht vertagte seine Entscheidung. Solange darf jeder Arbeitssuchende (unter Vorbehalt) sofort Anträge stellen.