Walsum. . Die Gaststätte Güllekes, zwischenzeitlich auch „Zornige Ameise“ und heute Stadtschänke genannt, stellen wir im fünften Teil unserer Serie über Traditionsgasthäuser in Walsum vor.

Vor 101 Jahren übernahm Johann Güllekes die „Restauration H. Burmann“. Bis zum Zweiten Weltkrieg galt das Haus an der damaligen Wilhelmstraße 420, heute Dr.-Wilhelm-Roelen-Straße 400, als Wirtschaft mit „guten Speisen und Getränken“. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude zerbombt – und damit endete erst einmal die Ära dieses Gasthauses.

Erbaut worden war die Wirtschaft Anfang des 20. Jahrhunderts, wie Helmut Schorsch, Vorsitzender des Heimatvereins Walsum, alten Unterlagen entnommen hat. Der an die Gaststätte angebaute Saal diente bis 1915, als die neu gebaute St.-Josef-Kirche eingeweiht wurde, als Notkirche. Danach nutzte Johann Güllekes den Raum für alle anfallenden Feiern und Veranstaltungen. Auch zum Kegeln traf man sich bei ihm vor dem Krieg. Die Bahn wurde aber durch Bomben zerstört und nicht wieder aufgebaut.

Plumpsklo reichte nicht

Aus der einstigen Notkirche wurde nach 1945 eine „Notkneipe“ in den Kellerräumen, erinnert sich Schorsch. Mit einfachsten Mitteln wurde der Bau wieder hochgezogen. Dabei ging es den Güllekes wohl in erster Linie darum, möglichst schnell wieder ein Dach über dem Kopf zu haben. Jedenfalls legte man auf Sanitäranlagen nach den Erkenntnissen des Heimatvereins-Chefs nicht den größten Wert – was sich rächen sollte: Ende der 1940er Jahre machte die Ordnungsbehörde den Laden kurzerhand dicht – „aus hygienischen Gründen“, wie es damals hieß. Ein Plumpsklo reichte eben nicht aus für eine Wirtschaft...

Bis in die 1970er Jahre hieß die Kneipe schlicht und einfach „Güllekes“ oder – nach dem Krieg – zeitweise auch „Zornige Ameise“. Wie es zu diesem Namen kam, ist unklar. Angeblich soll der Wirt eine Kriegsverletzung erlitten haben, die ihm dauerhaft Schmerzen bereitete – ähnlich denen, die durch Ameisenbisse entstehen.

Die Dame ist vermutlich die Frau des Wirtes. Repro: Gregor Herberhold.
Die Dame ist vermutlich die Frau des Wirtes. Repro: Gregor Herberhold. © Archiv Heimatverein Walsum

Anfang der 1960er Jahre nannte man die Gaststätte in Stadtschänke um – sie trägt diesen Namen noch heute. Alte Walsumer sprechen aber immer noch von Güllekes. Schließlich verbinden sie damit viele schöne, aber auch kuriose Erinnerungen. Wie diese: 1933 fand in St. Josef eine Taufe statt. Die stolzen Eltern und deren Gäste kamen auf dem Heimweg bei Güllekes vorbei und beschlossen: „Lass‘ uns wenigstens ein Bier trinken.“ Bei einem blieb es nicht – und so endete der Tag feuchtfröhlich am Abend. Zu Hause angekommen, stellten die Eltern fest, dass ihr Kind weg war. Es schlummerte seelenruhig in der Kneipe, wo Mama und Papa es vergessen hatten.

Plaudern und zapfen

Seit Anfang 2008 führt die gebürtige Polin Iwona Blott die Stadtschänke. Ihr gefällt es, mit den überwiegend deutschen Gästen zu plaudern und für sie das Bier zu zapfen. „Bei uns gibt es alles an Getränken“, sagt sie. „Dies ist eine typische deutsche Kneipe.“ Neben der Stadtschänke betreibt sie mit ih­rem Mann auch noch den Schützenhof an der Friedrich-Ebert-Straße 52.

Essen wird in der Stadtschänke nicht serviert, von Snacks wie Frikadellen einmal abgesehen. Das rechne sich derzeit nicht. Ausnahme: Geschlossene Gesellschaften werden – auf Wunsch – natürlich auch mit Speisen versorgt.

Die Stadtschänke kann Gruppen bis zu 50 Personen bedienen, größere Gesellschaften (bis 170 Personen) können im Schützenhof feiern.

Geöffnet ist die Stadtschänke mo, mi, do und fr ab 16 Uhr, sa ab 18 Uhr und so von 11 bis 15 Uhr sowie ab 18 Uhr. Nachts wird erst geschlossen, wenn der Durst aller Gäste gelöscht ist.