Duisburg-Walsum. . Vor 100 Jahren feierten die Walsumer des Kaisers Geburtstag in der Gaststätte Waldschlösschen in Aldenrade. Über diese Traditionsgaststätte berichten wir im 3. Teil unserer Serie.

„Kneipen hatten wir in Walsum wie Sand am Meer“, erinnert sich Helmut Schorsch an die Zeit vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Das kam den Menschen dort sehr entgegen: „Wir haben immer gerne gefeiert“, sagt der Chef des Heimatvereins. Und zwar meistens in den Kneipen und Gaststätten. Zu den beliebtesten Häusern zählt(e) das Waldschlösschen (mal mit doppeltem „s“, mal mit „ß“ geschrieben), das an der heutigen Friedrich-Ebert-Straße 190 liegt.

Auf einem alten Plakat wies der damalige Eigentümer und Betreiber, August Gottlieb, selbstbewusst und stolz darauf hin, dass das Aldenrader Gasthaus als beliebtester Ausflugsort der Umgebung galt. Kein Wunder: Das 1900 eröffnete Haus war geradezu hochherrschaftlich. Ein wahrer Prachtbau, umgeben von Grün.

Feiern im riesigen Festzelt

Dorthin gingen die Kumpel nach der Schicht und gönnten sich 1939 für fünf Pfennige ein Feierabend-Exportbier. Dort trafen sie auch die Steiger, die sich Pils erlauben konnten, das exakt das Doppelte kostete, wie Schorsch berichtet. Und dorthin kamen ganze Familien und große Gesellschaften, die sich einen schönen Tag im riesigen und trotzdem gemütlichen Garten, der an einen Park erinnerte, hinter dem Haus erlauben konnten. „Es war ein vornehmes Gasthaus“, stellt der heute 81-jährige Heimatfreund klar. Wer etwas auf sich hielt, „ging ins Waldschlösschen“.

32 Jahre an der Theke

Das Wirtsehepaar Manfred und Hannegret Riegelnegg hat das Traditionshaus an der Friedrich-Ebert-Straße 1981 übernommen. Wie vor dem Krieg treffen sich dort auch heute noch gerne Vereine, allerdings ist das Haus keine Vereinsgaststätte. Eine Kegelbahn wie vor der Zerstörung gibt es im jetzigen Haus nicht mehr.

Früher wie heute setzt man auf die „normalen“ Bürger, die gutbürgerliche, deutsche Küche bevorzugen. Außerdem kommen die Walsumer gerne auf ein Feierabendbier vorbei.

Geöffnet ist das Gasthaus künftig mittwochs, freitags, samstags und sonntags von 17 bis 24 Uhr. Montags und dienstags ist Ruhetag. Nach Vereinbarung wird aber auch an diesen beiden Tagen geöffnet, etwa für Familienfeiern. Reservierung: 49 23 10.

Noch wenig bekannt ist, dass es in dem Haus seit gut zwei Jahren auch Übernachtungsmöglichkeiten gibt. Walsumer, die Besuch bekommen, können ihre Gäste also auch dort unterbringen.

Am 14. Oktober 1944, berichtet Schorsch weiter, wurde das Waldschlösschen beim großen Bombenangriff auf Walsum völlig zerstört. Viele Menschen, auch aus den Nachbarstädten Dinslaken, Mülheim und Hamborn vermissten das Haus und seine Gastgeber. Es sollte zwölf Jahre dauern, bis der Gastronomiebetrieb wieder eröffnet werden konnte. Nun allerdings in einem modernen Zweckbau an der Aldenrader Durchgangsstraße.

Auch interessant

Das Grundstück war allerdings nicht mehr so üppig wie zuvor – und so musste das neue Waldschlösschen ohne eigenen Park und vor allem ohne das 1000-Mann-Festzelt auskommen, in dem zuvor Schützen, Männergesangvereine und andere gefeiert hatten. Auch des Kaisers Geburtstag feierte man dort übrigens gerne: 1914 etwa war eine kleine, aber feine Speisekarte für diesen Zweck angefertigt worden, die im Archiv des Heimatvereins schlummert.

Nach dem Erbauer und Erstbetreiber Gottlieb wurde das Haus von Fritz König und Karl Mattenklotz betrieben. Heute steht es unter der Leitung des Wirtsehepaars Manfred und Hannegret Riegelnegg – die Beiden haben es bereits vor 32 Jahren übernommen.