Duisburg-Marxloh. . Viele Besuche vom Amt, nichts passierte: Claus Krönke von der EG DU motivierte die Bewohner des ,Rattenhauses’, selbst anzupacken. “Alle reden über die Roma. Wir reden mit ihnen“, sagt Krönke und glaubt auf einem guten Weg zu sein. Denn auch von den Roma kommen Signale. Sie wollen mit anpacken.
Einen Fünf-Tonnen-Laster voll Schutt und Müll haben die Roma von der Kaiser-Wilhelm-Straße am Montag gemeinsam mit Claus Krönke vollgepackt. Weitere werden folgen, bis das ,Rattenhaus’ endlich wieder Wohnstatt und nicht mehr Müllkippe ist.
Der Organisator der Aktion weiß warum: „Wir haben in Marxloh noch die Chance, Zustände wie in Hochfeld zu verhindern“, sagt Claus Krönke, Leiter des Service-Teams der EG DU und Ehemann von Ideenwerkstatt-Chefin Britta Krönke, „also handeln wir, statt zu reden. Alle reden über die Roma. Wir reden mit ihnen.“
Den Dreck gemeinsam weg machen
Akuten Redebedarf sah und roch Krönke in der unmittelbaren Nachbarschaft des EG-DU-Service-Stützpunktes im Hinterland der Kaiser-Wilhelm-Straße: „In diesem Haus, das als ,Rattenhaus’ bekannt wurde, gingen Dutzende von städtischen Angestellten und Amtspersonen ein und aus“, sagt Krönke, „weil Hinterhof und Garten des Hauses versifft und meterhoch vermüllt waren.“
Da habe es dann immer wieder Ansätze gegeben, dort sauber zu machen. Alles sei schließlich an der Bürokratie gescheitert: „Dann sagt das Ordnungsamt, da muss erst der Rattenfänger kommen. Und der sagt, das Amt müsse erst die Bewohner im Umkreis evakuieren, und immer hin und her...“
Weder den Nachbarn, sagt Krönke, noch den Bewohnern – einer bulgarisch/rumänischen Roma-Familie – habe das Gezerre letztlich geholfen: „Da bin ich hin zu den Roma und habe mit ihnen geredet. Und jetzt machen wir den Dreck gemeinsam weg.“ Hilfe, sagt Krönke, gibt es dabei von der EG DU und den Entsorgungsbetrieben.
"Ein Schritt nach dem Anderen"
Darüber hinaus beraten Krönke und sein Team ehrenamtlich einige Roma, die Probleme mit der deutschen Bürokratie haben und in die Illegalität abzurutschen drohen: „Da ist eine Frau mit zwei behinderten Kindern, eines davon blind. Die hat die Kinder an ihrem früheren Wohnort in den Kindergarten geschickt, aber nicht rechtzeitig ihren Aufenthaltstitel verlängert“, sagt Krönke, „jetzt soll sie dem Amt 16.000 Euro zurückzahlen.“
Da müsse schnell gehandelt werden, wie in anderen Fällen auch: „Die Menschen sind eben hier, das können wir nicht ändern. Was wir tun können: Ihnen Integration zu erleichtern.“ Parteien, Vereine und Bürger, sagt Krönke, seien eingeladen, tatkräftig mitzuhelfen: „Absichtsbekundungen gab es genug.“ Findet auch Roma-Klanchef Constantin, der mit seiner Großfamilie im ,Rattenhaus’ lebt: „Natürlich packen wir mit an, wenn man uns hilft, den ganzen Dreck los zu werden.“
Seit einigen Monaten lebe er in Marxloh, sagt der untersetzte Mann, der Müll in diesem Hause sei ganz sicher über Jahre angehäuft worden: „Ist leicht, zu sagen: Das waren die Zigeuner!“ Ohne Heizung und warmes Wasser leben ein Dutzend Männer, Frauen und Kinder im Haus auf 120 Quadratmetern. 650 Euro Miete kassiert der Vermieter dafür: „Heizung hätten wir schon gern“, sagt Constantin. Claus Krönke weiß das: „Ein Schritt nach dem anderen.“
„Haben ein Recht, hier zu sein“
"Unsere Familie stammt aus Rumänien und Bulgarien“, sagt Constantin, gelebt haben wir aber fast alle in vielen anderen Ländern.“
Bleiben, um zu arbeiten, sich etwas aufbauen. Seine Kinder in die Schule schicken, das konnte Constantin bislang nirgendwo: „Es ist immer dasselbe: Dort, wo es Menschen schlecht geht, wollen alle, dass es uns noch schlechter geht“, sagt der Familienvater, „und dort, wo es besser geht, will man uns schon überhaupt nicht haben.“
In Serbien, Bosnien, Ungarn, der Slowakei, Italien und weiteren Ländern hätten Familienmitglieder gelebt. Leicht haben es Roma dort überall nicht – das geht auch aus den aktuellen Berichten von Amnesty International hervor. Im EU-Staat Ungarn findet eine regelrechte Rassentrennung statt. Roma-Viertel werden mit Zäunen zu Ghettos gemacht, Frauen wird von Amts wegen Sterilisation nahegelegt.
Diese Zustände, wie früher in Südafrika oder bei den Rassisten der US-Südstaaten, waren es, die Constanin und Familie nach Deutschland trieben. Er werde alles versuchen, sagt der Mann, der sich wie sein Vater, Groß- und Urgroßvater traditionell aufs Metall-Handwerk versteht, seiner Familie in Marxloh eine Heimat zu schaffen: „Wir wollen lernen. Aber dafür muss man uns die Regeln erklären.“ Letztlich – und da schaut Constantin ernst und gar nicht mehr herzig – habe er ein Recht darauf, in Deutschland zu sein: „Ich möchte von Europa und der EU profitieren.“