Duisburg. Die Verkehrssituation vor dem Flüchtlingsdorf an der Hamborner Straße ist gefährlich, gerade für Kinder. Jetzt ist ein Junge angefahren worden.
Ein schwerer Laster scheppert die Hamborner Straße entlang. Vorbei an der Ikea-Ausfahrt. Auf der Gegenspur fahren gleich mehrere Autos schnell an den Eingangstoren der Flüchtlingsunterkunft vorbei, die als Delta-Dorf bekannt ist. Bezirksbürgermeister Peter Hoppe findet die Verkehrssituation gefährlich, insbesondere für Kinder. Die Flüchtlinge müssen die viel befahrene Straße überqueren, wenn sie zu den den nächsten Bushaltestellen wollen, um nach Meiderich oder Hamborn zu kommen.
Schon seit Juli will Hoppe mit seinen Mitstreitern dort die Sicherheit erhöhen. Durch Tempo 30 oder eine andere Maßnahme, die vor allem die Kinder schützt. Das scheiterte bislang am Widerstand der Stadt Duisburg. Doch jetzt ist ein achtjähriger Flüchtlingsjunge von einem Auto angefahren worden. Umso eindringlicher fordert Hoppe eine Lösung.
„Die Sicherheit der Kinder ist hier nicht gegeben. Wir wollen nicht warten, bis ein Kind totgefahren wird“, sagt der Bezirksbürgermeister. Tatsächlich habe der Junge noch sehr viel Glück gehabt, findet auch Sebastian Eimers, der Leiter des Delta-Dorfs. Denn die Autofahrerin hat, wie die Polizei auf Nachfrage mitteilt, mit ihrem SUV noch eine Vollbremsung machen können, und war zudem nicht mit den vollen erlaubten 50 Stundenkilometern unterwegs, sondern nur mit unter 40 km/h.
Achtjähriger Junge vor der Flüchtlingsunterkunft an der Hamborner Straße angefahren
Die 48-jährige Fahrerin hatte den Jungen nicht gesehen, als er am Dienstagmorgen, 16. August, zwischen abstellten Autos, aus einer Parkbucht lief, um zurück zum Eingang des Delta-Dorfs zu kommen. Dennoch war es ein ernsthafter Zusammenstoß, schildert Eimers. Beim Wagen war anschließend vorne links eine kopfgroße Beule sichtbar und der Kühlergrill kaputt. Der Achtjährige kam verletzt mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus. Zuvor hatte er sich unter Schock aufgerappelt und war in die Flüchtlingsunterkunft gehumpelt. Im Krankenhaus blieb er ein paar Tage zur Beobachtung, ist nun wieder bei seinen Eltern und Geschwistern.
So ein Unfall soll sich nicht wiederholen. Deshalb hat das Team der Flüchtlingsunterkunft umgehend reagiert. Aktuell darf nur noch einer der vier Eingänge, das Tor eins, für Lieferverkehr genutzt werden. An den anderen Zugangstoren sind neuerdings Absperrgitter, die lenken, wie Fußgänger die Einrichtung verlassen oder betreten. Zudem ist der Pförtner nicht mehr länger einige Meter auf dem Gelände, sondern direkt ans Tor gerückt. „Wir haben alles getan, was wir tun können“, so Einrichtungsleiter Eimers.
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Jetzt sieht Hoppe die Stadt in der Pflicht. Zumal sie spätestens Anfang Juli über Sicherheitsbedenken informiert wurde. Damals hatten sich der Bezirksbürgermeister und weitere SPD-Politiker durchs Delta-Dorf führen lassen und wurden auf die gefährliche Verkehrssituation aufmerksam. Sie erfuhren, dass die Tuner-Szene die Hamborner Straße als alternative Rennstrecke zur alten B 8 nutzt. Dass die Straße gegenüber den Eingangstoren fast immer mit Autos zugeparkt ist, sodass Kinder im Verkehr kaum von Autofahrern oder Radlern gesehen werden.
Außerdem finden Mütter mit Kinderwagen kaum eine ausreichende Lücke. Ebenso wenig Senioren mit Rollatoren, von denen auch einige in der Flüchtlingsunterkunft leben. Sind sie dann zu den Bushaltestellen an der Beecker Straße unterwegs, gelangen sie deshalb nicht schnell auf den Bürgersteig, sondern laufen auf der Fahrbahn, wo der Radweg eingezeichnet ist. Auf der Straßenseite der Unterkunft können sie aktuell nur einen Trampelpfad um Baumscheiben nutzen. Der führt aber nicht bis zu den Haltestellen oder zur nächsten Ampel.
Zuletzt hat die Stadt Duisburg am Delta-Dorf eine Tempo-30-Regel abgelehnt
Daher erachtet Peter Hoppe Schutzmaßnahmen als unbedingt notwendig. Das könne, findet er, ein Parkverbot sein und ein Tempo-30-Limit, „zumindest solange das Flüchtlingsdorf hier besteht“. Jedoch hielt die Stadt zuletzt, vor dem Unfall, von Tempo 30 nichts, als sich die SPD darüber erkundigte. Den zuständigen Fachbereichen, heißt es in einem Schreiben an die Partei, sei „derzeit keine besondere Gefahrenlage bekannt, die eine Geschwindigkeitsreduzierung ermöglichen würde.“ Zudem lehne auch die Polizei, heißt es weiter, diese Maßnahme ab, weil dort „in den letzten drei Jahren kein Verkehrsunfall zu verzeichnen war“.
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Über diese „lapidare Antwort“ ärgert sich Peter Hoppe. Zumal das Delta-Dorf erst in diesem Jahr aufgebaut wurde. Zu Spitzenzeiten haben darin 1400 Menschen gelebt, vor allem junge Mütter mit ihren kleinen Kindern. Inzwischen sollen immer noch rund 700 Flüchtlinge auf dem Gelände leben.
Krisenstab ist jetzt eingeschaltet
Am liebsten würde der Bezirksbürgermeister mit einem Dringlichkeitsbeschluss Tempo 30 und das Parkverbot anordnen. Jedoch weiß er, dass dafür die rechtliche Grundlage fehlt. Zwar arbeitet die SPD derzeit an einem entsprechenden Antrag, aber die Bezirksvertretung tagt erst wieder im Herbst. „Das ist zu spät für die Kinder“, betont Peter Hoppe.
Deshalb habe er jetzt den städtischen Krisenstabsleiter Martin Murrack angerufen. Die gefährliche Verkehrssituation soll demnach noch an diesem Donnerstag kurzfristig im Krisenstab beraten werden – und eine schnelle Lösung scheint zunächst möglich.