Duisburg. Der beherzte Kampf um die Pachtgärten am Hallenbad in Duisburg-Beeck war vergebens. Sie weichen einem Wohnquartier. Wie es dort nun weitergeht.

Ein Dreivierteljahr haben die Pächterfamilien gekämpft, um ihre Gärten zu retten. Vergebens. Die Stadt Duisburg wird sie abreißen lassen, um das geplante Wohnquartier am früheren Beecker Hallenbad zu erweitern. Der rot-schwarz geführte Stadtrat hat jetzt diesem Vorhaben mehrheitlich zugestimmt und einen neuen Bebauungsplan auf den Weg gebracht. Damit kassiert das Gremium einen anderslautenden Beschluss aus der Bezirksvertretung Meiderich/Beeck.

Die Bezirksvertreter hatten sich bereits im Juli 2021 gegen eine größere Neubausiedlung und für den Erhalt der Pachtgärten auf städtischem Grabeland ausgesprochen und diesen Beschluss erneut im März bekräftigt. Der Stadtrat hat jedoch anders entschieden.

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„Ich bin nicht glücklich mit dem Ratsbeschluss“, sagt Jülide Celenk. Die SPD-Ratsfrau aus Beeck hatte mit den Pächtern für die Gärten an der Flottenstraße gekämpft und jetzt gegen den Bebauungsplan gestimmt. Dagegen waren ebenfalls Grüne, Linke, AfD und weitere vereinzelte Mitglieder von Rot-Schwarz. Celenk trage zwar den Mehrheitsbeschluss nun mit, betont sie, wolle aber das Wohnbauprojekt „sehr kritisch begleiten“. So fordert sie vom Investor, von der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft, dort auch Sozialwohnungen zu bauen. Zudem müsse die Stadt für die Menschen im Stadtteil neue Flächen für die Naherholung schaffen. „Ich bin weiterhin nicht überzeugt, dass das Projekt gut ist.“

Von dem neues Wohnquartier soll ganz Duisburg-Beeck profitieren

Das sieht Bruno Sagurna völlig anders. „Das ist eine sehr gute und richtige Entscheidung!“, kommentiert der Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, dass das geplante Wohnquartier auf dem Badgelände nun zusätzlich auf das städtische Grabeland ausgeweitet wird. Statt bisher von 43 Wohneinheiten ist aktuell von circa 68 die Rede. „Es tut mir sehr leid“ für die Pächterinnen und Pächter, so Sagurna weiter, aber ihre Gärten hätten die Stadtentwicklung gebremst. Der Rat habe daher mit „einem großen Mehrheitsbeschluss“ entschieden, um Beeck voranzubringen.

In der Neubausiedlung sieht der Fraktionschef „einen positiven Impuls für den gesamten Stadtteil“, der vor allem zum Zuzug von jungen Familien führen werde. Diese Chance auf „hochqualitativen Wohnraum“ an der Flottenstraße hätten die SPD und die CDU unbedingt nutzen wollen.

Zumal die Alternative, betont Bruno Sagurna, nicht gewesen wäre, das ursprünglich geplante kleinere Wohnviertel auf der Hallenbadbrache zu bekommen und die Pachtgärten zu behalten. „Es bestand die Gefahr, dass der Investor ganz abspringt.“ Die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft hatte das Bieterverfahren um das Bauprojekt gewonnen, das fast 13.000 Quadratmeter große Bad-Grundstück gekauft und dann zusätzlich das benachbarte, städtische Grabeland angefragt.

Nach dem Ratsbeschluss gibt sich der Ratsherr Sagurna aber zuversichtlich, dass das neue, größere Wohnquartier nicht nur umgesetzt wird, sondern außerdem eine Neubausiedlung wird, „von der ganz Beeck profitiert“.

Abriss der Gärten: Betroffene beklagen den Verlust von Lebensqualität

Anders sehen das natürlich die betroffenen Pächterfamilien, die das städtische Grabeland teils seit gut 60 Jahren und in der dritten Generation als Gärten nutzen. Einige vor ihrem Eigenheim, andere ergänzend zu kleinen Mietwohnungen ohne Balkon und Garten. „Wir sind natürlich geknickt“, sagt Pächterin Sylvia Hayduck. Dass ihr rund 800 Quadratmeter großer Garten bald abgerissen wird, bedeutet für sie und ihre Familie „viel weniger Lebensqualität“. Als die Bezirksvertretung das Bauprojekt im vergangenen Sommer begraben wollte, seien alle in der Gartenanlage „noch guter Hoffnung“ gewesen, dass die Gärten gerettet sind.

Als dann aber über diesen Beschluss monatelang nicht im Stadtrat diskutiert wurde, der die endgültige Entscheidung trifft, habe man schon „kein gutes Gefühl“ gehabt. Lange vor dem aktuellen Ratsbeschluss sind einzelne Gärten nicht wieder verpachtet worden und mussten geräumt werden. Spätestens dann war in der Nachbarschaft klar, dass die Pachtgärten keinesfalls gerettet sind.

Die Rechtslage ist jedoch klar, die Stadt kann für ihr Grabeland die Pachtverträge kurzfristig kündigen. Denn Grabeland ist nur als Zwischennutzung vorgesehen, bis das Grundstück anderweitig gebraucht wird – selbst wenn es gut 60 Jahre dauert.

Stadt Duisburg will das Gelände frühestens zum Ende 2023 räumen lassen

Stadtdezernent Martin Linne hat unlängst zumindest das Versprechen der Stadt erneuert, dass die Verträge frühestens zum Ende 2023 gekündigt werden. Deshalb hoffen die Betroffenen jetzt noch auf zwei schöne Sommer in ihren Gärten. Die Verwaltung will ihnen zudem Ersatz anbieten, neue Grabelandflächen und Pachtgärten. Oder die Mitgliedschaft in einem Kleingartenverein vermitteln.

>> DIE RECHTSLAGE IST EINDEUTIG

● Wenn die Stadt Duisburg die Pachtverträge für ihre Grabelandflächen in Beeck kündigen will, ist die Rechtslage eindeutig. Die Kündigungsfrist beträgt nur einen Monat.

● Dennoch erhoffen sich die betroffenen Pachtgärtnerinnen und Pachtgärtner, zumindest ein bisschen, dass ein Einspruch gegen den neuen Bebauungsplan 1280 an der Flottenstraße ihre Gärten retten kann. Ohne einen rechtsgültigen Bebauungsplan kann auch das geplante Wohnquartier am ehemaligen Hallenbad nicht vergrößert werden.