Duisburg-Marxloh. Dem Runden Tisch Marxloh fehlt seit der Insolvenz der Sozialen Dienste eine Finanzgrundlage. Ein neuer Kooperationspartner soll das jetzt ändern.
Die Zukunft des Runden Tisches Marxloh bleibt ungewiss, solange kein Investor für die insolventen Sozialen Dienste feststeht. Doch der Verein an der Paulskirche schöpft jetzt durch einen Kooperationspartner neue Hoffnung.
„Unsere finanzielle Situation ist unverändert sehr schwierig. Wir sind immer noch auf Spenden angewiesen“, schickt der Vorsitzende Thomas Mielke zwar vorweg. Dennoch gebe es nun „einen absoluten Lichtblick“, der die bisherigen Geldsorgen deutlich verringere. Ein neues Unternehmen will sich nicht nur bei dem Verein in Marxloh einmieten, sondern strebt auch eine langfristige Zusammenarbeit an. Die Duisburger Firma Alltagsgefährten wird gerade als GmbH gegründet, soll ab Juni ihren Unternehmenssitz an der Paulskirche bekommen und dort ein, zwei Büros beziehen.
Runder Tisch Marxloh hofft auf eine finanzielle Grundlage durch den neuen Partner
Der Runde Tisch als Mieter des gesamten Gebäudekomplexes, der der Hamborner Pfarrei St. Johann gehört, darf ihn nach Belieben nutzen und untervermieten. Derzeit sind noch die Sozialen Dienste Marxloh, deren einziger Gesellschafter der Runde Tisch ist, als Untermieter im Haus. Zudem haben Architekten vom gegenüber entstehenden millionenschweren Bauprojekt Campus Marxloh ein Büro bezogen. Die Einnahmen decken nach Angaben von Mielke längst noch nicht alle laufenden monatlichen Kosten, aber mit den Alltagsgefährten „können wir den Verein am Laufen halten, ohne Bauschmerzen zu haben“.
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Der Fortbestand des Vereins ist bedroht, seitdem die Sozialen Dienste im Herbst 2019 Insolvenz anmeldeten. Das gemeinnützige Unternehmen war ursprünglich gegründet worden, um den Runden Tisch professioneller zu machen und finanziell abzusichern. Den Insolvenzantrag begründete die Unternehmensleitung unter anderem mit finanziellen Abgrenzungsproblemen zum Verein. Zudem hatten sich die Leitungen der Sozialen Dienste und des Runden Tisches zerstritten. Der Insolvenzverwalter Holger Rhode ist jedoch nur für das Unternehmen zuständig. Seither fehlt dem Verein eine finanzielle Grundlage.
Neue Duisburger Firma „Alltagsgefährten“ will behinderte Kinder unterstützen
Genau dort sollen die Alltagsgefährten ansetzen und deutlich mehr sein als ein reiner Mieter. Das Unternehmen will etwa behinderte Kinder und Jugendliche mit Unterstützungsbedarf mit einer Fachkraft in die Kita oder die Schule begleiten. Die Betreuung könnte, so ist es geplant, bereits nach den Sommerferien beginnen.
Die Kompetenz dafür will die neue Firma auch beim Runden Tisch einkaufen. Das teilt Tamer Aktaş, Mitbegründer der Alltagsgefährten, auf Anfrage mit. Die künftige Zusammenarbeit mit dem Verein sieht er als „Wechselspiel“, von dem beide profitieren. Schon immer habe den 43-jährigen Familienvater und Diplom-Ingenieur begeistert, mit welcher Motivation der Runde Tisch sich für die Kinder und Jugendlichen in Marxloh und insbesondere für Inklusion einsetze.
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Vom gegenseitigen Nutzen ist auch Thomas Mielke überzeugt: „Wir gehen davon aus, dass wir wirklich lange zusammenarbeiten und zusammen größer werden.“ Der „Kooperationsvertrag per Handschlag“ werde in wenigen Wochen verschriftlicht.
„Ich bin ganz euphorisch“, kann es der Vorsitzende kaum erwarten. Denn dadurch erlange der Runde Tisch mehr Unabhängigkeit von den Sozialen Diensten. So könne er „mit Gelassenheit“ abwarten, ob sich tatsächlich ein Investor für das gemeinnützige Unternehmen findet, ob er die Räume an der Paulskirche weiter mieten und mit den Verein zusammenarbeiten möchte. Ein möglicher Auszug „bricht uns nicht mehr das Genick“.
Weitere Investoren sind an den insolventen Sozialen Diensten interessiert
Gute Neuigkeiten vermelden allerdings auch Insolvenzverwalter Holger Rhode und Geschäftsführerin Heike Priebe für die Sozialen Dienste Marxloh gGmbH. Die aktuelle Situation sei „derzeit erfreulich“, sogar „eher eine Erfolgsgeschichte“. Das Unternehmen beschäftigt dank zweier gewonnener städtischer Ausschreibungen nun 170 statt zuvor 100 Mitarbeiter. Trotz gestiegener Löhne und Gehälter bleiben die Sozialen Dienste, so Rhode, „weiterhin robust im Markt aufgestellt“ und diese Wachstumsphase stehe auf soliden Füßen.
Dadurch sieht der Insolvenzverwalter „die Rahmenbedingungen für den Verkauf deutlich verbessert“. Aktuell laufen „Gespräche und Verhandlungen mit unterschiedlichen Interessenten“. Bislang waren die Lebenshilfe und Pro-Viva an einer Übernahme der zahlungsunfähigen Sozialen Dienste interessiert, inzwischen gibt es demnach weitere potenzielle Käufer. „Das Rennen ist derzeit noch offen“, so Rhode. Ein Kriterium für den besten Kandidaten ist eine „langfristige Zukunftslösung“ für die insolvente soziale Einrichtung und für die Menschen im Stadtteil.
Wer der Investor wird, darüber entscheidet die Gläubigerversammlung. Ursprünglich sollte sie bereits im März 2020 stattfinden, wurde aber wegen Corona abgesagt und seither mehrfach verschoben. Ein neuer Termin ist noch nicht absehbar.
>> NEUES INKLUSIVES FREIZEITPROGRAMM
● Das „Herzstück“ des Runden Tisches Marxloh, wie es der Vorsitzende Thomas Mielke nennt, ist das Freizeitprogramm mit inklusiven Angeboten. Dazu zählen Medienprojekte wie das Stadtteilmagazin „I am Marxloh“, ebenso Musikprojekte mit dem Kinderliedermacher Marc Oliver Höh alias Buddy Ollie, Tanzgruppen, ein Kochtreff oder Zeltcamps in Sommer- und Herbstferien. Informationen zum neuen Jahresprogramm gibt es bei Facebook auf facebook.com/rundertischmarxloh oder telefonisch unter 01577 3677609 oder 01578 1718928.
● Eine Osterferienfreizeit für 24 Kinder von Förderschulen bieten die Sozialen Dienste; ein ähnliches Angebot im Sommer ist geplant.
● Der Runde Tisch plant nach Rücksprache mit der Stadt Duisburg weiterhin eine inklusive Kita mit zwei Gruppen. Die konkrete Projektplanung hat jedoch noch nicht begonnen. Teils hängt sie auch von der Entscheidung ab, ob die Sozialen Dienste künftig an der Paulskirche bleiben.