Duisburg. Kinder mit Förderbedarf können künftig in jeder Kita aufgenommen werden. Die Lebenshilfe Duisburg fordert dafür verlässliche Assistenzen.
Bei Kindern mit Förderbedarf aufgrund körperlicher oder seelischer Beeinträchtigung sowie drohender Behinderung ist Duisburg „eine spezielle Stadt“, sagt Michael Reichelt von der Lebenshilfe, „die Fallzahlen sind bedeutend größer als in den umliegenden Städten“, deshalb hätten es die Jugendämter und Träger entsprechend leichter, den Bedarf zu bedienen.
Frühförderung in Duisburg: Doppelt so viele Fälle wie in Düsseldorf
Die Zahlen des Landesverbands Rheinland bestätigen: Bei der Frühförderung (570 Fälle) ist Duisburg im Vergleich zu Düsseldorf (261), Mülheim (32) oder Oberhausen (156) tatsächlich führend. Düsseldorf setzt allerdings doppelt so viele Integrationshelfer ein (353) wie Duisburg (184).
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Der LVR hat in Duisburg nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 5,65 Millionen Euro investiert für 1443 Kinder bis zum Schuleintritt. Sie bekamen Integrationshelfer für die Kita, Inklusions-Förderung, heilpädagogische Leistungen oder interdisziplinäre Frühförderung.
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„Ohne 1:1-Betreuung ist das Risiko zu hoch“
Das Thema Assistenz sei schwierig, sagt Reichelt. Nach seiner Einschätzung gewährt der LVR möglichst wenige Assistenzen. Der Weg dahin ist lang, musste auch Jasmin Torres Badilla feststellen, die für ihr autistisches Kind eine Unterstützung für den Regel-Kindergarten braucht, dafür unzählige Telefonate führen und Briefe schreiben musste.
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Für Schwerst-Mehrfachbehinderte, die womöglich per Sonde ernährt werden, für Kinder, die bei den alltäglichsten Dingen Hilfe benötigen, „muss es weiter eine 1:1-Betreuung geben“, fordert Reichelt. „Das ist unsere Botschaft. Sonst ist das Risiko zu groß.“ Für das nun laufende Kindergartenjahr seien Assistenzen bewilligt worden. „Wenn das nicht möglich gewesen wäre, hätten wir die Kinder nicht aufnehmen können, das wäre nicht zu verantworten“, macht Reichelt klar.
Bei den Assistenzen genüge es auch nicht, ungelernte Kräfte in die Kitas zu schicken. Er habe große Hochachtung vor seinen Mitarbeitern, betont der Geschäftsführer. „Wir stoßen auf Förderbedarfe, die schon für Fachkräfte schwer zu stemmen sind.“
Inklusionsgruppen statt Heilpädagogischer Kita
Die Lebenshilfe betreibt aktuell sechs, ab kommendem Jahr acht Kitas in Duisburg. Früher hatte der Verein eine Heilpädagogische Kita, Kinder aus der ganzen Stadt wurden mit dem Bus herangefahren. Jetzt will er möglichst wohnortnah vertreten sein und je nach Bedarf integrative Gruppen anbieten.
Nur so könnten Freundschaften zwischen den Kindern entstehen, auch die wichtige Elternarbeit sei damit einfacher. „Wir wollen Inklusion, mit so viel Normalität wie möglich und so viel Förderung wie nötig“, beschreibt Reichelt das Credo. „Wir haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der entsprechenden Ausbildung, wir haben die Therapieangebote.“
Räume für die Therapieangebote fehlen in vielen Kitas
Die dezentrale Lösung bedeutet nun für die Therapeuten mehr Fahrerei – „aber das nehmen wir in Kauf“, sagt Reichelt. Ein Haken sei allerdings, dass viele Kitas keine zusätzlichen Räume für die Therapieangebote haben.
Weil durch das neue Bundesteilhabegesetz alle Kitas verpflichtet sind, Kinder mit Behinderung aufzunehmen, bietet die Lebenshilfe ein Coaching für jene Träger an, die noch wenig Erfahrung mit den Bedürfnissen dieser Kinder haben. „Da gibt es aber keinen Run“, sagt Reichelt.