Duisburg-Marxloh. Die Rhein-Ruhr-Halle in Duisburg kann laut Gutachten saniert werden. Doch auch für den Abriss gibt es Argumente. Die Entscheidung fällt in Kürze.
Die Pop-Königin Beyoncé Knowles wird nicht in der Rhein-Ruhr-Halle auftreten, wo früher Michael Jackson und viele andere Weltstars schon auf der Bühne standen. Doch selbst wenn die Diskussion um „Hamborns Wohnzimmer“ in der Bezirksvertretung (BV) zuletzt von Nostalgie und Emotion geprägt war, bleibt der Blick in die Zukunft realistisch – und ist zugleich optimistisch. Denn die Halle zu sanieren anstatt sie abzureißen, stellt ein Gutachten des Frankfurter Unternehmens „Albert Speer und Partner“ als durchführbar dar. Trotzdem gibt es Hürden, die die Modernisierung verhindern könnten.
Zwar schlägt eine Beschlussvorlage der Stadt Duisburg jetzt, auf diesem Gutachten aufbauend, die zuletzt im Rathaus favorisierte Reaktivierung der Mehrzweckhalle vor. Jedoch legt sich das Dokument nicht auf diese Variante fest, sondern lässt die Zukunft des Gebäudes weiterhin offen, indem es als gleichwertige Alternative den Abriss mit späterer Grünanlage ermöglicht.
Auf dem Grundstück neu zu bauen, ist bekanntermaßen durch die Nähe zu den Grillo-Werken als Störfallbetrieb und zur Autobahn ausgeschlossen. Dagegen ist die Genehmigung für die existierende Halle noch gültig und erlöscht bei einer Bestandssanierung nicht, wie ein Rechtsgutachten feststellt.
Stadt Duisburg korrigiert Sanierungskosten für Rhein-Ruhr-Halle nach oben
Doch für die Bezirksvertretung sind dies keineswegs gleichwertige Alternativen, wie Christopher Hagenacker (SPD) betont. Die Sanierung biete „eine Zukunft für Hamborn, die über den Bezirk hinaus strahlt“, der Abriss dagegen bedeute nur „eine grüne Wiese, die nicht mal Aufenthaltsqualität hat“.
Für die Stadtverwaltung sind jedoch beide Varianten geeignet, zusammen mit dem laufenden Umbau des Stadtbads, den Eingang zum Duisburger Norden deutlich aufzuwerten.
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„Wir schaffen nicht nur eine Halle, die dringend gebraucht wird, sondern auch ein neues Wertgefühl für Hamborn“, ergänzte Bezirksbürgermeisterin Martina Herrmann (SPD) bei der BV-Sitzung. Als künftiges „Aushängeschild“ sieht auch Marcus Jungbauer (CDU) eine moderne Rhein-Ruhr-Halle, wenngleich die Umbaukosten von mehr als 40 Millionen Euro eine „enorme Belastung“ seien. Das gesamte Gremium ist sich allerdings einig: Die Investition ist es wert.
Während das im Jahr 2020 erstellte Gutachten aus Frankfurt die Sanierungskosten auf 34 Millionen Euro schätzt, setzt die Stadtverwaltung neuerdings eine höhere Summe an. Dabei gehen die Gutachter und die städtischen Mitarbeiter davon aus, dass die Mehrzweckhalle nur noch 3200 statt früher 4360 Zuschauerinnen und Zuschauer fasst und eine komplett neue Technik bekommt. Die Fachleute im Duisburger Rathaus rechnen gestiegene Preise ein, nicht zuletzt wegen Corona, und veranschlagen 38 bis 40 Millionen Euro für die Sanierung. Zusätzlich rechnen sie mit jährlichen Betriebskosten von ein bis anderthalb Millionen Euro.
Austragungsort für überregionale Sportmeisterschaften
Solch ein Veranstaltungsort, so Jungbauer, müsse 365 Tage im Jahr genutzt werden, und er will dabei die Stadt Duisburg mit ihren Töchtern in die Pflicht nehmen. Sie sollen neben Kultur, Schul- und Vereinssport auch überregionale Meisterschaften im Blick haben, etwa im Boxen oder Judo. „Duisburg war immer eine Sportstadt und wird es weiterhin sein.“
Zudem ist sich das Hamborner Stadtteilparlament einig, dass in Duisburg eine vergleichbare Halle für Sport und Veranstaltungen fehle und es daher besser sei, die Rhein-Ruhr-Halle zu sanieren anstatt sie für gut fünf Millionen Euro abzureißen. Einen Neubau beziffern die Gutachter mit rund 45 Millionen Euro. Diese neue Halle würde dann aber fast sicher nicht in Marxloh errichtet, wo es eine günstige Verkehrsanbindung an die Autobahn und den Nahverkehr gibt.
Worauf muss Hamborn im Falle der Sanierung verzichten?
Dennoch stellt Coşkun Şirin (Grüne) die Frage, ob sich die Stadt die Modernisierung überhaupt leisten kann, und worauf man dann verzichten müsse. Damit greift er Hinweise der Verwaltung auf, wonach zwar der Abriss aus dem 50 Millionen Euro starken Förderprogramm „Stark im Norden“ bezahlt werden kann, die Sanierung nach Rücksprache mit Bund und Land jedoch nicht.
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Für Bezirksbürgermeisterin Herrmann ist es zu früh für diese Frage. Zumal die Mehrzweckhalle ein gesamtstädtisches Projekt sei, das zunächst in die Duisburger Haushaltsplanung eingestellt werde wie jedes andere große Bauvorhaben auch.
Im Stadtrat gibt es auch Befürworter für einen Abriss
Schließlich stimmten alle Fraktionen gemeinsam dafür, die Rhein-Ruhr-Halle zu reaktivieren. Über deren Zukunft, über die beiden Alternativen, stimmt abschließend der Stadtrat am 27. September ab.
Dort hingegen hat, anders als in Hamborn, auch der Abriss seine Befürworter. So bezeichnete etwa Ratsherr Oliver Beltermann (Junges Duisburg) den Umbau des Bestandsgebäudes jüngst in den Sozialen Medien als „teures Abenteuer“ und als „Risiko“, während Ratsmitglied Sebastian Ackermann (Grüne) im dicht bebauten Marxloh angesichts des Klimawandels mehr Grünflächen für sinnvoll hält.
>> DIE PARKPLÄTZE SOLLEN IN JEDEM FALL ERHALTEN BLEIBEN
● Die Stadtverwaltung will für den Fall, dass sich der Stadtrat zu einen Abriss der Rhein-Ruhr-Halle entschließt, das Grundstück hochwertig begrünen. Doch wird laut der Fachleute im Rathaus eine klassische Parkanlage mit Aufenthaltsqualität aufgrund der nahen Grillo-Werke, einem Störfallbetrieb, nicht möglich sein. Die jährlichen Kosten für die Pflege schätzt die Stadt auf 300.000 Euro.
● Erhalten bleiben sollen jedoch die Parkplätze unter der A 59, sie genießen Bestandsschutz.
● Der Abriss soll inklusive einer vorherigen Asbestsanierung der Halle derzeit rund fünf Millionen Euro kosten. Dies könnte aus den 50 Millionen Euro des Programms „Stark im Norden“ mit bis zu 80 Prozent gefördert werden. Dafür muss der Antrag jedoch bis Ende Oktober gestellt werden.