Duisburg-Marxloh. Der Duisburger Künstler Norbert Thyssen beobachtete die Welt mit bissigem, aber klugem Humor. Mit 69 Jahren ist er nun gestorben. Ein Nachruf.

Den Begriff Kunst lehnte Norbert Thyssen für sein Schaffen meist ab. Mehr Handwerk als Kunst seien die Designs und Grafiken, „Handwerkskunst“ treffe es am ehesten. Und doch war er in Marxloh und Umgebung als Künstler bekannt, humorvoll, bissig und klug, in vieler Weise unbequem. Jetzt ist Norbert Thyssen im Alter von 69 Jahren gestorben.

Seine Kreativität hatte der gebürtige Oberhausener lange der Werbebranche zur Verfügung gestellt; auch als Journalist war er zeitweise tätig gewesen. Als Künstler machte Thyssen zuletzt 2019 auf sich aufmerksam, als er in einem Buch 40 Grafiken mit Marxloh-Bezug veröffentlichte. Die teilweise provokanten Grafiken, mal Liebeserklärung an den Stadtteil, mal Gesellschaftskritik, wurden im XXL-Format auch in der Kreuzeskirche ausgestellt.

Norbert Thyssen fand Marxloh vor allem „ziemlich normal“

Zu diesem Zeitpunkt wohnte Thyssen erst ein gutes Jahr lang in Marxloh. Drei Jahrzehnte hatte er zuvor in Röttgersbach gelebt, wo es ihn der Liebe wegen einst hinverschlagen hatte. Der Umzug 2018 erfolgte aus weniger erfreulichem Grund: Thyssen hatte krankheitsbedingt ein Bein verloren und konnte – nun im Rollstuhl – sein Zuhause im Obergeschoss nicht mehr bewohnen.

Politisch korrekt waren die Werke von Norbert Thyssen nur selten.
Politisch korrekt waren die Werke von Norbert Thyssen nur selten. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

In einer Marxloher Pflege-WG befasste er sich intensiv mit der neuen Umgebung, und teilte seine Beobachtungen auf die eigene, durchaus aneckende Art, oft nicht politisch korrekt und ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten. „Einer ist immer der Dumme“, sagte Norbert Thyssen über seinen Humor und über Humor im Allgemeinen: „Bei jedem Witz muss es etwas geben, worüber man lacht, ob das der Muslim ist, der Pfarrer, oder der schäbige Hausbesitzer.“

Thyssen griff die Probleme des Stadtteils auf, Schrottimmobilien oder Müllberge zum Beispiel. Auf einer Postkarte mit dem Foto einer wilden Müllkippe titelte der Schriftzug: „Grüße in die Heimat...es ist wie Zuhause, nur besser.“ Dennoch zeichnete der Künstler ein insgesamt versöhnliches Bild vom Multikulti-Viertel, das er vor allem immer „ziemlich normal“ fand.

Sein letztes Projekt konnte Norbert Thyssen nicht fertigstellen

Norbert Thyssen bezeichnete sich als „Ideeist“, als einen, der viele Ideen hat und diese dann irgendwie in die Tat umsetzt. Er machte Musik, fotografierte, designte Tassen, T-Shirts und Plakate, angetrieben von viel Energie, die ihn mitunter auch aufbrausend sein ließ. Sich selbst verschonte Thyssen nicht vom eigenen, schwarzen Humor: Er lachte über sich wie über andere, und ertrug seine Krankheit mit viel Sarkasmus – und vielen Zigaretten.

Norbert Thyssen über seinen schwarzen Humor: „Bei jedem Witz muss es etwas geben, worüber man lacht, ob das der Muslim ist, der Pfarrer, oder der schäbige Hausbesitzer.“
Norbert Thyssen über seinen schwarzen Humor: „Bei jedem Witz muss es etwas geben, worüber man lacht, ob das der Muslim ist, der Pfarrer, oder der schäbige Hausbesitzer.“ © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Zuletzt arbeitete er an einer Sammlung selbst gestalteter Filmplakate, mit lokalem Bezug – „Filme, die es niemals gab“. Für Duisburg, Oberhausen und den Kreis Wesel hatte er bereits Plakate erstellt und diese mit eigenen, meist komischen Titeln versehen. Weitere Ruhrgebietsstädte sollten folgen, später auch ein Buch. Die Krankheit, mit der Norbert Thyssen jahrelang leben musste, ließ ihn dieses Projekt nicht mehr vollenden.