Duisburg. Mit der Not-Unterbringung befindet sich die Stadt Duisburg in einer bislang “nie gekannten Dramatik“ - sagte Stadtdirektor Reinhold Spaniel im Sozialausschuss des Rates. Er verwahrte sich gegen Besserwisser und Schlauberger - und wegen der Zeltstadt zum “Buhmann der Nation“ zu werden.
Dieser kalte Zornesausbruch, gestern Nachmittag im Sozialausschuss des Rates der Stadt Duisburg, war einmal nötig. Nötig zumindest für den Duisburger Stadtdirektor und altgedienten Sozialdezernenten Reinhold Spaniel, der in den vergangenen Wochen wegen seiner bundesweit beachteten, aber höchst umstrittenen Zeltstadt als Notunterkunft für Asylbewerber gewissermaßen zum „Buhmann der Nation“ gemacht wurde.
Diese Debatte empfinde er als „unerträglich“, sagte er zu den versammelten Sozialpolitikern und Vertretern von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden. „Diese Schlauberger, die im Nachhinein schon immer alles ganz genau gewusst haben wollen und jetzt Kritik üben, sind eine echte Zumutung.“ Bundesweit gebe es mittlerweile 10 Städte, darunter die Hauptstadt, die Zelte für Flüchtlinge errichte. Berlin habe gar die Landesaufnahmestelle wegen Überfüllung geschlossen. Die Stadt Köln habe gerade ein Hotel für 5 Millionen Euro gekauft. Alle hätten Aufnahmeprobleme, doch auf Duisburg prassele die Kritik.
Spontane Hilfsangebote
Mit der Not-Unterbringung befinde sich die Stadt in einer bislang „nie gekannten Dramatik“. Spaniel: „Vor drei Monaten wurden uns 70 Menschen pro Monat zugewiesen, heute sind es schon 100, bald werden es 130 und mehr sein, jeden Monat neu.“ Die Ursachen dafür lägen in der vielen Konflikten auf dieser Welt. Dennoch komme die große Mehrheit der Flüchtlinge, die Duisburg zu versorgen habe, gar nicht aus den Kriegsgebieten von Syrien oder dem Irak, sondern vom Balkan: Serbien, Montenegro oder dem Kosovo.
Die Zeltstadt in Walsum sei aus einer absoluten Not heraus entstanden: „Mir blutet selber das Herz und es ist eine zeitlich begrenzte Maßnahme.“ Eine Maßnahme, die aber bislang noch nicht in Anspruch genommen wurde. Denn nach der Wahrnehmung der Zelte durch die Öffentlichkeit, so Spaniel, sein ein „Ruck durch diese Stadt gegangen“. Es habe viele spontane Hilfsangebote für Übergangswohnraum gegeben, von Wohnungsbaugesellschaften, Kindergärten, Privatmenschen. Viele Spenden von Sachmitteln. Nicht alles taugte, doch die Solidarität war da. „Überwältigend!“
Grünen-Anfrage muss warten
250 Wohnungen seien derzeit mit Flüchtlingen belegt. Mehr gehe nicht, weil isolierter Wohnraum ohne Betreuung nicht funktioniere. Die Verwaltung arbeite mit Hochdruck daran, die beschlossenen sieben Asylunterkünfte in den Stadtbezirken umzusetzen.
Mit kaltem Zorn bedachte der Stadtdirektor eine zweiseitige Anfrage der Fraktion der Grünen, die von der Verwaltung das Thema „Zuwanderung 1990 bis heute“ aufgearbeitet haben wollten. Spaniel: „Mit Verlaub. das ist eine Zumutung. Glauben Sie, ich schicke jetzt meine Leute ins Archiv, damit sie ihre 11 Fragen beantworten? Die müssen Wohnraum für Flüchtlinge organisieren.“ Man einigte sich darauf, dass sich die Verwaltung mit einer Antwort Zeit lassen darf.