Duisburg. Die beiden ehemaligen Vorstände der Duisburger Gebag sollen 5,7 Millionen Euro Schadenersatz für das Küppersmühle-Desaster zahlen. Doch woher das Geld nehmen, fragt sich Marianne Wolf-Kröger, die aktuell von einer Hinterbliebenen-Rente und einem Mini-Job lebt.

Das Urteil der Düsseldorfer Berufungsrichter ist eindeutig: Die Ex-Gebag-Chefs Dietmar Cremer und Marianne Wolf-Kröger müssen mit je 5,7 Millionen Euro Schadenersatz für das Küppersmühle-Desaster gerade stehen. Pflichtwidrig, ja vorsätzlich war ihr Vorstandsverhalten, so die Richter. Ob die städtische Wohnungsgesellschaft tatsächlich je einen Cent bekommt, ist eher ungewiss. „Wo sollte ich so viel Geld hernehmen?“, sagt Wolf-Kröger im WAZ-Gespräch.

Recht ist gesprochen, doch wie geht ein betroffener, verurteilter Mensch damit um? Die 60-Jährige Wolf-Kröger soll auf Anraten ihrer Ärzte eigentlich alles, was mit Gebag zu tun hat, von sich schieben. Seit zwei Wochen ist sie aus der Reha zurück, seit zwei Jahren sei sie wegen Herzproblemen in Behandlung. Zum Jahresbeginn 2012 war der Ex-Gebag-Chefin fristlos gekündigt worden, folgte dann die Forderung auf Schadensersatz.

Ob die Vorstandsversicherung ist unklar

Sie lebt in Coesfeld im ruhigen Münsterland. Lebt nach eigenen Worten von der Hinterbliebenenrente ihres verstorbenen Mannes, hat einen 400 €-Job, „damit ich genug Geld habe“. Und jetzt 5,7 Mio Euro? „Das ist aussichtslos“, sagt sie, die in ihren drei Gebag-Jahren noch sechsstellig verdiente.

Noch offen ist, ob ihre Vorstandsversicherung vielleicht zahlt. Bei Vorsatz wird sie sich weigern, grobe Fahrlässigkeit wird strittig sein, Fahrlässigkeit wird die Police möglicherweise abdecken. „Ich muss erst einmal das Urteil lesen“. Noch eher ihre Anwälte. Ohne Versicherung droht ihr im Vollstreckungsverfahren die Privatinsolvenz. Auch bei der Gebag erwartet man nicht unbedingt großen Geldsegen, wenn überhaupt, dann von der Versicherung.

Gegen bindende Weisung verstoßen

Das Urteil und auch interne Berichte der Stadtkontrolleure legten klar: Die im Aktienrecht verantwortlichen Vorstände hatten gegen bindende Weisungen des Gebag-Aufsichtsrats verstoßen, als sie trotz drohender Kostensteigerungen für den Museums-Kubus im Februar 2009 die verhängnisvolle Bauverpflichtung unterschrieben und nicht die Notbremse gezogen, nicht Vertrags-Rücktritt oder zumindest Zeitaufschub erwirkten.

„Ich war erst seit wenigen Wochen im Amt. Alle sagten damals, das geht in Ordnung. Die hätten mich gelyncht, wenn ich das gestoppt hätte“, verweist Wolf-Kröger auf den Kubus-Hype damals. Zu „blauäugig“, zu „gutgläubig“ sei sie gewesen, räumt Wolf-Kröger Fehler ein, die als Verdi-Gewerkschaftssekretärin auf den Gebag-Chefsessel gesetzt wurde, der für sie zum Schleudersitz wurde und sich nun ungerecht behandelt fühlt. Das Urteil und Vorstandsvorschriften freilich sagen unmissverständlich das Gegenteil.

Abriss der Rost-Ruine im Innenhafen

17. März 2014: Am Stahlskelett des gescheiterten Erweiterungsbaus für das Museum Küppersmühle am Duisburger Innenhafen haben die Vorarbeiten für die Verschrottung begonnen. ...
17. März 2014: Am Stahlskelett des gescheiterten Erweiterungsbaus für das Museum Küppersmühle am Duisburger Innenhafen haben die Vorarbeiten für die Verschrottung begonnen. ... © Stephan Eickershoff / WAZ FotoPool
... Unter dem Stahlgewirr muss zunächst das komplette Erdreich verdichtet werden, damit ein Tragegerüst aufgebaut werden kann, das die tonnenschwere Last der Metallträger hält, wenn diese mit Schneidbrennern auseinandergeschnitten werden. Das ist technisch notwendig und soll die mangelhaften Schweißnähte für die noch laufenden Gerichtsverfahren sichern.
... Unter dem Stahlgewirr muss zunächst das komplette Erdreich verdichtet werden, damit ein Tragegerüst aufgebaut werden kann, das die tonnenschwere Last der Metallträger hält, wenn diese mit Schneidbrennern auseinandergeschnitten werden. Das ist technisch notwendig und soll die mangelhaften Schweißnähte für die noch laufenden Gerichtsverfahren sichern. © Stephan Eickershoff/ WAZ FotoPool
22. April 2014: Zurzeit wird ein Tragegerüst aufgebaut, das die Konstruktion beim Zerlegen halten soll. ...
22. April 2014: Zurzeit wird ein Tragegerüst aufgebaut, das die Konstruktion beim Zerlegen halten soll. ... © Stephan Eickershoff/ WAZ FotoPool
... Allein das wird sich hinziehen, so dass mit den eigentlichen Abbauarbeiten erst in der Woche ab dem 5. Mai begonnen werden kann.
... Allein das wird sich hinziehen, so dass mit den eigentlichen Abbauarbeiten erst in der Woche ab dem 5. Mai begonnen werden kann. © Stephan Eickershoff/ WAZ FotoPool
30. April 2014: Der Gerüstaufbau ist nahezu abgeschlossen, ab dem 5. Mai soll mit dem Abriss des Kubus begonnen werden. ...
30. April 2014: Der Gerüstaufbau ist nahezu abgeschlossen, ab dem 5. Mai soll mit dem Abriss des Kubus begonnen werden. ... © Stephan Eickershoff / WAZ FotoPool
... Die eigentliche Demontage wird dann etwa drei Monate dauern.
... Die eigentliche Demontage wird dann etwa drei Monate dauern. © Stephan Eickershoff / WAZ FotoPool
5. Mai 2014: Nein, Christo hat hier nicht Hand angelegt, auch wenn es so aussieht. Komplett eingepackt ist das Stahl-Skelett des gescheiterten Museums-Anbaus an der Küppersmühle im Innenhafen. ...
5. Mai 2014: Nein, Christo hat hier nicht Hand angelegt, auch wenn es so aussieht. Komplett eingepackt ist das Stahl-Skelett des gescheiterten Museums-Anbaus an der Küppersmühle im Innenhafen. ... © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
... Die Gebag hat jetzt damit begonnen, das rostige Gerippe von oben nach unten zerlegen und verschrotten zu lassen.
... Die Gebag hat jetzt damit begonnen, das rostige Gerippe von oben nach unten zerlegen und verschrotten zu lassen. © Fabian Strauch / WAZ FotoPool
12. Mai 2014: Die Abrissarbeiten des Stahlskeletts sind in vollem Gange. Die Baustelle ist aber mehr als nur das. ...
12. Mai 2014: Die Abrissarbeiten des Stahlskeletts sind in vollem Gange. Die Baustelle ist aber mehr als nur das. ... © Stephan Eickershoff/ WAZ FotoPool
... Sie ist ein Tatort, denn bei dem Abriss müssen Beweise für den strittigen Pfusch gesammelt werden.
... Sie ist ein Tatort, denn bei dem Abriss müssen Beweise für den strittigen Pfusch gesammelt werden. © Stephan Eickershoff/ WAZ FotoPool
21. Mai 2014: Rund 1,3 Millionen Euro zahlt die Gebag für den Abriss des geplanten Anbaus. ...
21. Mai 2014: Rund 1,3 Millionen Euro zahlt die Gebag für den Abriss des geplanten Anbaus. ... © Stephan Eickershoff/ WAZ FotoPool
... Mit Schwertransporten werden die Stahlträger zum Schrottverwerter gebracht.
... Mit Schwertransporten werden die Stahlträger zum Schrottverwerter gebracht. © Stephan Eickershoff/ WAZ FotoPool
3. Juni 2014: Deutliche Fortschritte sieht man inzwischen auf der Baustelle. ...
3. Juni 2014: Deutliche Fortschritte sieht man inzwischen auf der Baustelle. ... © Lars Fröhlich / WAZ Fotopool
... Das oberste Stockwerk des Schrott-Kubus ist schon abgetragen.
... Das oberste Stockwerk des Schrott-Kubus ist schon abgetragen. © Lars Fröhlich/ WAZ Fotopool
10 Juni: Immer flacher wird das Stahlgerüst. ...
10 Juni: Immer flacher wird das Stahlgerüst. ... © Lars Fröhlich / WAZ Fotopool
... Seit gut fünf Wochen läuft nun die Demontage.
... Seit gut fünf Wochen läuft nun die Demontage. © Lars Fröhlich / WAZ Fotopool
20. Juni: Bald geschafft! Der Abbau des Stahlkubus an der Küppersmühle im Innenhafen schreitet offensichtlich gut voran. Das Stahlskelett für den gescheiterten Museumsanbau ist mittlerweile bis auf die unterste Ebene auseinandergeschraubt und zerschnitten. Ein Großteil der Stahlträger ist bereits zur Verschrottung abgefahren worden. Damit liegen die Gebag und die beauftragten Firmen im Zeitplan. ...
20. Juni: Bald geschafft! Der Abbau des Stahlkubus an der Küppersmühle im Innenhafen schreitet offensichtlich gut voran. Das Stahlskelett für den gescheiterten Museumsanbau ist mittlerweile bis auf die unterste Ebene auseinandergeschraubt und zerschnitten. Ein Großteil der Stahlträger ist bereits zur Verschrottung abgefahren worden. Damit liegen die Gebag und die beauftragten Firmen im Zeitplan. ... © Stephan Eickershoff/ WAZ FotoPool
25. Juni: Ganz frei ist der Platz noch nicht, aber jetzt kann es nicht mehr lange dauern, ...
25. Juni: Ganz frei ist der Platz noch nicht, aber jetzt kann es nicht mehr lange dauern, ... © Fabian Strauch/ WAZ FotoPool
... bis auch das letzte Stück rostiger Stahl endgültig aus dem Innenhafen verschwunden ist.
... bis auch das letzte Stück rostiger Stahl endgültig aus dem Innenhafen verschwunden ist. © Fabian Strauch/ WAZ FotoPool
30. Juni: Heute sollte vertragsgemäß das schwere Stahlgerippe von der Bildfläche verschwunden sein. Doch so ganz hat das nicht geklappt: Der Kubus ist zwar weitgehend verschrottet, aber noch ist das Grundstück weder rostfrei noch
30. Juni: Heute sollte vertragsgemäß das schwere Stahlgerippe von der Bildfläche verschwunden sein. Doch so ganz hat das nicht geklappt: Der Kubus ist zwar weitgehend verschrottet, aber noch ist das Grundstück weder rostfrei noch "besenrein". ... © Tanja Pickartz/ WAZ FotoPool
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Dietmar Cremer bekommt keine Gebag-Pension 

5,7 Millionen Euro Schadensersatz soll auch Dietmar Cremer zahlen. Der SPD-Mann war jahrzehntelang der starke Mann der städtischen Wohnungsbautochter, soll über 300.000 Euro im Jahr verdient haben. Über einen zunächst vermeintlich gesichtswahrenden vorzeitigen Ruhestand war er wegen des Museums-Fiaskos aus dem Amt geschieden. Als die Schadensersatzforderungen anstanden, strich ihm die Gebag im Mai 2012 die mit 18.000 Euro ansehnlich dotierte Altersversorgung. Dagegen klagte Cremer - vergeblich.

Die Gebag kann nun nach dem – noch nicht rechtskräftigen – Urteil wohl die Altersversorgung aus ihrer Bilanz streichen; ob sie darüber hinaus von Cremer oder dessen Versicherung weitere Zahlungen erhält ist ebenso ungewiss wie bei Wolf-Kröger. Die WAZ versuchte auch, Cremer zu erreichen – vergeblich: Eine freundliche Bandstimme der Mailbox teilt mit: „Der Gesprächspartner möchte zurzeit keine Gespräche annehmen. Bitte haben Sie Verständnis.“

Noch in erster Instanz läuft das dritte Schadensersatzverfahren auf eine Summe von einer Million Euro gegen den von der Stadt in den Gebag-Aufsichtsrat entsandten damaligen Baudezernenten Jürgen Dressler. Der konterte gegen den einstigen Gebag-Aufsichtsratsvorsitzenden Friedrich Prüßmann mit einer Anzeige wegen Verletzung der Geheimhaltung.