Essen. Die Gesprächsrunde bei “Hart aber fair“ streifte am Montagabend zahlreiche brennende Fragen zum Thema Asyl. Mögliche Lösungsansätze blieben jedoch auf der Strecke. Die Debatte zeigte: Es fehlt an einer politischen Strategie. Auch die Duisburger Problemhäuser waren kurzzeitig ein Thema.
Guter Flüchtling, schlechter Flüchtling: Auf diese provokante Formel spitzte Plasberg bei "Hart aber fair" das kontroverse Thema Asyl zu, das seit dem Bootsunglück von Lampedusa wieder in aller Munde ist. Wie viel Verantwortung tragen die wohlhabenden Industrienationen gegenüber Menschen, die entweder vor Krieg, Terror und Verfolgung fliehen oder Hunger, Armut und Elend zu entkommen versuchen? Mit einem gelungenen Einspieler eröffnete die Plasberg-Redaktion die Debatte – und bewies: Die Denke "guter Flüchtling, schlechter Flüchtling" ist offenbar bei vielen Bundesbürgern weit verbreitet.
Die Plasberg-Redakteure entlarvten dies mithilfe einer Umfrage. In Remscheid sollten sich die Befragten zu zwei Bildern äußern. Es handelte sich einerseits um ein voll besetztes Flüchtlingsboot und andererseits um eine Schlange osteuropäischer Tagelöhner, die sich bereits in Deutschland aufhalten. Natürlich müsse man den armen Menschen auf den Booten helfen, ihnen Unterschlupf und Unterstützung gewähren, kommentierten die Befragten das erste Bild – sichtlich betroffen angesichts des dargebotenen Leids. Die Tagelöhner hingegen standen bei vielen nicht mehr so hoch im Kurs.
Ausländer tragen kein Kriminalitätsgen in sich
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Menschen in Not müssen unterstützt werden, das ist für viele Deutsche eine Selbstverständlichkeit. Trotzdem ist die Angst, ausgenutzt zu werden, genauso weit verbreitet. Wirtschaftsflüchtlinge, die womöglich nur ein bequemes Plätzchen in der sozialen Hängematte suchen, sind verpönt. Dies förderte die "Hart aber fair"-Umfrage anschaulich zutage. Dementsprechend drängen sich zwei Fragen auf: Ist nur derjenige Flüchtling genehm, der Folter und politischer Verfolgung entflieht? Oder sind die Motive vieler Menschen, die in der Bundesrepublik versuchen, ihr Glück zu machen, nicht ebenso verständlich?
"Deutschland ist ein Sehnsuchtsort für viele Einwanderer", stellte Wolfgang Bosbach, innenpolitischer Experte der CDU, fest. Man dürfe sich und den eigenen Wohlstand aber nicht ausnutzen lassen, befand Bosbach. Wie das mit dem christlichen Menschenbild vereinbar sei, fragte Guntram Schneider daraufhin. Der Integrationsminister aus Hannelore Krafts NRW-Kabinett, stellte nach einer kritischen Anmerkung von Polizeigewerkschafter Rainer Wendt klar, dass Ausländer ja grundsätzlich kein Kriminalitätsgen in sich tragen.
Wendt weist auf steigende Kriminalitätsraten im Umfeld der Duisburger Problemhäuser hin
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Hatte Wendt aber auch nicht behauptet. Der Vertreter der Polizei hatte lediglich auf steigende Krminalitätsraten im Umfeld der Problemhäuser in Duisburg verwiesen. Trotzdem ruderte Wendt nur ein paar Minuten später mit der Anmerkung zurück, es gebe auch genügend deutsche Straftäter. Vor der Wirklichkeit dürfe man trotzdem nicht die Augen verschließen, schob Wendt hinterher.
Bosbach sekundierte. Oftmals werde man mit in die rechte Ecke gedrängt, wenn man die Probleme in der Migrationsdebatte offen anspreche, so zum Beispiel Prostitution, Drogenhandel oder Gewalt. SPD-Mann Schneider parierte dies. Kriminalität gebe es nicht nur im Milieu der Migranten, sondern auch auf deutscher Seite. Überhöhte Mieten für unzumutbare Asylbehausungen oder ausbeuterische Arbeitslöhne und -bedingungen seien die Kehrseite der Medaille.
Ab 2014 Flüchtlingsschwemme aus Osteuropa?
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Wie viel Humanismus kann sich der Kapitalismus leisten? Mit dieser Frage brachte ein Plasberg-Zuschauer das Dilemma in der Flüchtlingsfrage auf den Punkt, als die obligatorischen Statements aus dem Gästebuch verlesen wurden. Bis zu 180.000 Einwanderer aus Rumänien und Bulgarien erwartet die Bundesagentur für Arbeit für das kommende Jahr. Ab dem ersten Januar 2014 fallen die Barrieren, die für diese beiden EU-Länder bis dato gelten, weg. Eine neue Flüchtlingsschwemme könnte auf Deutschland zurollen.
Leidtragende werden wohl die Politiker auf kommunaler Ebene sein. Die europäische Kommission lasse diese mit den damit verbundenen Problemen im Stich, sagte Andreas Stasiewicz, der sich als Koordinator in einer Anlaufstelle für osteuropäische Obdachlose in Hamburg engagiert. Polizeigewerkschafter Wendt wurde noch deutlicher. Die Kommunen müssten die "Europabesoffenheit" so mancher Politiker ausbaden. Ergo: Eine echte politische Strategie ist offenkundig nicht vorhanden.
Plasberg ließ Diakovska zu oft außen vor
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Viel zu kurz in der "Hart aber fair"-Diskussion kam leider der Standpunkt von Lucy Diakovska. Das Ex-Popsternchen, das einstmals mit den No Angels in den Charts reüssierte, hätte vielleicht einiges dazu beitragen können, wie erfolgreiche Integration gelingen kann. Stattdessen wurde Diakovska von Plasberg viel zu selten in die Debatte eingebunden. Dass man sich als Einwanderer bemühen müsse, blieb das einzige nennenswerte Statement von Diakovska – ein Allgemeinplatz.
Auch die Frage, wie eine geeignete Strategie für den Aufbau einer gesellschaftlichen Willkommenskultur für Migranten erreicht werden könne, blieb Plasberg schuldig. Zu sehr konzentrierte sich die Sendung auf ihre anfängliche Zuspitzung der Flüchtlingsthematik. Leider verschenktes Potenzial, denn so sehr die anfängliche Provokation "guter Flüchtling, schlechter Flüchtling" geeignet war, die Debatte in Gang zu bringen, so wenig konnte sich die Plasberg-Gesprächsrunde letztlich davon lösen. Mehr als eine Bestandsaufnahme blieb schlussendlich nicht übrig bei "Hart aber fair".