Essen. 90 Prozent der Deutschen erledigen ihre Einkäufe bei Discountern. Die Schnäppchen-Jagd der Bundesbürger war Thema bei “Hart aber fair“ am Montagabend. Doch statt fundierter Diskussion lieferten sich Frank Plasbergs Gäste einen peinlichen Schlagabtausch nach dem anderen.

Neun von zehn Deutschen kaufen bei Discountern ein. Grund genug für Frank Plasberg, bei "Hart aber fair" direkt im Anschluss an den "Aldi-Markencheck", einen Blick auf eine Gesellschaft zu werfen, für die der Preis eines Produkts offenbar mehr zählt als sein Wert. Eine Antwort auf die Leitfrage "Wird Deutschland zur Billig-Republik?" bleibt die bunt zusammengewürfelte Runde aus Bio-Fans und Billig-Verfechtern dem Publikum allerdings bis zum Ende schuldig. Stattdessen entbrennt eine peinliche Diskussion um Gehaltsklassen der Gäste und – das deutsche Brötchen.

Immerhin - ein paar Zahlen und Fakten hat die Sendung sammeln können: In Deutschland gibt es heute mehr als 16.400 Filialen von Discountern. Das ist ein Plus von mehr als 110 Prozent in 20 Jahren. Am Aldi-Imperium selbst kritisieren ehemalige Mitarbeiter vor allem den hohen Druck zwischen Kollegen und Vorgesetzten. Andere heben hingegen die übertariflichen Bezahlungen der Mitarbeiter lobend hervor

Bärbel Schäfer hat Vorurteile statt Hintergrundwissen im Gepäck

Wer die verbleibenden zehn Prozent, die deutschen Discounter-Verweigerer, offenbar mit wehender Fahne anführt, ist Bärbel Schäfer. Die Ex-Talkmasterin muss an dem Abend vor allem mit ihrem bekannten Namen herhalten, denn zum Thema "Discounter" hat sie vor allem Vorurteile mitgebracht.

Schäfer stellt klar: Sie mag Bio-Brot und hält nichts von Billig-Läden. Stattdessen wolle sie mal wieder im Laden an der Kasse plaudern. Und bei den umstrittenen Arbeits-Bedingungen könne sie ihr Aldi-Marmeladenbrot morgens nicht genießen. Müsse sie auch nicht, sagt Plasberg, sie könne sich den Luxus leisten. Genau wie Plasberg, er sei "in einer noch höheren Einkommensklasse", meint Schäfer.

"Jeder wie er will", sagt wiederum Billig-Waren-Importeur Christian Huff. Und wer zu viel bezahlt, sei doof. Weder Schäfers noch Huffs Position zeugen von fundierten Auseinandersetzungen mit der Thematik.

Handels-Experte kritisiert "Arroganz" der Gäste

Thomas Roeb, Professor für Handelsbetriebslehre, ist der einzige Talk-Gast, der zumindest gewillt ist, über seinen Tellerrand hinauszuschauen. Er kritisiert Schäfers "Aldi-Bashing" und die "Arroganz" einiger Teilnehmer, wirkt dabei allerdings selbst bisweilen etwas abgehoben. Die Gäste ignorierten, dass ein Großteil der Deutschen nicht an die Gehälter der Anwesenden heran komme. Die lägen seinen überflüssigen Schätzungen zufolge übrigens "nicht unter 100.000 Euro netto."

Für Roebs Argumentation sprechen trotz aller Kritik an Discountern vor allem jedoch die nackten Zahlen. Die will Peter Becker aber schlichtweg nicht anerkennen. Der Chef des Deutschen Bäcker-Handwerks lenkt die Diskussion stattdessen aufs Brot.

"Emotionaler Höhepunkt zwischen Brot und Brötchen"

Becker beteuert, dass Billig-Mentalität Deutschland nur schade. Anstelle von fundierten Argumenten liefert er aber heiße Luft: So kritisiert er, dass Aldi seinen Kunden suggeriere, die Brote frisch aus den "Öfen" in den Filialen für 85 Cent zu liefern, während die "echten" Bäcker noch zurecht 2,50 Euro für ihr Brot verlangten.

Becker stört dabei die Discounter-Definition des Wortes "Ofen" so sehr, dass er damit vor Gericht gezogen ist. Dass die Produkte selbst gut bei den Konsumenten ankommen, ist offenbar unwichtig. Mit seiner Backofen-Kritik bricht Becker stattdessen eine chaotische Diskussion zwischen den Talk-Gästen vom Zaun, die Frank Plasberg schließlich entschuldigend als "emotionalen Höhepunkt über Brot und Brötchen" abtut.

Auswahl der "hart aber fair"-Gäste wirkt willkürlich

Beim Thema Billig-Klamotten à la "Primark" treten die Talk-Gäste weiter auf der Stelle. Kleidung solle nicht zur Wegwerf-Ware verkommen, sagt Buchautorin Kirsten Brodde und verweist dabei auf ihre Tochter, die das Nähen wieder gelernt habe. Einmal mehr macht auch Brodde deutlich, dass sie ähnlich wie Schäfer und Becker nicht über das nötige Hintergrundwissen über Discounter und deren Zielgruppe verfügt. Die Auswahl der Gäste scheint willkürlich.

"Jeder wie er will", sagt Importeur Huff nochmal. Damit beschreibt er unverhofft das Vorgehen eines jeden einzelnen Talk-Gastes an diesem Abend - und kommt der Antwort auf die Frage nach der Billig-Republik Deutschland vielleicht doch am nächsten.