Duisburg. Hintergrund und Überblick zum Fall Kaykin: Wie die Affäre der früheren multikulturellen Vermittlerin ins Rollen kam. Eineinhalb Jahre hat die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Ergebnisse ihrer Arbeit und der Inhalt ihrer Akten kosteten die ehemalige Geschäftsführerin der Ditib-Moschee jetzt den Job.

Zülfiye Kaykin sollte in NRW als multikulturelle Vermittlerin strahlen, jetzt holt sie ihre Vergangenheit als Geschäftsführerin der Ditib-Moscheegemeinde ein. Am Mittwochmorgen hat sie die Staatsanwaltschaft Duisburg der Beihilfe zum Betrug und des Veruntreuens von Arbeitsentgelt beschuldigt und einen gerichtlichen Strafbefehl beantragt. Daraufhin kündigte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) die Entlassung ihrer Sozialstaatssekretärin an. Sie werde einen entsprechenden Vorschlag dem Kabinett vorlegen, teilte die Staatskanzlei mit.

Er werde zu der Ermittlungsakte „Kaykin“ nichts sagen, erklärte ebenfalls gestern Oberstaatsanwalt Detlef Nowotsch gegenüber der nachfragenden Redaktion, „aber gehen Sie mal davon aus, dass es eine ganz schön dicke Akte ist.“

In dieser Woche haben die Ermittler also die Akten und ihre eineinhalbjährige Ermittlungsarbeit gegen die Staatssekretärin für Integration beim NRW-Minister für Arbeit, Integration und Soziales geschlossen und das Amtsgericht Hamborn aufgefordert, gegen sie, die ehemalige Geschäftsführerin der Duisburger Ditib-Begegnungsstätte an der Marxloher Merkez-Moschee, einen Strafbefehl über eine nicht näher

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bezeichnete Geldsumme zu erlassen.

Beihilfe zum Betrug

Die Staatsanwaltschaft wirft der ehemaligen Schuhverkäuferin aus Marxloh mit der SPD-Bilderbuchkarriere das „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“ sowie „Beihilfe zum Betrug“ vor. Konkret soll sie nach Auffassung der Ermittler im Jahre 2009 als Geschäftsführerin des Trägervereins der Ditib-Begegnungsstätte in Duisburg-Marxloh die tatsächliche Höhe des Arbeitsentgelts eines Mitarbeiters, der als geringfügig beschäftigt gemeldet war, dem Sozialversicherungsträger verschwiegen haben. Somit seien Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund 1.400 Euro nicht abgeführt worden sein. Dem Mitarbeiter sei durch das Verschweigen des tatsächlichen Umfangs seiner Beschäftigung ermöglicht worden, zu Unrecht Sozialleistungen in Höhe von 3.000 Euro zu beziehen.

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Kein Wunder, dass gestern die CDU-Opposition im Düsseldorfer Landtag von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft die sofortige Entlassung ihrer Integrations-Staatssekretärin gefordert hatte: „Der Vorwurf wiegt schwer. Frau Kaykin ist als Staatssekretärin nicht mehr tragbar. Sollte sie nicht selbst zurücktreten, muss die Ministerpräsidentin sie hier und heute abberufen“, erklärte der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Josef Laumann. Und erinnerte in diesem Zusammenhang an eine öffentliche Äußerung von Arbeitsminister Schneider, Kaykins Chef, die dieser noch als DGB-Vorsitzender von NRW gesagte hatte: „Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt, sondern organisierter Betrug an allen, die ihre Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung zahlen.“

Funkstille als Reaktion auf Nachfrage der Redaktion

Diesen Worten müssten jetzt Taten folgen, so die CDU. Vom Düsseldorfer Arbeitsministerium kam dazu gestern auf Nachfrage der NRZ zunächst nur Funkstille. Immer wieder hatte sich Arbeitsminister Schneider in den vergangenen Monaten vor seine massiv in die Kritik geratene türkisch-stämmige Staatssekretärin aus Duisburg stellen müssen und gebetsmühlenartig auf das laufende Ermittlungsverfahren verwiesen.

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Doch nach dem gestrigen Strafantrag der Staatsanwaltschaft war für Schneider wie für die Ministerpräsidentin dann klar: Kaykin wird jetzt zur Belastung, sie muss gehen. In der Duisburger SPD wurde die schnelle Entscheidung aus Düsseldorf mit einer gewissen Überraschung, aber mit Respekt aufgenommen: „Wir respektieren das“, sagte Parteigeschäftsführer Jörg Lorenz; „aber auch für Frau Kaykin gilt, solange kein Richter die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft geprüft und gewürdigt hat, die Unschuldsvermutung.“

Hinter dieser Unschuldsvermutung, so kritisierte die Duisburger CDU-Landtagsabgeordnete Petra Vogt, habe sich Frau Kaykin lange genug versteckt. Frau Kaykin habe das Duisburger Vorzeigeprojekt „Moschee und Begegnungsstätte“ in Misskredit gebracht.

Widerspruch und Hauptverhandlung

Die geschasste Integrations-Staatssekretärin kann gegen den Strafbefehl, den sie bald per Post erhalten wird, Widerspruch einlegen und vor dem Amtsgericht Hamborn eine öffentliche Verhandlung ihres Falles einfordern, mit dann aber unsicherem Ausgang. Theoretisch kann sie dann weit mehr vom Gericht aufgebrummt bekommen, als den aktuell zu zahlenden Geldbetrag.