Düsseldorf. . Die Vorwürfe gegen die NRW-Staatssekretärin wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten bei ihrem Integrationsprojekt in der Duisburger Moschee werden massiver. Nun verliert sie offenbar auch in Landesregierung an Rückhalt. Oder warum vermied Minister Guntram Schneider eine Vertrauenserklärung?
In der Affäre um eine schwarze Kasse in der Begegnungsstätte der Moschee in Duisburg Marxloh gerät NRW-Staatssekretärin Zülfiye Kaykin (SPD) weiter unter Druck. Wie aus einem Vermerk der Kriminalpolizei Duisburg hervorgeht, haben die Ermittler bereits im März festgestellt, dass unter der Verantwortung von Kaykin „unzweifelhaft“ eine schwarze Kasse existiert hat. Bei ihrer Bewertung stützen sich die Kriminalisten auf die in „zahlreichen Vernehmungen gewonnenen Erkenntnissen.“ Kaykin war vor ihrer Berufung zur Staatssekretärin für Arbeit und Soziales Geschäftsführerin der Begegnungsstätte der Moschee. Bislang hatte sie immer öffentlich die Existenz von schwarzen Kassen unter ihrer Verantwortung abgestritten.
Den Ermittlern liegen allerdings belastende Aussagen der ehemaligen Buchhalterin von Kaykin, sowie der damaligen Vorstandschefin des Trägervereins der Begegnungsstätte vor, die beide die Existenz der schwarzen Kasse einräumen. Den Aussagen zufolge wurden aus der schwarzen Kasse Aushilfskräfte und Mitarbeiter der Begegungsstätte an der Steuer vorbei bezahlt. Ein Mitarbeiter habe zudem Sozialhilfe nach Hartz IV bezogen
Bislang hatte Kaykin schwarze Kassen immer bestritten
Zülfiye Kaykin war von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) in die Landesregierung geholt worden. Schon im Wahlkampf 2010 hatte Kraft Kaykin als Mitglied ihres Kompetenzteams persönlich präsentiert. Kraft hatte die Duisburgerin als ausgemachte Integrationsexpertin vorgestellt, als Macherin, als Garantin des Wunders von Marxloh. Anderen galt Kaykin (SPD) schon damals vor allem als eine Frau, die sich gut verkaufen kann. Selbst Mitglieder der eigenen Partei warnten Kraft vor der Berufung von Kaykin – sogar schriftlich.
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Lange hat die NRW-Regierung nun zu Kaykin gestanden. Als vor etwa einem Jahr die Vorwürfe bekannt wurden, Kaykin habe schwarze Kassen verantwortet, verteidigte Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) seine Staatssekretärin etwa im Landtag mit den Worten: „Insofern halte ich den ganzen Bereich rund um das Thema schwarze Kassen für widerlegt. Ich als Person stehe voll und ganz hinter meiner Staatssekretärin. In Westfalen würde man sagen: Zwischen uns passt kein Stück Papier! Damit das auch klar ist!“
Und NRW-Staatssekretärin Zülfiye Kaykin sagte öffentlich: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Es gab keine schwarzen Kassen.“ Bei diesen Worten nahm es die Staatsekretärin allerdings wohl nicht ganz genau mit der Wahrheit.
Aus einem Aktenvermerk der Polizei Duisburg, die einige Vorgänge in der Begegnungsstätte der Moschee in Duisburg-Marxloh untersuchte, geht hervor, wie die Kriminalisten die Sache schon im März einschätzten: Die Existenz einer so genannten „schwarzen Kasse „ dürfte auf Basis zahlreicher Vernehmungen und der daraus gewonnenen Erkenntnisse in 2009 „unzweifelhaft“ feststehen. Aufgrund gesetzlicher Regelungen darf diese Passage nicht wörtlich aus Ermittlungsakten zitiert werden. Deswegen kolportieren wir die Aussage der Ermittler sinngemäß.
2009 war Zülfiye Kaykin für die Kassen in der Begegnungsstätte der Moschee Marxloh verantwortlich.
Bei ihrer Bewertung stützen sich die Ermittler vor allem auf die Aussagen der damaligen Buchhalterin von Kaykin und der damaligen Vorstandschefin des Trägervereins der Begegnungsstätte in der Moschee.
Die Buchhalterin sagte vor der Staatsanwaltschaft aus, dass die Belege für die Schwarzkasse auf Hinweis der Prüfer der türkischen Religionsanstalt DITIB Ende 2009 vernichtet worden seien, weil sonst die Gefahr gedroht habe, dass führende Mitarbeiter der Begegnungsstätte ins Gefängnis hätten gehen müssen.
Eine Vertrauenserklärung für sie – Fehlanzeige
Die schwarze Kasse wurde nach Aussage der Buchhalterin der Begegnungsstätte von Kaykin und der Buchhalterin selbst verwaltet. Aus dieser Kasse sei Personal schwarz bezahlt worden. Aushilfen bekamen ihr Geld schwarz auf die Hand, ein Mitarbeiter der Begegungsstätte bekam bis zu 1000 Euro schwarz aus der Kasse als angebliche Kostenerstattungen.
Die Buchhalterin hat sich durch ihre Aussage selbst belastet. Auch gegen sie wird ermittelt.
Zu Kaykins Pech gibt es offenbar Auszüge und Teilbelege der schwarzen Kasse. Sie sollen ebenfalls den Ermittlern vorliegen.
Die Erkenntnisse erscheinen also dicht.
Umso weniger überraschend ist es, dass Zülfiye Kaykin offenbar den Rückhalt in der Landesregierung verliert. Ihr vorgesetzter Minister, Guntram Schneider (SPD), sagte jedenfalls heute vor dem Sozial- und Integrationsausschuss des Düsseldorfer Landtags, nur noch, er wolle „keine Spekulationen“ befeuern. Im Gegensatz zu seinen früheren Erklärungen vermied es Schneider allerdings Kaykin sein politisches Vertrauen auszusprechen. Selbst auf Nachfragen der CDU-Opposition verweigerte er eine Stellungnahme Zugunsten von Kaykin. Nur soviel sagte Schneider: „Sie können sicher sein, dass die Landesregierung an dieser Stelle ordnungsgemäß arbeitet.“
Kaykin war gar nicht mehr vor dem Ausschuss erschienen. Nur ihr Anwalt weilte noch Zuhörerplätzen.