Duisburg. . NRW-Staatssekretärin Zülfiye Kaykın gerät in der Affäre um ein gescheitertes Integrationsprojekt rund um die Duisburger Merkez-Moschee weiter unter Druck. Als Projektverantwortliche hat sie in sechs Monaten über 4000 Arbeitsstunden für ihr Team abgerechnet – obwohl in dieser Zeit kaum Schulungen stattfanden.

NRW-Staatssekretärin Zülfiye Kaykın gerät in der Affäre um ein gescheitertes Integrationsprojekt rund um die Duisburger Merkez-Moschee weiter in Erklärungsnot. Nach Recherchen der WAZ-Mediengruppe rechnete die Integrationverantwortliche der Landesregierung innerhalb von sechs Monaten 4340 Arbeitsstunden für das Projektteam ab. Eigentlich sollten in dieser Zeit noch gut 15 Moscheevereine in der Beschaffung von Fördergeld, in der Öffentlichkeitsarbeit und im Vereinsmanagement geschult werden. Doch wie aus Unterlagen hervorgeht, die uns vorliegen, haben Kaykın und ihre Leute in den sechs abgerechneten Monaten kaum einen Verein beraten.

Ursprünglich wollte Kaykin als damalige Leiterin der Begegnungsstätte der Merkez-Moschee im Rahmen eines Leuchtturmprojektes 50 islamische Gemeinden unterrichten, um so das Wunder von Marxloh zu exportieren. Das Integrationsprojekt galt als eines der wichtigsten Leuchtturmprojekte von Kaykin. Fördermittel der EU in Höhe von knapp 90000 Euro wurden für das Jahr 2009 bewilligt.

Wie nun bekannt wird, hatte Kaykin allerdings schon im Sommer 2009 in einem Bericht an die zuständigen Behörden eingeräumt, dass der Zeitplan des Projektes schwierig zu halten sei. Im Kaykin-Bericht heißt es, „in den ersten drei Monaten war keine Beratung möglich.“ Zudem würden die Sommerferien und der Ramadan Probleme bereiten, da „gerade Migranten oft über eine längere Zeit nicht vor Ort sind.“ Sie reduzierte die Zahl der insgesamt im Projekt zu beschulenden Vereine auf 25 – ohne entsprechend die zu vereinnahmende Fördersumme anzupassen.

Im zweiten Projekthalbjahr wurden kaum Moscheegemeinden geschult

Gleichzeitig gab Kaykin bekannt, dass im ersten Halbjahr 2009 erst zehn Vereine betreut worden seien; dafür rechnete sie 1660 Arbeitsstunden ab. Weiter kündigte sie an, bis zum Ende der Förderzeit sollten nur etwa 15 Vereine zusätzlich beschult werden. Im Schlussbericht des Projektes hat sich die Zahl der betreuten Vereine dann allerdings gar nicht mehr erhöht, es blieb grob bei den schon im Juni genannten „ca.” zehn Vereinen – die Zahl der insgesamt abgerechneten Stunden vervierfachte Kaykin allerdings fast auf 6000.

Als Belege für die abgerechnete Arbeitszeit finden sich in den Projektberichten Angaben zu Honorarverträgen mit „Experten“, die angeblich Vereine unterrichtet haben sollen, sowie eine Abrechnung von Kaykin selbst: die heutige Staatssekretärin gab an, ein Jahr lang 20 Stunden pro Woche mit der „Projektleitung und –organisation“ befasst gewesen zu sein. Sie hatte gleichzeitig einen Vollzeitarbeitsvertrag mit der Begegnungsstätte der Moschee.

Belege über Schulungen angeblich „verschwunden“

Teilnahmebelege für die angeblichen Schulungen konnte Kaykin auf Nachfrage nicht vorlegen. Der Ordner, in dem die Belege angeblich laut Kaykin sein sollen, ist nach Angaben der Projektkoordinatorin unter Kaykin angeblich „verschwunden“. Nur ein Beleg über eine Schulung am Nikolaustag 2009 wurde von einem ehemaligen „Experten“ des Projekts präsentiert. Die Moschee, in der sein Bruders aktiv war, habe sich beraten lassen.

Bei einer Prüfung durch das Bundesamt für Migration wurden etliche der von Kaykin eingereichten Rechnungen nicht akzeptiert. Die Fördersumme wurde nachträglich auf 37000 Euro reduziert.

Dessen ungeachtet sagt Kaykin, das Bundesamt habe ihre Abrechnungen „unbeanstandet geprüft“. Es sei normal, dass Fördermittel nachträglich gekürzt würden. Weiter wollte Kaykin nichts zu dem Fall sagen.

Die Staatsanwaltschaft Duisburg ermittelt in der Sache, derzeit noch gegen Unbekannt.