Duisburg. . Alle 82 Duisburger Grundschulen arbeiten mit dem „Index für Inklusion“ an sich selbst. 500 Fragen zielen in das Innerste der Schulorganisation, in das Zusammenspiel zwischen Schülern, Lehrern und Eltern. Es geht um die Möglichkeit von Vielfalt, nicht nur zu Gunsten Behinderter.
Seit drei Jahren setzen sich die 82 Duisburger Grundschulen mit dem Index für Inklusion auseinander. Auf den dritten Bericht wartet Brigitta Kleffken, die Schulaufsichtsbeamte für Grund- und Förderschulen, in diesen Tagen.
Aber sie ist sich sicher: Der Index schafft ein Bewusstsein dafür, dass Behinderung kein Mangel eines Betroffenen ist, sondern umgekehrt das System mangelhaft ist, wenn es nicht die Vielfalt der Menschen berücksichtigt.
Das Wort Behinderung kommt in dem in England entworfenen Analysebogen kein einziges mal vor. Er hilft den Schulen mit fast 500 Fragen, sich selbst zu analysieren. Die Ergebnisse und Erkenntnisse fließen in alle Bereiche der Schule ein. Ob es das Schulprogramm ist, die Elternarbeit, didaktische Methoden, die Feedback-Kultur oder das Öffnen der Schule nach außen: „Es entstanden umfängliche Kooperationen zwischen Kindertagesstätten und Schulen, die Schulformen haben sich angenähert“, berichtet Kleffken.
Denkanstöße
Manche Fragen stoßen tief vor ins Selbstverständnis der Lehrer. Wie etwa werden Eltern wertgeschätzt, werden sie so informiert, dass sie auch alles verstehen und wirklich teilhaben können? Oder: Stellen Lehrer an alle Kinder die gleichen Erwartungen? Der Index stößt an, Routinen und Denkweisen zu reflektieren, manches für einen Moment aus dem Blickwinkel der Kinder, der Eltern zu betrachten. Barrieren muss man im Schulalltag nicht lange suchen, sie treffen „immer Kinder aus dem gleichen sozialen Umfeld“, beobachtet Kleffken.
Die Arbeit, die es macht, die UN-Konvention für die Menschenrechte von Behinderten an Schulen umzusetzen, kommt am Ende allen Kindern zugute - jenen aus bildungsferneren oder sozial schwächeren Schichten, aus Zuwanderer-Familien, den nicht ganz so schnellen, nicht ganz so konzentrierten oder auch den zu hibbeligen.
Ressourcen in den Schulen entdecken
Der Index hilft, eigene Ressourcen in den Schulen zu entdecken, klar wird aber auch, wie viel Hilfe von außen nötig ist, um Inklusion gelingen zu lassen: Neben mehr Personal ist das ganz viel Fortbildung. Da sei das Land NRW aber auf einem guten Weg, berichtet Kleffken. Seit Februar bekommen Lehrer in einer Art zweitem Referendariat binnen 18 Monaten eine Befähigung zur Sonderpädagogik im Rahmen des Gemeinsamen Unterrichts.
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Noch seien aus Duisburg nur eine Handvoll Lehrer beteiligt, aber das ändere sich im September, wenn auch das Duisburger Studienseminar in diese Ausbildung einsteigt, ist Kleffken sicher. 15 Stellen seien derzeit in Duisburg ausgeschrieben, offen für eben jene Seiteneinsteiger und Laufbahnwechsler, die sich berufsbegleitend fit machen. Deren Expertise ist besonders bei den Kindern mit Förderbedarfen im Bereich Sprache oder emotionale und soziale Entwicklung wichtig: Die Rehabilitations-Quoten können hier enorm sein, sagt Kleffken.
„Wir leiten bereits Schulen der Vielfalt“
Ein bisschen selbstbewusster macht der Index aber auch. „Wir leiten bereits Schulen der Vielfalt“, zitiert Kleffken eine der Erkenntnisse. Immerhin 20 Prozent der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind in Regelschulen - 49 Prozent in Grundschulen, 51 Prozent in weiterführenden Schulen.