Duisburg. Bis zum dritten Jahrestag der Loveparade-Katastrophe im Juli soll am Unglücksort eine Gedenkstätte entstehen. Darauf haben sich der Grundstückeigentümer und Hinterbliebene geeinigt. Es soll nun keine Stelle überbaut werden, an denen Menschen starben.

Möbelhaus-Investor Kurt Krieger und die Hinterbliebenen der 21 Todesopfer der Loveparade-Katastrophe sind zu einer Einigung über die Gestaltung der künftigen Gedenkstätte am Karl-Lehr-Tunnel gekommen. Im Vergleich zum letzten Entwurf wurde der Zugang zum Areal von zuvor sieben auf nunmehr acht Meter verbreitert. Fertig gestellt werden soll die Gedenkstätte bis zum dritten Jahrestag des Unglücks.

19 der 21 Hinterbliebenen-Vertreter hatten sich beim Treffen am Sonntag in Duisburg für die Umsetzung dieser Pläne ausgesprochen. Teile der Gruppe der Verletzten und Traumatisierten verweigerten jedoch ihre Zustimmung. Von der avisierten Konsenslösung könne keine Rede sein, kritisierten Vertreter des Vereins Loveparade Selbsthilfe.

"Wir konnten nur Wünsche äußern"

Es ist die Sehnsucht nach einem Ende der ständigen Diskussionen, nach einem Abschluss, die Manfred Reißaus ins Gesicht geschrieben steht. Seine Tochter Svenja starb am 24. Juli 2010 auf jener Rampe, die am Mittwoch – unter einer Schneedecke begraben – als Präsentationsort für die nochmals überarbeiteten Pläne diente. Jetzt ist Reißaus froh über den Kompromiss. „Wir waren nicht in der Position, um Forderungen zu stellen. Wir konnten nur Wünsche äußern“, sagt er. Und mit Blick auf einige Vertreter von Loveparade Selbsthilfe fügte er hinzu: „Die ständigen Forderungen nach Nachbesserungen bringen uns auf Dauer nicht weiter. Ich hatte eh das Gefühl, dass sich manche mit diesem Konflikt nur selbst verwirklichen wollen.“ Er gesteht der Teilgruppe der Verletzten und Traumatisierten das Recht auf ständige Nachforderungen zu. „Dann aber bitte nicht im Namen aller.“

Auch aus Sicht des Duisburger Notfallseelsorgers Klaus Andrees, der dem Treffen der Angehörigen am Sonntag beiwohnte, ist dies „kein Kompromiss, der mit der Faust in der Tasche gemacht wurde, sondern ein guter“.

Oberbürgermeister Link zeigte sich dankbar

Christiane Krause aus Bremen, die Pflegemutter des bei der Katastrophe ums Leben gekommenen Kevin Böttcher, hätte ihrerseits lieber weiter verhandelt – um eine Lösung zu finden, die wirklich alle mitgetragen hätten. Sie beschrieb die Stimmungslage beim Hinterbliebenentreffen so, dass die meisten mit der gefundenen Lösung „nicht glücklich, aber einverstanden waren“.

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Empört zeigte sich Lothar Evers, Sprecher des Arbeitskreises Gedenken bei Loveparade Selbsthilfe: „Wir sind mit diesem so genannten Konsens nicht zufrieden. Es ist ein Unding, dass Herr Krieger, die Stadt und die Notfallseelsorge die zahlenmäßig größte Betroffenengruppe am Ende einfach links liegen lässt.“ Durch das künftig acht Meter breite Areal, das von sechs Meter hohen Mauern umgeben wird, muss laut Evers zwangsläufig ein Gefühl der Enge für viele Traumatisierte entstehen. „Deshalb kann und will ein Teil der Betroffenen diese künftige Gedenkstätte nicht nutzen.“

OB Sören Link sagte: „Ich bin dankbar, dass wir einen Konsens gefunden haben.“ Den Ärger einiger Betroffener könne er verstehen. „Doch manche Forderungen waren nicht mehr verhandelbar. Wir sind als Moderator an unsere Grenzen gestoßen.“ Er habe gespürt, dass die dauernden Verhandlungen für viele Hinterbliebene eine Belastung darstellten. „Auch deshalb ist dieser Konsens so wichtig.“

Gedenkstätte soll zum Jahrestag der Katastrophe fertig sein 

Mit dem Bau der Gedenkstätte für die Loveparade-Opfer soll so zügig wie möglich begonnen werden. Erklärtes Ziel von Möbel-Investor Kurt Krieger wie auch der Bauverwaltung ist es, zum dritten Jahrestag der Katastrophe am 24. Juli des Jahres fertig zu sein.

Es seien noch die letzten Planänderungen einzureichen, erklärte Planungsdezernent Carsten Tum gestern. „Das werden wir schnell genehmigen“, dann könne Krieger mit den Baumaßnahmen an der Unglücksrampe loslegen. Edda Metz, Projektleiterin für das geplante Möbelzentrum zwischen Bahnstrecke und Autobahn A 59, äußerte sich zuversichtlich, die Gedenkstätte rechtzeitig fertigstellen zu können. Die Vergabe der anstehenden Arbeiten werde sofort erfolgen, kündigte sie gestern an.

Genehmigungsverfahren geht seinem Abschluss entgegen

Auch das Genehmigungsverfahren für das gesamte Möbelzentrum mit einem Investitionsvolumen von rund 150 Mio Euro geht seinem Abschluss entgegen. „Die Bauanträge sind bei uns im Haus“, so Tum. Grünes Licht für das Groß-Vorhaben auf dem 35 Hektar großen Areal des ehemaligen Güterbahnhofs werde es „in einem überschaubaren Zeitraum“ geben. Auch die Planfeststellung für die weitere Anschlussstelle an die A 59 stehe vor dem Abschluss. Ein Baubeginn noch in diesem Jahr ist zu erwarten.

Die politischen Gremien hatten bereits vor Monaten den Möbelplänen ihre Zustimmung gegeben, so dass eine amtliche Genehmigung jetzt erteilt werden muss, wenn alle Unterlagen ordnungsgemäß eingereicht worden sind.

Die Entschlossenheit von Investor Krieger, jetzt zügig seine Duisburger Pläne umzusetzen, wird auch als klares Zeichen gewertet, nicht zugunsten eines ähnlich großen Vorhabens im Norden Düsseldorfs auf den Bau auf dem Gelände der „Duisburger Freiheit“ zu verzichten. Auch in der Landeshauptstadt hatte der Berliner Möbelriese (Marke „Höffner“) ein Grundstück erworben. Dort besteht aber im Unterschied zu Duisburg noch kein Baurecht. Auch wurde zuletzt bekannt, dass mit Schaffrath eine weitere Möbelkette in direkter Nachbarschaft zu Kriegers Grundstück eine weitere Niederlassung plant.

Krieger hatte die Duisburger Stadtspitze im Mai 2010 mit dem Kauf von 30 Hektar des Geländes völlig überrascht. Zuvor hatten die damaligen Innenstadt-Entwickler dort den Bau eines Büroquartiers vorgesehen, von einem „zweiten Innenhafen“ war gerne die Rede.