Duisburg. Die Stadtwerke hatten die Details für einen neuen Kraftwerksblock in Wanheim bereits im vergangenen Jahr ausführlich vorgestellt, in diesem Jahr sollte der Aufsichtsrat grünes Licht geben. Doch jetzt liegt das Invest von einer halben Milliarde Euro wieder auf Eis.
Der Strommarkt ist so stark in Bewegung, dass sich die Pläne von gestern heute schon wieder erledigt haben können. Die Stadtwerke Duisburg hatten die Details für einen neuen Kraftwerksblock in Wanheim bereits im vergangenen Jahr ausführlich der Öffentlichkeit vorgestellt, im September wurden die Anwohner zur Infoveranstaltung geladen, in diesem Jahr sollte der Aufsichtsrat grünes Licht geben. Doch jetzt liegt das Invest von einer halben Milliarde Euro wieder auf Eis, wie Konzernchef Hermann Janning der NRZ bestätigt: „Die bislang durchgeführten Untersuchungen lassen aktuell keine ausreichend positive Tendenz für das Projekt erkennen“.
Die Pläne für die Erweiterung des Gas- und Dampfkraftwerks in Wanheim wandern damit zum zweiten Mal in die Schublade. Denn bereits 2009 sollte der Beschluss für den dritten Block fallen. Damals machte die Wirtschaftskrise und die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke den Plänen einen Strich durch die Rechnung. Jetzt ist der Atomausstieg besiegelt, moderne Kohle- und vor allem die effizienten Gas- und Dampfkraftwerke galten bis vor kurzem noch als Brückentechnologie auf dem Weg zum Ausbau der regenerativen Energien.
Und dennoch werden Neubau-Projekte vielerorts wieder verworfen. „Mit der noch nicht abgeschlossenen politischen Diskussion zur Energiewende sind Risiken verbunden, die auch trotz einer deutlich verbesserten Förderung noch keine ausreichende Planungssicherheit geben“, kritisiert Janning. Erst wenn sich die Politik in Berlin über das „zukünftige Design der Energiemärkte“ geeinigt habe, sei die Voraussetzung für die notwendige Planungssicherheit erfüllt. „Entscheidungen zu diesen Themen sind aber 2012 nicht zu erwarten“, so der Vorsitzende des Stadtwerke-Dachkonzerns.
Die Stadtwerke hatten sich erhofft, mit dem neuen 600 Megawatt-Block in Wanheim die eigene Stromproduktion weiter auszubauen und den Strom auf dem überregionalen Markt verkaufen zu können. Was der Ausstieg aus den Plänen für die künftige Entwicklung der Stadtwerke und für die Duisburger Kunden bedeutet:
Warum Versorgern mit eigenen Kraftwerken die Gewinne wegbrechen
Im vergangenen Jahr war die Welt für die Stadtwerke noch in Ordnung. Wachstum war die Strategie. Vom Energieriesen Eon hatte man sich den eigenen Anteil von 20 Prozent wieder zurückgekauft, bei der eigenen Online-Marke „Rheinpower“ wuchs die Kundenzahl auf mehr als 55.000, mit der Übernahme der „Energie-Gut“ zählte der Versorger auf einen Schlag weitere 100.000 neue Kunden.
Und als Stadtwerke-Chef Hermann Janning die Pläne für das neue Kraftwerk in Wanheim vorstellte, sprach er vom „erfolgreichsten Geschäftsjahr der letzten zehn Jahre“. Der DVV-Dachkonzern sollte in diesem Jahr erstmals die schwarze Null erreichen, der Gewinn der Stadtwerke sollte den Verlust bei der DVG ausgleichen. Seit Juni ist bekannt, dass daraus nichts wird. Die Stadtwerke werden das Jahresziel wohl um stolze elf Millionen Euro verfehlen, die Aussichten sind noch düsterer: um bis zu 30 Millionen Euro könnten die Einnahmen in den nächsten zwei bis fünf Jahren einbrechen.
Weniger Gewinn trotz höherer Preise
Paradox: Obwohl Privatkunden für Energie immer tiefer in die Tasche greifen müssen, bleibt für die Stadtwerke unter dem Strich weniger übrig. Das liegt an dem für die Versorger ungünstigen Verhältnis von Brennstoff- und Strompreisen. Gas ist teuer, die Ertragsmargen bei der Stromerzeugung daher gering. Hinzu kommt: Wächst der Anteil an bezuschusstem Solarstrom, müssen Gaskraftwerke weniger liefern. Deshalb rechnet sich auch eine neue Anlage nicht.
„Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind derzeit generell für Energieversorger mit eigenen Kraftwerken schwierig“, sagt Christof Schifferings vom Technikvorstand der Stadtwerke. „Duisburg bildet da keine Ausnahme“.
Konzernchef Janning hat bereits vor drei Wochen Alarm geschlagen und ein neues Energiemarktkonzept gefordert. Als Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen sprach er von „möglichen Versorgungsengpässen im nächsten Winter“. Die seien nur zu vermeiden, wenn konventionelle Kraftwerke wirtschaftlich sowie „stilllegungsbedrohte Bestandskraftwerke“ verfügbar bleiben. Um die schwankende Einspeisung von Solar- und Windkraft auszugleichen, müsse ein stabiler Rahmen her, damit Versorger „in flexible und hocheffiziente Kraftwerke“ investieren können.
Keine direkten Folgen für Privatkunden
Wie zum Beispiel in ein Gaskraftwerk in Wanheim. Und deshalb werden die Stadtwerke ihre Pläne wohl auch irgendwann wieder aus der Schublade holen. „Die aktuelle Entscheidung bedeutet nicht, dass wir uns grundsätzlich von einer Erweiterung in Wanheim verabschieden“, sagt Technik-Vorstand Schifferings. „Sie ist nur unter den aktuellen Rahmenbedingungen unwirtschaftlich“.
Direkte Folgen für Privatkunden hat das nicht: Auch wenn einer der Blöcke in Hochfeld Ende des Jahres abgeschaltet wird, müsse niemand fürchten, dass in Duisburg das Licht ausgeht, so Schifferings. Die zuverlässige Versorgung vor Ort mit Strom und Wärme sei auch mit dem verbleibenden Block in Hochfeld und den bestehenden beiden in Wanheim sichergestellt.