Duisburg. . Die Grünen waren's: Ratsfrau Claudia Leiße hat sich als Anführerin der Guerilla-Gärtner zu erkennen gegeben, die heimlich einen Garten auf der Bahnhofsplatte angelegt haben. Die „Graswurzelbewegung“ hofft auf Nachahmer und versteht die Aktion nicht als Wahlkampf.
Die Guerilla-Gärtner, die auf der Duisburger Bahnhofsplatte einen grünen Teppich ausgerollt haben, geben sich zu erkennen. Eine Aktionsgruppe grüner Kommunalpolitiker um Ratsfrau Claudia Leiße ging am späten Samstagabend – im Schutze der Dunkelheit und des EM-Spiels Deutschland-Portugal – mit Harken und Gießkannen, Rollrasen und Balkonpflanzen gegen das Betongrau vor. Leiße kündigte am Montagmorgen zwar kein botanisches Manifest, aber ein „Bekennerschreiben“ an.
Auf ihrem Facebook-Profil dokumentiert Claudia Leiße, die auch Mitglied im Ausschuss für Stadtentwicklung ist, die zweistündige Pflanzaktion der ökologisch Bewegten mit einer Bildergalerie. Titel: „GRÜNE Platte“. „Ich war als Politikerin und Bürgerin einfach schon lange sauer, dass dort überhaupt nichts passiert.“ Zumal von der Tristesse genervte Duisburger etliche umsetzbare Vorschläge zur Zwischennutzung gemacht hätten. Selbst in einer Stadt mit Nothaushalt, so Leiße, müsse es „kreative Ideen und Wege geben, wie man an solch zentraler Stelle mit geringem Aufwand zumindest vorübergehend etwas schafft“. Allein schon um zu verhindern, dass Touristen und Bahnreisende „einen ganz schlimmen Eindruck von Duisburg bekommen“.
Mit dieser Meinung ist die Rheinhauserin auch in ihrer Partei nicht allein. Um die Initiatorin bildete sich nach einem Facebook-Aufruf eine echte „Graswurzelbewegung“: Etwa 20 Mitglieder packten am Samstagabend – nach 560 Tagen Stillstand auf der Platte – mit an, darunter Kreisgeschäftsführerin Martina Wisnewski, die Landtagsabgeordnete Birgit Beisheim und Grünen-Sprecherin Anna von Spiczak.
Bahnhofsplatte am Dienstag Thema im Stadtentwicklungsdezernat
Unterstützt wurde das „Kommando Plattengarten“ von einem Baumarkt und einer Gärtnerei, die Geranien, Steingartenpflanzen und etwa 50 Quadratmeter Rollrasen sponserten. Das Grün hat seinen Preis, so Leiße: „5000 Quadratmeter Rollrasen kosten etwa 10.000 Euro.“ Und die Platte ist geschätzte 6000 Quadratmeter groß. Darum hoffen die Guerilla-Gärtner auf Nachahmer, die den Kleingarten zu einer blühenden Landschaft ausbauen. Ein rechtliches Problem sieht Initiatorin Leiße dabei nicht: „Das ist eine städtische Fläche, und die gehört damit den Bürgern der Stadt.“ Mehr noch: Sie und ihre Mitstreiter appellieren an die Stadtverwaltung, die Platte für die Duisburger zugänglich zu machen: „Dazu müsste die Stadt alle Stolperfallen beseitigen und die Zäune wegnehmen.“ Wenngleich auch die Politikerin weiß: „Früher haben da ‚Betreten auf eigene Gefahr’-Schilder gereicht, aber seit der Loveparade ist so etwas wohl leider kaum mehr durchsetzbar.“
Stadtentwicklungsdezernent Carsten Tum wird sich nach Auskunft seines Referenten Dirk Smaczny wohl vorerst nicht zu der Aktion äußern: „Wir wissen ja noch nicht mal, wer und was dahintersteckt“, sagte Smaczny am Montagmittag. Auf der Tagesordnung steht das in Beton gegossene Symbol der Untätigkeit vor der Sondersitzung am 18. Juni im Rathaus dieser Tage ohnehin: Schon am Dienstag will sich Tum mit seinen Fachleuten zum Thema austauschen. Claudia Leiße macht für den Stillstand vor dem Hauptbahnhof nicht allein Ralf Oehmke (IDE) verantwortlich. Dem Chef der Innenstadt-Entwicklungsgesellschaft warfen vor allem Sozialdemokraten Fehler bei der Umsetzung des Drei-Millionen-Euro-Projektes vor. Leiße dagegen spricht, ganz Gärtnerin, von einem „Strauß von Fehlern“, von „Fehlentwicklungen auf allen Ebenen“. Dass die Rasenfläche an die Umrisse des Rathausgebäudes erinnert, sei nichtsdestotrotz „nur ein witziger Zufall“.
Dank Vlies kein Eintagsgarten – Appell an Passanten und Anwohner
Für Kritiker, die die Aktion als Wahlkampfmanöver kritisieren könnten, hält sie ein Versprechen bereit. Der Anbau auf der Platte sei kein Eintagsgarten, um auf die Schnelle Lacher und Zuspruch zu erhalten: „Wir werden unseren Garten auch nach der OB-Wahl weiter pflegen und am Thema dranbleiben.“ Die Grundlage dafür haben die Stoppeln jedenfalls: Darunter liegt ein Vlies, das Wasser länger speichert und verhindert, dass das Grün gelb wird. „Vielleicht können ja auch Passanten und Anwohner mithelfen, dass der Rasen den Sommer übersteht“, hofft Claudia Leiße. Gießkannen jedenfalls haben die politischen Gärtner bereitgestellt.
In Leißes „BekennerInnenschreiben" am Montagnachmittag kam dann auch die OB-Kandidatin der Grünen, Ingrid Fitzek, zu Wort: Die Aktion, die sie mit vorbereitet hatte, solle deutlich machen, "dass die BürgerInnen unserer Stadt die Bahnhofsplatte zu Recht als öde empfinden und wir als Grüne bereit sind, mitanzupacken, um sie zu verändern. Wir reden nicht nur von Bürgerbeteiligung, sondern praktizieren sie auch."