Duisburg/Essen. . Ein Polizei-Kommissar aus Duisburg ist wegen seiner salafistischen Überzeugung suspendiert worden. Er hatte privat Infostände angemeldet, an denen radikal-islamistisches Material verbreitet wurde. Außerdem pflegte er Kontakte zu salafistischen Hasspredigern.
Ein Kommissar aus Duisburg soll nach Recherchen der WAZ Mediengruppe aus dem Polizeidienst entlassen werden, weil er als Salafist gilt. Er stelle die Scharia über die freiheitlich demokratische Grundordnung, heißt es in der vorläufigen Suspendierung des 31-Jährigen. Gegen ihn läuft ein Disziplinarverfahren.
Der Mann, der in Essen Streife fuhr, hatte privat Infostände angemeldet, an denen radikal-islamistisches Material verbreitet wurde. Er pflegte auch Kontakte zu salafistischen Hasspredigern. Die Essener Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr rechnet mit der „Entlassung aus dem Beamtenverhältnis“. Es käme dem ersten Berufsverbot für einen Salafisten in Deutschland gleich. In Düsseldorf und Berlin war gestern kein vergleichbarer Fall bekannt. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) mahnte Grundgesetztreue an. Es gehe darum, „ob der Polizeibeamte noch für unsere Verfassung einsteht“.
Dass Ali K. häufig betete, fiel auf - fand aber wenig Beachtung
Vor kurzem noch war Ali K. einer von denen, die Innenminister Ralf Jäger (SPD) händeringend suchte: Polizeianwärter mit Migrationshintergrund. Solche Beamten träfen besser den Ton bei Konflikten zwischen Nationalitäten, würden kulturelle Gräben leichter überwinden, hoffte der Minister. Heute will er den Polizeikommissar Ali K. loswerden. Statt Völkerverständigung soll der 31-Jährige ideologischen Sprengstoff im Kopf haben. Ein Salafist, dein Freund und Helfer?
Der Aufstieg eines Hoffnungsträgers, der über ein Studium an der Fachhochschule auf dem Weg in den gehobenen Polizeidienst war, er kommt ins Stocken. Schon früh soll sich angedeutet haben, dass es Probleme geben könnte mit dem Duisburger, der zuletzt in Essen Streife fuhr. Nach Informationen der WAZ Mediengruppe hatte er unter anderem versucht, bei Eliteeinheiten unterzukommen: dem Mobilen Einsatzkommando (MEK) und dem Spezialeinsatzkommando (SEK). In einer Grundfindungsphase fiel er auf – nicht positiv. Sonderlich beliebt sei er nicht gewesen, erinnert sich ein Kollege. Häufig sei er zu spät gekommen, habe sich in den Vordergrund gestellt, wenig Teamgeist vermittelt. „Seine Persönlichkeit passte einfach nicht in unser Anforderungsprofil.“ Dass Ali K. häufig betete, fiel damals auf, fand aber wenig Beachtung.
Polizei-Kommissar geriet ins Visier des Staatsschutzes
Mehr Aufsehen erregte Ali K. am 27. Januar. Da meldete er bei der Stadt Duisburg einen Infostand an. Das Thema: „Informationen über den Islam“. Acht Termine wurden angekündigt, jede Woche einer, vom 4. Februar bis zum 24. März. An dem Stand lag brisantes Material aus: Schriften und Videos radikaler Dawa-Salafisten zur Anwerbung von Konvertiten. Die Verfasser: verbale Einpeitscher der salafistischen Gruppen „Einladung zum Paradies“ (EZP) und „Die wahre Religion“ (DWR), außerdem internationale Autoritäten der Salafisten-Szene wie Bilal Philips, ein Hassprediger, der die Todesstrafe für Homosexuelle fordert.
Der Essener Kommissar geriet ins Visier seiner Kollegen. Staatsschützer befragten ihn. Ob er die Scharia, das islamische Recht, einführen wolle, und überhaupt: Wo er stehe. Als Beamter auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung, sagte Ali K., was er privat denke oder sich wünsche, sei allein seine Sache.
Seine Sache ist offenbar der Salafismus. In Hetzschriften des Salafistenführers Ibrahim Abu-Nagie, der den Dschihad und das Märtyrertum einschließlich der „Vernichtung Andersgläubiger“ befürwortet, sah er jedenfalls „keine bedenklichen Inhalte“. So steht es einem zehnseitigen Schreiben, mit dem die Essener Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr die vorläufige Dienstenthebung begründet. Das Dokument liegt der WAZ Mediengruppe vor.
Ali K. pflegte Kontakte zu Hasspredigern
Dem Schreiben zufolge steht Ali K. zu seinen Brüdern im Geiste. Gegenüber dem Staatsschutz habe er Telefonate mit Abu-Nagie, dem Initiator der Koran-Verteilungsaktionen, bestätigt. Auch zu dem Konvertiten Pierre Vogel habe er Kontakt. Und den islamistischen Ideologen Marcel Krass, den kenne er gut.
Der Essener Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr reicht das. Für sie steht fest: Ali K. passt in keine Polizeiuniform. Er wolle eine andere Gesellschaft – eine, in der „zuerst und vorrangig die Pflichten und Gebote des Korans gelten und andere Dinge diesen Regeln nachgeordnet seien“: einen islamistischen Gottesstaat eben, und keine Demokratie. Der 31-Jährige führe sich auf wie ein potenzieller Schläfer: vordergründig verfassungstreu, innerlich zum Kampf bereit gegen das System. Die Polizeipräsidentin geht davon aus, dass das Disziplinarverfahren mit der „Entlassung aus dem Beamtenverhältnis“ endet.
Ali K. hat bisher nicht auf seine Suspendierung reagiert. Laut Polizei ließ er einen Anhörungstermin verstreichen, „ohne Angabe von Gründen“. Ihm bliebe ein Antrag auf Aussetzung der Suspendierung. Er wäre beim Verwaltungsgericht Düsseldorf zu stellen.