Bonn. . Nach Ausschreitungen während einer Demonstration der rechtspopulistischen Partei “Pro NRW“ und Gegendemonstranten aus dem salafistischen Umfeld in Bonn ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen 25-Jährigen: Er wird verdächtigt, mit einem Messer auf drei Polizisten eingestochen zu haben. Zwei wurden schwer verletzt.
Nach den gewaltsamen Ausschreitungen während einer anti-islamischen Kundgebung der rechtspopulistischen Organisation „Pro NRW“ am Samstag in Bonn wird gegen einen 25-jährigen Tatverdächtigen wegen versuchter Tötung in drei Fällen ermittelt. Der gebürtige Türke aus Hessen hatte am Samstag mit einem Messer auf drei Polizisten eingestochen, nachdem die Gegendemonstration vor der König-Fahd-Akademie eskaliert war, sagte Oberstaatsanwalt Bernd König am Sonntag. Dabei wurden eine 30-jährige Polizeikommissarin und ein 35 Jahre alter Polizeikommissar schwer verletzt.
Zudem hatten 27 weitere Polizisten bei den Übergriffen unter anderem durch Steine und andere Wurfgeschosse leichte Verletzungen erlitten. 109 Personen wurden vorläufig festgenommen. Vor der König-Fahd-Akademie eskalierte die Situation, als Anhänger von Pro NRW islamkritische Karikaturen zeigten. Gegendemonstranten aus dem salafistischen Umfeld hätten Polizisten angegriffen und mit Steinen beworfen, hatte die Polizei am Abend mitgeteilt
„Pro NRW“ macht Wahlkampf vor Moscheen in NRW
Laut Polizei demonstrierte „Pro NRW“ ab kurz nach 15 Uhr mit etwa 30 Teilnehmern vor der König-Fahd-Akademie in Bonn. Demnach riefen die Veranstalter der Gegendemonstration, der Rat der Muslime, ihre Teilnehmer mehrfach zu Besonnenheit auf. Gegen 15.30 Uhr sei die zunächst friedliche Gegendemonstration jedoch in Gewalt umgeschlagen. Viele der Festgenommen verbrachten die Nacht im Polizeigewahrsam. Bereits im Vorfeld waren drei Gegendemonstranten abgeführt worden, weil sie Waffen bei sich hatten, darunter einen Teleskopschlagstock und eine Steinschleuder.
Kurz nach den Auseinandersetzungen, die offenbar von den radikalislamischen Salafisten initiiert wurden, beendete Pro NRW die Aktion. Einer Polizeisprecherin zufolge blieb die Situation jedoch gespannt, weil sich einige der muslimischen Gegendemonstranten weiterhin aggressiv gegenüber den Beamten verhielten. Einzelheiten über ihren Einsatz und die Ermittlungen will die Polizei am Sonntagmittag auf einer Pressekonferenz in Bonn mitteilen.
NRW-Innenminister Jäger: Mehrheit der Muslime grenzt sich von Salafisten ab
Im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf versammeln sich „Pro NRW“-Unterstützer bereits seit Tagen vor Moscheen zu Demonstrationen. In Solingen war es dabei am 1. Mai zu Gewalttätigkeiten gekommen: Als „Pro NRW“-Aktivisten Plakate mit Mohammed-Karikaturen zeigten, versuchten radikalislamische Salafisten, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen. Dabei schlugen Salafisten nach Polizeiangaben mit Stöcken auf Beamte ein und bewarfen sie mit Steinen. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hatte am Freitag mitgeteilt, Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen „Pro NRW“ erstattet zu haben.
Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat am Samstagabend in der "Aktuellen Stunde" im WDR die friedliche Haltung der überwiegenden Mehrheit der Muslime in NRW hervorgehoben. Diese grenzten sich bewusst von den Salafisten ab, sagte er. Pro NRW sei eine Splitterpartei, die die gewalttätigen Salafisten provozierten. Das habe sein Ministerium durch Auflagen für die Demonstrationen von Pro NRW verhindern wollen. Diese Auflagen hätten vor Gericht keinen Bestand gehabt. Die Polizei habe das zu respektieren. (afp/dapd)