Duisburg. Nachfrage im NRZ-Bürgerbarometer: Ein Teil von Duisburg-Bruckhausen verschwindet und macht Platz für einen Grüngürtel. Die Umfrage zeigt, dass 46 Prozent der Befragten den Abriss in Ordnung finden. Das Ergebnis erstaunt - vor allem wenn man schaut, aus welchen Stadtteilen die Befürworter kommen.

Der Abrissbagger gräbt sich durch Bruckhausen. Ein Teil des Stadtteils verschwindet zur Zeit und macht Platz für einen Grüngürtel.

200 Häuser weichen einem „Park vor der Haustür“. Der Grüngürtel soll als „Puffer“ dienen zwischen Wohnquartier und Industrie, namentlich Thyssen-Krupp-Stahl, um die Umweltbelastungen in Bruckhausen zu senken.

Pro

Die Argumente für solch einen Abriss waren bei der Bekanntmachung des Projekts schnell zur Hand. 36,2 Prozent Leerstand, schlechte Bausubstanz, hohe Feinstaubbelastung, viel Krach dank der Industrie direkt nebenan. Mit dem Grüngürtel soll das anders werden. An der breitesten Stelle will die Stadt 250 Meter zwischen die Wohnbebauung und die Industrieanlagen bringen, der Rest des Stadtteils soll aufgewertet werden. Denn schön ist Bruckhausen an vielen Stellen schon lange nicht mehr. Die Stadt erklärt, zuvor alles getan zu haben, um den krankenden Stadtteil wieder Leben einzuhauchen. Doch das sei selbst mit Fördermillionen nicht gelungen. Mit dem Grüngürtel will sie jetzt einen „geordneten Rückzug“ antreten.

Das Unternehmen hat ein großes Interesse an dem „Puffer“ und finanziert deshalb den Grüngürtel mit 35,9 Millionen Euro mit. Es ist eine Novum in Deutschland, dass ein Privatunternehmen solch ein Projekt mitfinanziert.

Ergebnis ist ist erstaunlich

Doch wie sehen die Duisburger den Abriss? Das NRZ-Bürgerbarometer, die repräsentative Umfrage der Universität Duisburg-Essen im Auftrag der Neuen Ruhr Zeitung, gibt Antworten. 46 Prozent der Befragten finden den Abriss in Ordnung, 30 Prozent finden das nicht. Zwölf Prozent ist das Thema schlicht und ergreifend egal. Weitere zwölf Prozent legten sich nicht fest bzw. machten keine Angaben.

Erstaunlich ist das Ergebnis, wenn man auf die Stadtgebiete schaut. Wer vermutet, dass die meisten Abrissgegner aus dem Duisburger Norden kommen, wo der Grüngürtel ja entstehen soll, wird eines Besseren belehrt.

Contra

Es gibt allerdings auch Gegner des Abrisses, deren Kritik zuletzt lauter wurde und die in Bruckhausen „ein Bild baulicher und sozialer Zerstörung“ sehen und eine zuvor „bewusst hingenommener Verwahrlosung“.

Das Personenbündnis „Rettet Bruckhausen“, mit prominenten Fürsprechern wie dem ehemaligen NRW-Städtebauminister Christoph Zöpel, Professor Roland Günter vom Werkbund, der sich erfolgreich für den Erhalt der Siedlung Eisenheim in Oberhausen eingesetzt hat, und Alt-OB Josef Krings, will ein Innehalten der Stadt, ein Abriss-Moratorium, eine Perspektive für Bruckhausen mit seiner „baukulturell wertvollen“ Substanz, eine Wiederbelebung des Gründerzeitviertels. Der Abriss sei „fantasielos“.

Die meisten Gegner des Abrisses sitzen im Duisburger Westen, während die meisten Befürworter in Mitte/Süd wohnen.

"Es gibt keine Alternative"

Der Norden liegt in der „goldenen Mitte“. Nur geringe Unterschiede gibt es bei der Aufteilung nach Geschlechtern. Männliche Befragte befürworten das Vorhaben etwas stärker als Frauen. Schaut man auf das Alter, fällt auf, dass vor allem 40- bis 49-Jährige den Abriss befürworten, während vor allem 20- bis 39-Jährige den Abriss ablehnen.

Das alles sind Werte, die Katrin Gems von der Geschichtswerkstatt DU-Nord, die sich für den Erhalt der Häuser in Bruckhausen einsetzt, erfreuen: „Ich finde, das ist ein interessantes Ergebnis.“ Seit Jahrzehnten werde über Bruckhausen nur negativ berichtet, seit Jahren werde gesagt, es gibt keine Alternative zum Grüngürtel und nun seien, nach nur wenigen Aktionen und Berichten schon 30 Prozent gegen den Abriss. Das sei doch ein erstaunlicher Wert. Katrin Gems ist optimistisch: „Wer weiß, wie die Umfragewerte in einem Jahr aussehen?“

Alle Umfrageergebnisse des Bürgerbarometers finden Sie auf unserer Serienseite