Duisburg. . Am Montag will der Stadtrat die Pläne für die „Duisburger Freiheit“ samt der Krieger-Möbelhäuser auf den Weg bringen. Vom 2009 vorgestellten Masterplan des Star-Architekten Sir Norman Foster bleibt nicht viel: Für ihn ist das Projekt ein „stadtplanerischer Alptraum“, ein „Möbelmarkt mit Autobahnanschluss“.
Ein „stadtplanerischen Alptraum“, so lautet die schlichte Antwort aus dem Londoner Architekturbüro „Foster und Partner“, auf die Frage: Was hält Sir Norman Foster von dem geplanten Möbelcenter-Projekt auf der „Duisburger Freiheit“? Gestellt hatte diese Frage die NRZ. Geantwortet hatte für das Haus „Foster und Partner“ der deutsche Architekt Reinhard Joecks.
Der Brite Sir Norman Foster ist mit seinem weltweit geachteten Londoner Architektur-Büro bestens vertraut mit dieser Stadt: Für den Innenhafen, für die Innenstadt und für das Gelände des alten Güterbahnhofes hatte der Brite jeweils einen „Masterplan“ entwickelt. Montagnachmittag soll das Gelände am Güterbahnhof, die „Duisburger Freiheit“ , vom Stadtrat die baurechtlichen Weihen erhalten: Hier sollen auf 30 Hektar Fläche ein Möbelmarkt, Bürohäuser und Grünanlagen entstehen.
Umfrage: 25 Prozent stehen Plänen positiv gegenüber
Und was sagen die Duisburger dazu? Im NRZ-Bürgerbarometer stehen von 520 befragten Bürgern dem Thema „Duisburger Freiheit“ 45 Prozent positiv gegenüber. 22 Prozent sind unentschieden. 25 Prozent der Duisburger indes lehnen dieses Bauvorhaben am alten Güterbahnhof eher ab.
Rückblende: Der Markenname „Duisburger Freiheit“ stammt aus einem städtebaulichen Plan, dessen Abschlussbericht das renommierte britische Architekturbüro Foster und Partner im Juni 2009 der einstigen Bahntochter „Aurelis“, übergeben hatte. Nur wenige Monate später, im Frühjahr 2010, hatte dann der Berliner Möbelhändler Kurt Krieger 30 der 37 Hektar großen Fläche von Aurelis gekauft. Und der hat eher Polster statt Foster im Sinn.
„Eine einmalige Chance“ auf lebendigen Stadtteil vertan
So sieht es auch Reinhard Joecks: „Wir sind entsetzt über den jetzt vorliegenden Bebauungsplan, der dem Rat vorgelegt wird und den wir erst nach der NRZ-Anfrage einmal genau betrachtet haben.“
Die Stadt tue sich damit keinen Gefallen, so Joecks, sie tue allenfalls „dem Möbelhändler einen Gefallen.“ Mit der Verabschiedung des Bebauungsplanes werde für die Menschen in Duisburg „eine einmalige Chance“ vertan, nachhaltig einen neuen, lebendigen Stadtteil für etwa 10.000 Menschen – „ähnlich wie das Dellviertel“ – zu errichten.
Doch die Fürsprecher in der Politik sagen: Möbelmillionär Krieger will doch ebenfalls anspruchsvolle Bürogebäude und Grünflächen entwickeln. Somit lägen doch seine Pläne ganz auf der Linie von Fosters Plan, man könne doch fast von „Foster light“ sprechen. Eine Sichtweise, die in London Zorn und Abwehr auslöst. Joecks: „Von unseren Plänen ist nun wirklich gar nichts übrig geblieben. Wer also heute hergeht und womöglich in der Öffentlichkeit diese Möbel-Pläne mit dem Namen von Foster und Partner in Verbindung bringt, der würde von uns hart angegangen werden.“
Der OB und Aurelis waren begeistert, aber nur acht Monate lang
Und Joecks skizziert der NRZ, was vor drei Jahren die Briten im Auftrag von Aurelis mit dem Gelände des alten Güterbahnhofes im Sinne hatten. Ein Plan, der noch im Sommer 2009 den ungeteilten Applaus des damaligen OB und des Grundstückseigners Aurelis fand. Doch die Begeisterung währte nur acht Monate.
Und das war Fosters Plan: Das Gelände, eingekesselt durch Autobahn und Bahngleise, so der Masterplaner, sei wie eine Insel - man könne sie nur unter Schwierigkeiten betreten. Das Grundstück werde heute noch nicht als zur Stadt zugehörig empfunden. Deswegen müsse man es „öffnen“, die Insellage aufbrechen. Die Idee von Foster: Der Tunnel und die Zugangs-Rampe an der Karl-Lehr-Straße – dort, wo vor zwei Jahren 21 Besucher der Loveparade starben – sollten komplett abgetragen werden, nach links und rechts sollte das Gelände sanft ansteigen, besetzt mit einigen Eckgebäuden. Der Tunnel Koloniestraße sollte übergrünt unter der Erde verschwinden. Die neue Stadt würde parkähnlich an den Südflügel des Hauptbahnhofes heranreichen. „Der Südflügel hätte groß aufgerissen werden müssen“, sagt Joecks, damit die Menschen bereits am Bahnhof das neue Stadtviertel dahinter erkennen können. Von dieser Erreichbarkeit, auch der visuellen, sei heute keine Rede mehr.
35% Grunfläche, Radwegenetz, städtisches Leben – gibt es nicht
Aber auch städtebauliche Kennwerte zum Klima, Schall, Qualität der Luft fänden sich in dem neuen Bebauungsplan nicht wieder. Joecks: „Ein Unding, ein Alptraum eben!“
Der Name „Duisburger Freiheit“ habe einst für ein „nachhaltiges städtebauliches Gesamtkonzept für ein Zukunfts-Stadtquartier“ gestanden, in dem nicht nur Gebäude errichtet werden sollten, sondern in dem auch die Natur mit einem ausgeklügeltem Wasser- und Grünkonzept wieder großflächig zum Zuge kommen sollte. 36% der Fläche sollten grün werden. Im Kerngebiet sollte eine gute Mischung aus Wohnen, Geschäfte und Büros entstehen – geplant für 10.000 Anwohner, durchaus eine „gute Stadtdichte“. Durchzogen von einem qualitativ hochwertigen Radwegenetz. Joecks: „Geplant waren drei Quartiere mit städtischem Leben, 24 Stunden lang, an sieben Tagen.“
Mit einer intelligenten Gebäudesymmetrie hätte man auf das Thema Lärm und Luftbelastung durch die Autobahn und Bahngleise reagieren können. Klug gesetzte bewaldete Hügel hätten für ein gutes Mikro-Klima und eine angemessene Durchlüftung gesorgt. Ein kleines, feines Hochhaus am Südzipfel des Geländes hätte die Besucher der Stadt mit einer Art „Landmarke“ begrüßen können.
„Uns tut diese Entwicklung in Duisburg sehr leid“
Jetzt würden die Gäste Duisburgs halt von einem Möbelcenter begrüßt. Was passiere eigentlich demnächst nachts auf dem Gelände, fragt Joecks. Und: Einen nachvollziehbaren Phasenplan für einen weiteren Ausbau des Geländes gebe es ja eigentlich auch nicht.
Joecks: „Uns tut diese Entwicklung in Duisburg sehr leid. Wir sind mit großem Engagement für die Stadt ans Werk gegangen. Natürlich hätte es gut und gerne 15 bis 18 Jahre gedauert, bis unser Plan hätte komplett umgesetzt werden können. Die sehr erfolgreiche Entwicklung des Duisburger Innenhafens hat aber genauso lange gedauert.“ Stadtentwicklung benötige einen langen Atem. Jetzt bekämen die Duisburger dort halt einen „Möbelmarkt mit Autobahnanschluss“ hin. „Mit Städtebau“, so der Foster-Mann, „hat das alles wirklich gar nichts zu tun.“
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