Duisburg. . Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zur Loveparade-Katastrophe in Duisburg dauern an. Doch selbst nach der Anklageerhebung wird ein möglicher Strafprozess eine sehr lange Vorlaufzeit benötigen.
Seit der Katastrophe der Loveparade stehen die Ermittler der Staatsanwaltschaft Duisburg im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Nach wie vor gibt es auf die Frage, wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden, keine konkrete Antwort. Aber so viel steht fest: Auch nach dem Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Untersuchung wird bis zum Beginn einer Hauptverhandlung viel Wasser den Rhein herunterfließen. Ein Prozess würde frühestens 2013 beginnen.
„Wir geben nach wie vor keine Prognose ab, wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden“, ist so ziemlich alles, was Rolf Haferkamp, Sprecher der Staatsanwaltschaft, zu diesem Thema gebetsmühlenartig wiederholt. Dass ein Gerichtsverfahren aber auch nach Erhebung der Anklage „viel Vorlauf“ brauchen wird, weiß der erfahrene Ankläger.
Das liegt schlicht am Umfang der Sache: 3370 Zeugen haben die Polizei und die mit den Ermittlungen betrauten vier Staatsanwälte inzwischen vernommen. Die Akten füllen viele Meter Regal: Knapp 300 Ordner dokumentieren die Ermittlungen und die zusammengetragenen Beweismittel. Die Staatsanwaltschaft wartet derzeit vor allem noch auf ein Gutachten des britischen Experten Keith Still, der bereits im Frühjahr 2011 damit beauftragt wurde, die „Ursache der Massenverdichtung“ am 24. Juli 2010 wissenschaftlich zu analysieren.
Mindestens ein Jahr Vorlaufzeit
Für den Fall, dass die Ermittlungen, wie auf den Gerichtsfluren erwartet wird, in diesem Sommer abgeschlossen werden, rechnet kein Jurist ernsthaft damit, dass das Verfahren noch in diesem Jahr beginnen könne. Erfahrene Strafrechtler gehen von mindestens einem Jahr Vorlaufzeit aus. Denn die Anklage muss im sogenannten Zwischenverfahren erst von den Richtern zugelassen werden: Das heißt, es muss geprüft werden, ob die Vorwürfe „hinreichend begründet“ sind, wie es im Juristendeutsch heißt. Dazu müssen die Berge von Akten von den zuständigen Richtern erst einmal gesichtet werden.
Theoretisch könnte ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung auch vor dem Amtsgericht eröffnet werden. Die Strafgewalt des Einzelrichters, der bis zwei und in Ausnahmefällen auch bis vier Jahre ausurteilen kann, reicht bei fahrlässig verursachten Todesfällen normalerweise aus. Wegen der besonderen Bedeutung des Verfahrens geht man beim Landgericht allerdings davon aus, dass der Prozess bei einer großen Strafkammer eröffnet wird.
Für Bernhard Kuchler, Sprecher des Landgerichts, sind die möglichen Probleme, die damit auf das Landgericht am König-Heinrich-Platz zukommen, allerdings derzeit noch „Kaffeesatzleserei“. Bislang gebe es ja schließlich noch keine Anklage, so Kuchler. Und es bleibe abzuwarten, ob und gegen wie viele der derzeit 17 Beschuldigten am Ende tatsächlich ein Hauptverfahren eingeleitet werde.
Die Räumlichkeiten würden nicht ausreichen
Sollte allerdings tatsächlich gegen alle 17 Personen - die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen elf städtische Bedienstete, fünf Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent und einen leitenden Polizisten - Anklage erhoben werden, wird die Justiz gleich mehrere Probleme bekommen. Denn ein Fall, bei dem 17 Angeklagte von mindestens ebenso vielen, vermutlich aber deutlich mehr Rechtsanwälten verteidigt werden, wäre nicht eben gerade einfach zu terminieren. Einen Sack Flöhe zu hüten, dürfte tatsächlich einfacher sein.
Und auch geeignete Räumlichkeiten fehlen. Angesichts der möglichen Vielzahl Beteiligter und des zu erwartenden medialen und öffentlichen Interesses, scheint der größte Saal des Landgerichts, der Schwurgerichtssaal, kaum ausreichend. Möglicherweise wäre das Gericht gezwungen, das Verfahren in größere Räumlichkeiten, beispielsweise beim Oberlandesgericht Düsseldorf, zu verlagern.